Sirenia - Riddles, Ruins & Revelations

sirenia riddlesruinsrevelationsMorten Veland hat in seiner Karriere so einiges ausprobiert, mit unterschiedlichem Ergebnis. Die ersten beiden Scheiben seiner Soloband schipperten noch im Fahrwasser des Gothic Metal der neunziger und beschertem dem Genre späte Klassiker. Doch in der Folge wurde man immer poppiger und verlor den Biss, bevor man sich noch stärker den symphonischen Klängen zuwandte. Dabei überfrachteten SIRENIA ihre Arrangements aber immer mehr, so dass die Band auch durch die zahlreichen Line-Up-Wechsel immer mehr an Kontur verlor. Mit der neuen Sängerin Emmanuelle Zoldan und "Arcane Astral Aeons" schuf man endlich wieder nachvollziehbarere Kompositionen und die Gitarre stand wieder mehr im Mittelpunkt des Geschehens. Zudem gelang mit "Love Like Cyanide" sogar ein kleiner Hit. Mehr als zwei Jahre und ein weiteres Wortspiel später steht "Riddles, Ruins & Revelations" in den Läden.

Das Eingangsriff von "Addiction No. 1" legt dem Hörer nahe, dass man an die letzte Scheibe anknüpfen könnte, es nimmt einen auf den Schwingen von Synthesizerflächen mit. Wenn man jedoch das Intro davon genauer gehört hat weiß der Fan, was kommt, denn erneut hat sich Kopf Veland neuen Ideen zugewandt. Denn eben jene Synthies machen sich plötzlich auf den Weg, ein paar Beats auszuspucken, besser gesagt recht viele Beats. Die verbinden sich durchaus geschickt mit den Gitarrensalven und fördern eine Rhythmik hervor, die an die Eurodance-Mitbegründer 2 UNLIMITED erinnert.

Nun ist das heute so gar keine Seltenheit mehr, weswegen man sich fragen muss, warum die Formation ebenfalls auf den Zug aufspringen musste, Bands wie AMARANTHE oder BEAST IN BLACK fahren schon länger diese Schiene. Genrebarrieren sollten heute der Vergangenheit angehören, doch gerade von tanzbarer Musik herrscht zum Rock hin schon noch eine ideologische Abgrenzung. Interessant ist es allemal was die Norweger leisten, die Harmonien zwischen elektronischen Elementen und klassischen Rockinstrumenten in "Beneath The Midnight Sun" lässt daran denken, wie ihre Landsleute von THEATRE OF TRAGEDY schon früh versuchten beiden Welten zu vereinen.

Das größere Problem für SIRENIA ist vielmehr, dass sie alle sonstigen Stilmittel beibehalten haben, und so am Ende wieder Gefahr laufen sich zu verzetteln. Zum Glück sind aber die sechs Saiten öfter als zusammenhaltendes Korrektiv zur Stelle und liefern darüber hinaus eine Reihe traditioneller Soli. Damit bereichert man das eigene Gebräu eher zusätzlich, als das man es überfrachtet.
Wie die bereits erwähnten Bands suchen auch Veland und Co. ihr Heil melodietechnisch gerne mal in den Achtzigern. Das hätte gar nicht das abschließende Cover des DESIRELESS-Überhits "Voyage, Voyage" gebraucht, um das zu untermauern, auch sonst klingen vor allem die Refrains sehr eingängig. Bei der Bearbeitung eines der größten Erfolge der Heimat ihrer Frontfrau erhöhen die Riffs den stoischen Drive, während fast technoartige Synths den Weg in diese Richtung nachzeichnen.

Dass sie die Hits auch aus der eigenen Feder schaffen zeigen die Norweger in "Downwards Spiral", welches von kernigen Riffs eröffnet wird, bevor das Tempo in ruhige verhallte Stimmungen gedrosselt wird. Zum Chorus hin zieht die Dynamik immer mehr an und mündet in ein tolles Duett zischen Zoldan und der Klarstimme des Bandleaders. Der setzt ebenso wieder seine Grunts immer wieder ein, wie etwa bei "Towards An Early Grave" wo Leadgitarrist Nils Coubaron seine Staccato mit coolen Leads kontert. Obendrein bringen die beiden sehr tiefe, fast breakdownartige Riffs an den Start, was sie in mehrern Titeln auffahren.

Die symphonische Kernkompetenz der Vergangenheit leben SIRENIA im orientalisch angehauchten "We Come To Ruins" aus, bei dem Bombast auf moderne Strukturen trifft und ein ruhiges Synthesizersolo die Nummer abrundet. Richtig ruhig geht es in "Passing Seasons" zu, wo flächige Sounds den Gesang tragen, bevor sich der Song orchestral aufbaut. Die Steigerung erfolgt durch programmierte Rhythmusspuren, die man so eher in der elektronischen Musik wiederfindet.
Am elektronischsten fällt das flirrrende "Into Infinity" aus, dessen Strophe komplett von zuckende Beats untermalt ist. Dass man aber die vielen Zutaten variiert und oft in unterschiedlichen Stücken einbaut, verleiht den Kompositionen von "Riddles, Ruins & Revelations" mehr Zusammenhalt und Identifikation. Wie erwähnt ist der Ansatz nicht neu, die Truppe weiß ihn aber geschickt in ihre eigene musikalische Welt zu transferieren. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 52:46 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 12.02.2021

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