Turilli/Lione Rhapsody - Zero Gravity (Rebirth And Evolution)

rhapsody zerogravityNun kommt also der große Gegenschlag, mit dem das andere Lager ihre Version des dramaturgischen Hollywood Metal "Made In Italy" präsentieren möchte. An Chaos mangelt es in der Beziehung der Musiker wahrlich nicht, die beiden Protagonisten waren einst in unterschiedlichen Ausgaben von RHAPSODY tätig, nun machen sie wieder gemeinsame Sache. Sänger Fabio Lione und Gitarrist Luca Turilli wollten eigentlich nur eine letzte Tour zum zwanzigsten Jubiläum spielen, doch dann kam der Wunsch weiter zu machen und man scharrte alte Weggefährten um sich, um nun auch wieder ein Album aufzunehmen. Im Gegensatz zu dem im Frühjahr erschienenen Werk von RHAPSODY OF FIRE wollen TURILLI/LIONE RHAPSODY neue Wege beschreiten. Schon das Cover von "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" hebt sich von der eigenen Geschichte ab, was kann das Material darauf?

Zuerst mal mit dem Orchester aufwarten, welches in hohen Tönen jubiliert, wie man es schon immer von der Formation gewohnt war. Dass es mit anderen Instrumenten harmonieren muss ist ebenfalls nichts Neues, die elektronischen Anklänge, die sich darunter mischen allerdings schon. Wie eher im melodischen Rocksektor üblich wird erst einmal das Tempo von "Phoenix Rising" heraus genommen, um dann zum Refrain hin wieder anzuziehen. Dabei wirken die Riffs von Turilli ungewohnt phrasiert, während sich die Opernchöre immer mehr reinschieben. Wuchtige Drumarrangements sind zwar ebenso typisch für diese Art von Mucke, doch hier kommen sie anders, nehmen eher mit nach unten, denn die Scheibe fällt recht düster aus.

Das jubilierende Element früherer Tage ist fast voll ständig verschwunden, wenn überhaupt kommt es in der zweiten Hälfte etwas zum Vorschein, da denkt man aber eher an STRATOVARIUS als die eigene Historie. Was ich schon bei NIGHTWISH öfter bemängelt habe, wirkt sich hier noch gravierender aus, die allzu schweren und knurrigen Töne korrespondieren einfach nicht so gut mit orchestralen Klängen wie eher traditionelles Riffing. Am besten kann man das in "Decoding The Multiverse" nachhören, wo Turilli die Saiten ordentlich tiefer legt. Zwar lässt er ein paar Läufe vom Stapel wie in "D.N.A. (Demon And Angel)", doch sie versprühen nicht den alten Glanz, da sie im Kontext etwas hinten anstehen.

Klar muss man jedem Künstler eine gewisse Weiterentwicklung zugestehen und im Prinzip wären Turilli und Lione schlecht beraten, wenn sie sich zu nahe an Staropolis Version orientieren würden. Insofern war der Weg interessant, der auch in seiner Grundstimmung bei "Poetry For The Poisened" von KAMELOT vorbei führt. Doch ähnlich wie auf jener Scheibe ihrer Kollegen bleiben am Ende kaum Melodien hängen, an die der Hörer sich nachhaltig erinnern wird, da hilft auch der Gastbeitrag von Elize Ryd im Titelstück wenig.
Als Problem sehe ich durchaus den Gesang von Fabio Lione an, auch wenn ihn sein Gitarrist in höchsten Tönen lobt. Dieses seltsame Flüstern klingt wie eine Mischung aus den Spoken Word-Passagen von Christopher Lee und seiner eher ruhigen Tonlage. Zu den Kompositionen passt es ganz gut, aber vielleicht liegt auch genau hier das Problem der geringen Zugänglichkeit begraben. Natürlich soll hier der cineastische Ansatz unterstrichen werden, doch das geht eindeutig zu Lasten der Songdienlichkeit, die großen Melodien oder gar Hits sucht man vergebens.

Allerdings müsste dazu auch die Dynamik mitspielen, doch die wird von einer zu komprimierten Produktion und überfrachteten Arrangements unterdrückt. Schade, wie sich die Gitarrenattacken in "Fast Radio Burst" steigern ist schon klasse, leider geht die Atmosphäre in der Klangfülle verloren. Da ist einfach zu viel, hier mal orientalisches Flair, da wieder eine an QUEEN gemahnte Passage, dann weibliche Chöre, Kanongesänge, sakrale Stimmung oder Streicherkitsch. Am besten alles auf einmal, da hat der Hörer gar keine Chance das zu entwirren.
Dabei hat man die besten Momente, wenn man etwas Luft an die Einspielung kommen lässt wie im rein orchestralen "Origins" oder dem vom Piano getragenen "Amata Immortale". Da kann das Piano mal im Alleingang Akzente setzen, auch Turillis Soli empfindet man als Wohltat, da verzeiht man sogar das typische Gitarristenego. Doch weder von der Herangehensweise noch von der Umsetzung kann "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" mit dem mithalten, was die Konkurrenz vorlegte, eigentlich ist es eines der schwächsten Werke aus irgendeinem der Lager. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer5,0 5 / 10


Anzahl der Songs:  10
Spielzeit: 54:10 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 05.07.2019

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