Night Of The Prog Festival III (18.07. - 20.07.2008, Loreley) - Night Of The Prog Festival III - Sonntag 20.07.

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Sonntag 20.07.2008:

Auf den dritten Festivaltag hatte ich mich ganz besonders gefreut, zum einen weil mein persönlicher Held NEAL MORSE, den ich wie kaum einen anderen Musiker verehre, auf dem Plan stand, und zum anderen weil als Abschluss ROGER HODGSON angekündigt war, die Stimme von SUPERTRAMP; eine von vielen Bands, die ich altersbedingt nie live erleben konnte. Allerdings hatte der Sonntag nicht nur seine guten Seiten, denn die Absage der deutschen Vorzeigeproggies SIEGES EVEN traf viele Zuschauer unvorbereitet, und natürlich auch den Veranstalter, der in der kurzen Zeit keinen Ersatz mehr organisieren konnte. So wurden einfach die Spielzeiten der ersten Bands verlängert, was auch nicht verkehrt war, denn auch der dritte Tag stand unter dem Motto „Qualität statt Quantität“.

KNIGHT AREA:
Die Ehre, den dritten und letzten Festivaltag eröffnen zu dürfen, lag in den Händen und Füßen der Niederländischen Symphonic Prog Rock Band KNIGHT AREA, die in unseren Landen trotz der beiden Alben „The Sun Also Rises“ und „Under A New Sign“ noch nahezu unbekannt ist. Doch ähnlich wie MAGENTA am Vortag, konnten auch KNIGHT AREA unter Beweis stellen, dass unbekannt keineswegs schlecht bedeutet, denn die gut nachvollziehbaren Kompositionen wussten durchaus zu gefallen und motiviert schienen die Musiker ohnehin zu sein; filmte man doch augenscheinlich den Gig mit. Hingucker der Band war ganz klar der Frontmann Mark Smit mit seinem roten Umhängekeyboard und wegen seines weißen Anzugs hätte er auch gut zu IT BITES gepasst. Den Schwerpunkt im Laufe der guten Stunde legten KNIGHT AREA auf's aktuelle Studioalbum „Under A New Sign“, dessen Kompositionen sowohl durch schöne Melodien und Harmonien als auch durch eine vorhandene Portion an Härte aufwarteten. Besonders beeindruckt war ich vom Gitarristen der Band, der ein Fan von John Petrucci (DREAM THEATER) zu sein scheint; nicht das schlechteste Vorbild. Mit einem schönen, ruhigen Instrumental als Ausklang verabschiedeten sich die Niederländer und ich bin sicher, dass sich KNIGHT AREA an diesem frühen Mittag einige neue Fans erspielt haben.

GAZPACHO:     
Gegen 14 Uhr war's Zeit für GAZPACHO, die nicht etwa aus Spanien stammen, wie man vermuten mag, sondern aus Norwegen. Norwegen, mag man sich an der Stelle fragen, ist dieses Land doch nicht gerade bekannt für eine Vielzahl guter Prog Bands, doch als rühmende Ausnahme haben wir jene GAZPACHO, die nicht umsonst nach dem formidablen letzten Album „Night“ zu den größten Hoffnungen der Szene zählen. Dieser Gig auf der Loreley war der allererste der Band in Deutschland, so dass man gespannt sein durfte, was uns erwartet. Eine Vielzahl an verschiedenen Songs erwartete uns jedenfalls nicht, denn GAZPACHO brachten es im Laufe ihres verlängerten Sets gerade mal auf 4 Stück, wenn ich richtig gezählt habe, darunter das neue halbstündige „Tick Tock“, das auf dem kommenden Album zu finden sein wird. Im Mittelpunkt von GAZPACHO stand Sänger, Jan Ohme, der seinen klagenden Gesang durch viele Gesten unterstrich, auf der anderen Seite aber auch sehr in sich gekehrt wirkte. Diese Theatralik passte ziemlich gut zur atmosphärischen Musik, die irgendetwas an sich hat, das einen für eine Weile aus der realen Welt entfliehen lässt. Als geforderte Zugabe setzte schlie0lich „Bravo“ den Schlusspunkt unter einen Auftritt, den viele der Anwesenden so schnell nicht mehr vergessen werden. Diese Band ist noch zu ganz Großem fähig! Für mich persönlich waren GAZPACHO neben MAGENTA die Entdeckung des Festivals, der komplette Backkatalog wurde bereits bestellt.

QUIDAM:
Die Polen QUIDAM hatten anschließend das Pech, dass sie nach dieser genialen Performance von GAZPACHO auf die Bühne mussten, so dass sie nur verlieren konnten. Erschwerend kam hinzu, dass die Band selbst in Insiderkreisen recht unbekannt ist, obwohl man bereits seit Mitte der Neunziger aktiv ist, und damit deutlich länger als die weitaus bekannteren Landsleute von RIVERSIDE. Wie auch immer, schlecht präsentierten sich die sechs Musiker nicht, und mit der Flöte, den krachenden Gitarren und den bluesigen Einflüssen konnten QUIDAM durchaus Akzente setzen. Dazu hat die Band einen Sänger in ihren Reihen der für progressive Verhältnisse auf der Bühne richtig was her macht, und der mich von seiner Bühnenperformance und seiner Optik etwas an Tom S. Englund von EVERGREY erinnerte. Wie gesagt die Songs, die überwiegend von „Alone Together“ stammten, und die Performance waren durchweg in Ordnung, trotzdem war der Auftritt von QUIDAM nur die Ruhe vor dem Sturm, der noch kommen sollte.
    
NEAL MORSE:
Um kurz nach fünf war er dann endlich gekommen, der Moment, auf den ich mich mit am Meisten gefreut hatte. Der Ex-SPOCK'S BEARD Sänger NEAL MORSE betrat samt seiner Band die große Bühne, um eine seiner ganz wenigen Festivalshows zu spielen. Dementsprechend freuten sich auch sehr viele Anwesende im Publikum auf den Gig, denn einen NEAL MORSE kriegt man seit seiner Wandlung zum Christen nur sehr selten außerhalb einer Kirche zu sehen und zu hören. Der Teppich für etwas Besonderes war also bereitet, und dann passierte das, was nicht passieren sollte. Gleich beim ersten (neuen) Song „Lifeline“ machte die Technik, genauer gesagt das Keyboard, schlapp und die Band musste mitten im Song wieder abbrechen. In so einem Fall ist guter Rat teuer, nicht aber für NEAL MORSE, der nach ein paar Späßen zur Überbrückung einfach die Akustische umschnallte und „We All Need Some Light“ anstimmte; wer braucht schon ein Keyboard. Im Gegensatz zu seinem Kollegen Roine Stolt am Vortag, ließ sich MORSE von solchen Problemen nicht die Laune verderben, und siehe da, im zweiten Anlauf klappte auch „Lifeline“. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt hatte MORSE, gerade auch wegen seiner ungemein symphatischen Art, bei den Zuschauern ein Stein im Brett, und so wurde der dann folgenden Auftritt zu einem Triumphzug; ohne zu übertreiben. Der Schwerpunkt des gespielten Materials lag zu Beginn erst mal auf dem aktuellen „Sola Scriptura“ Album, von dem die Band das lange „The Door“ spielte, aber im Verlauf der 105 Minuten kamen auch eine SPOCK'S BEARD Nummer („Wind At My Back“) sowie mit „Stranger In Your Soul“ (einfach nur großartig!) eine weitere TRANSATLANTIC Nummer zum Zuge. Eigentlich hätte nach „Wind At My Back“ schon Schluss sein sollen, doch RAY WILSON's Verspätung sei Dank, durfte NEAL MORSE zusammen mit seiner jungen Band noch ein wenig länger auf der Bühne verweilen und die Zuschauer mit schöner Musik beglücken. Die herzzereißende Ballade „Cradle To The Grave“ sang MORSE zusammen mit seinem Sohn, und in Form des U2 Klassikers „Pride“ kam zu guter Letzt auch noch eine Coverversion zum Zuge. Viel mitreißender und charismatischer kann man einen Festivalgig nicht bestreiten und zum Glück sahen das fast alle Besucher so, wie man am tosenden Applaus während und am Ende der Vorstellung sehen konnte.  
 
RAY WILSON & STILTSKIN:
Erinnert sich noch jemand an diesen Jeanswerbespot aus den Neunzigern mit diesem tollen Rocksong? Ich rede von „Inside“. Dieser Song brachte damals eine junge Band namens STILTSKIN ruckzuck von Null auf Hundert; und ein Jahr später wieder zurück auf Null. Lediglich der Sänger der Band RAY WILSON konnte den Ruhm noch einige Jährchen weiter genießen, nämlich als Frontmann von GENESIS, mit denen er 1997 das Album „Calling All Stations“ einspielte. Lange ist das her, inzwischen ist der Ruhm endgültig verblasst, auch wenn gerade RAY WILSON als Solokünstler ein gern gesehener Gast auf deutschen Bühnen ist. Auf der Loreley trat Wilson zusammen mit seiner ehemaligen (?) Band STILTSKIN an, um eine Mischung aus alten STILTSKIN Songs, GENESIS Nummern und einigen Solotracks zu performen. Aufgrund einiger Probleme bei der Anreise und beim Umbau, blieben allerdings gerade mal 45 Minuten Zeit dafür, viel zu wenig, um alles unterzubringen, was man sich vorgenommen hatte. Und diese widrigen Voraussetzungen schlugen sich auch auf den gesamten Auftritt nieder, der nicht wirklich berauschend war. Klar, die Songs waren allesamt ziemlich gut, aber es fehlte einfach die Leidenschaft, wie sie z.B. PAIN OF SALVATION oder NEAL MORSE an den Tag legten, die zu 100% von dem, was sie taten, überzeugt waren. Einen wirklich kommunikativen und zufriedenen Eindruck machte die Band auch nicht, jeder schien sein eigenes Süppchen zu kochen. Als Hintergrundmusik beim Essen fassen waren RAY WILSON & STILTSKIN ganz nett, der Funke wollte aber zu keiner Zeit auf's Publikum überspringen, das sich jetzt vor allem bereits auf ROGER HODGSON freute. Da konnte selbst eingangs erwähntes „Inside“ oder der GENESIS Evergreen „Follow You Follow Me“ nichts mehr dran ändern.

ROGER HODGSON:
Nach dieser netten, aber unspektakulären Verschnaufspause durch RAY WILSON und Band, war es anschließend Zeit für den großen Headliner des abschließenden Tages, und das merkte man bereits daran, dass erst einmal die Bühne neu hergerichtet wurde. Eine ganze Menge an Pflanzen und Blumen wurde auf die Bühne geschleppt, das Ambiente muss schließlich stimmen. Böse Zungen werden jetzt behaupten, was hätte man auch sonst auf die Bühne tragen sollen, bei gerade mal zwei Musikern. Wie dem auch sei, um kurz nach 21 Uhr kam ROGER HODGSON dann endlich auf die prachtvoll geschmückte Bühne, und legte gleich mal mit ein paar Späßen los. Damit, und mit dem schönen Eröffnungssong „Take The Long Way Home“ hatte er die gesamte Loreley gleich auf seiner Seite, und das sollte sich auch im Verlaufe der folgenden 90 Minuten nicht mehr ändern. Denn der 58-jährige ROGER HODGSON präsentierte sich nicht nur gesanglich in Topform, andere in seinem Alter träumen davon so die hohen Töne zu treffen, sondern eben auch als Entertainer. Man merkte es ihm richtig an, dass er Spaß daran hatte, den Leuten seine Songs zu präsentieren. Die Setlist des Abends orientierte sich ganz stark an seiner aktuellen DVD „Take The Long Way Home“, so dass ich darauf verzichte, jetzt Songs aufzuzählen. Es kann sich eh jeder denken, was ein ROGER HODGSON an so einem Abend spielt, denn das Schöne an so einer Show ist, dass fast jeder die Sachen aus dem Radio kennt, selbst wenn man kein eingefleischter Fan von SUPERTRAMP ist. Selbstverständlich waren fast alle Blicke der Zuschauer auf den Meister selber gerichtet, und gerade deshalb soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass eine ROGER HODGSON Show ohne seinen Begleitmusiker Aaron McDonald, der wahlweise Flöte, Saxophon, Klarinette oder Harmonica spielte bzw. für angenehme Backing Vocals sorgte, nicht funktionieren würde. Beide zusammen sind ein großartiges Duo, das man sich gerne wieder anschaut. Und noch zwei weitere Dinge fallen einem im Laufe des Abends wie Schuppen von den Augen. Erstens funktionieren die Songs auch ohne sonstige instrumentale Begleitung prima, ganz einfach weil sie über erausragende Melodien verfügen, und zweitens wird einem dadurch noch viel mehr bewusst, wie wichtig dieser ROGER HODGSON für SUPERTRAMP war. Lange Rede, kurzer Sinn! ROGER HODGSON war ein absolut würdiger Headliner, und so setzte zum zweiten Mal „Give A Little Bit“ den perfekten Schlusspunkt unter ein tolles Festival.

FAZIT:
Damit war das diesjährige Night Of The Prog Festival nach drei Tagen mit vielen tollen Bands zu Ende, und man kann den Veranstaltern von WiV-Entertainment, namentlich Winfried Völklein, eigentlich nur danken für ein in musikalischer wie organisatorischer Hinsicht nahezu perfektes Festival. Größere Kritikpunkte fallen einem selbst Wochen danach keine ein, und kleinere müsste man jetzt wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Von daher steht einer erfolgreichen 4. Auflage im Jahre 2009 doch eigentlich nichts mehr im Wege!

 

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