Night Of The Prog Festival III (18.07. - 20.07.2008, Loreley) - Night Of The Prog Festival III - Freitag 18.07.

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Freitag 18.07.2008:


Der Freitag stand übergreifend unter dem Motto der elektronischen Musik. Trotzdem lohnte sich auch ein Bescuch für diejenigen, die mit elektronischen Sounds weniger anfangen können, denn mit HIPGNOSIS und ISILDURS BANE gab es auch zwei Bands zu sehen, die man problemlos auch als Art Rock einordnen kann. Und mit TANGERINE DREAM einen Headliner, den man nicht alle Tage zu sehen bekommt, aber alles der Reihe nach.

SOLAR MOON:
Die Ehre, die diesjährige Ausgabe des Night Of The Prog Festivals Punkt 16:15 eröffnen zu dürfen, oblag dem Kölner “Down-Beat”-Trio SOLAR MOON. Und was auch immer „Down-Beat“ sein mag, es klingt einfach nur grauenvoll, zumindest in meinen Ohren. Dabei sollen SOLAR MOON angeblich zur Spitze der deutschen Elektronik- und Ambientszene gehören. Einer an den Keyboards, einer am Effektgerät, einer an der Geige und im Hintergrund „Miss Simone“ aus Berlin, die das Trio ab und an „gesanglich“ auf der Bühne unterstützte oder durch „drogenbedingte“ Ausdruckstänze die Augen der bereits Anwesenden auf sich zog. Wenigstens die Dame und der Geiger sorgten für etwas Livefeeling, beim Rest hatte ich ständig das Gefühl, da kommt alles aus der Konserve. Besonders grausam waren die komplett gesampelten Drums, die jede Atmosphäre zu Nichte machten. Imstrumentalmusik ohne Instrumente sozusagen! Negatives Highlight war eine fürchterliche Coverversion des BEATLES Klassikers „Come Together“. So etwas gehört verboten!
Sicherlich ist diese Mischung aus elektronischen Klängen und einer Prise Ambient alles andere als mein Steckenpferd und viel unkompatibler kann Musik für ein Metal-Webzine fast gar nicht mehr sein. Gegen Ende der langen Stunde setzte dann der erste kleinere Schauer des Tages ein, Applaus wäre der „Band“ sicher lieber gewesen, doch die Euphorie der bis dato Anwesenden hielt sich über die gesamte Spielzeit stark in Grenzen, was unterstreicht, dass ich mit meiner Sicht der Dinge nicht alleine war. SOLAR MOON wirkten irgendwie wie zur falschen Zeit am falschen Ort, und waren für das eher Rock ge- und verwöhnte Publikum dann doch zu ausgefallen.

HIPGNOSIS:
Nach diesem miserablen Beginn, konnte es bei den Polen von HIPGNOSIS nur besser werden und es wurde besser, viel besser sogar. Und dass tatsächlich HIPGNOSIS auf der Bühne standen, war unschwer daran zu erkennen, dass alle Bandmitglieder in Bandshirts die Bühne betraten. Lediglich Sängerin KuL (was für ein Pseudonym) zog ein schwarzes Kleidchen vor, sah auch besser so aus.
Ähnlich wie ihre Landsleute von RIVERSIDE bewegen sich auch HIPGNOSIS im Progressive Rock, allerdings fügen sie ihrem Sound eine gehörige Portion Ambient bei, was sich vor allem in den elektronischen Spielereien niederschlägt, was den Sound der Polen absolut einzigartig macht und mich an einigen Stellen an die alten PORCUPINE TREE erinnerte.
Zwar sind auch HIPGNOSIS live nicht gerade einfache Kost, dazu sind die Songs viel zu instrumentallastig, eine gewisse Magie kann ich dem Quintett aber nicht absprechen. Dafür sorgten vor allem die wabernden Keyboardschwaden des Tastenmannes, die gerne auch mal längeren, von PINK FLOYD inspirierten Soli des Gitarristen und die einzigartige, einfühlsame, wenn auch gewöhnungsbedürftige Stimme, von Sängerin KuL, die leider viel zu selten zum Zuge kam. Die Kommunikation mit dem Publikum beschränkte man auf ein Minimum, man ließ lieber die Musik sprechen. Und der Applaus am Ende unterstrich, dass die Band mit ihrer Musik nicht so viel verkehrt gemacht hat und so muss man der ersten Auftritt des polnischen Quintetts in Deutschland als vollen Erfolg werten.

ISILDURS BANE:
Dass Schweden über eine ganze Reihe an guten Prog Bands verfügt, ist kein Geheimnis. Ein Geheimnis hingegen sind nach wie vor ISILDURS BANE aus eben Schweden, eine der außergewöhnlichsten Progressive Bands des Planeten, die das Wort „progressive“ wirklich wörtlich nehmen und mit ihrer Musik eine Kunst erschaffen, die es kein zweites Mal auch nur annähernd gibt. Dafür sorgt bereits die Besetzung, die neben den Standards wie Gitarre, Bass und Drums auch noch diverse Arten von Percussions inkl. einem Xylophon und ein Cello beinhaltet. Gerade die Kombination dieser beiden Instrumente macht den Sound von ISILDURS BANE so einzigartig. 
Bereits nach dem fast 20-minütigen, rein instrumentalen, Opener ist man als Zuhörer und Zuschauer geplättet. Was ISILDURS BANE auf der Bühne abziehen, ist der Wahnsinn in seinem positivsten Sinne. Dazu passt, dass mehrmals der Schlagzeuger nach vorne tritt, um einen Teil der Ansagen zu übernehmen, sehr strange.
Neben längeren Instrumentalabfahrten stellten ISILDURS BANE mit „Eyes“ und „Rage“ auch 2 Songs aus dem aktuellen Album „Mind Vol. 4“ vor, die so etwas wie Songs im eigentlichen Sinne waren und bei denen auch die Dame am Cello ihre schöne Stimme wirksam einsetzen konnte.
Insgesamt leider viel zu selten, wie ich finde. Aber ganz egal, was ISILDURS BANE zelebrierten, den Spaß und die Freude, ihre Musik vor solch einer stattlichen Kulisse zelebrieren zu können, waren der Band wahrlich ins Gesicht geschrieben.
Und so wie das Sextett in ihr Set gestartet ist, so endet auch die Show, nämlich mit einer 20 Minuten langen Instrumentalnummer. Na ja, nicht ganz, denn der verdiente tosende Applaus, ermöglichte den Schweden auch noch eine Zugabe, obwohl die eigentliche Spielzeit bereits abgelaufen war. Dieses 90 minütige Liveerlebnis werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen, so etwas beeindruckendes sieht man wirklich nicht alle Tage.     

TANGERINE DREAM:
Dann war es so weit, um kurz vor neun sollte der Headliner des ersten Tages TANGERINE DREAM die Bühne betreten, die mit Abstand erfolgreichste und wichtigste Band der deutschen elektronischen Musik. Elektronische Musik? Als gestandener Metaller wird man nun denken, um Gottes Willen. Und ich gebe ehrlich zu, ich war sehr skeptisch bezüglich des TANGERINE DREAM Auftritts, gerade auch, weil SOLAR MOON mir zu Beginn so dermaßen auf die Nerven gingen. Doch TANGERINE DREAM sind ein Paradebeispiel dafür, dass elektronische Musik auch „live“ gespielt werden kann, was die ganze Show auf eine gewisse Art und Weise zu einer absolut fesselnden Angelegenheit macht; wenn auch eine alles andere als leicht verdauliche. Waren ISILDURS BANE zuvor schon anstrengend, so trieben es TANGERINE DREAM diesbezüglich auf die Spitze. Das war die erste und vermutlich auch einzigste Show, die komplett ohne Gesang und ohne Ansagen auskam, die ich bis jetzt erlebt habe bzw. noch erleben werde. Ein „Happy Birthday, This One Is For You“ vor der Zugabe war das einzig Gesprochene bei über 2 Stunden TANGERINE DREAM.
Ein Faible für instrumentale Songs, ich sage besser Sounds oder Soundcollagen muss man also schon mitbringen.
Dass im Laufe der Spielzeit die Dämmerung einsetzte, tat ihr übriges, um das ganze Geschehen noch magischer zu machen. Dafür sorgte vor allem eine beeindruckende Licht- und Lasershow, die der von RUSH nicht unähnlich war. Und mit fortschreitender Dunkelheit stieg auch die Stimmung im weiten Rund an, es war zu erkennen, dass einige an diesem Tage nur wegen TANGEINE DREAM gekommen waren. Nachdem die Musiker nach über 100 Minuten zum ersten Mal (!) eine Pause einlegten, waren im wahrsten Sinne des Wortes stehende Ovationen die Folge. Doch TANGERINE DREAM machten selbstverständlich weiter und während dem Zugabeblocks gab’s sogar einen „Song“, der so etwas wie ein Vorläufer des Industrial Metals sein könnte.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich wirklich froh bin, eine der seltenen Shows einer der wichtigsten deutschen Bands miterlebt zu haben, und da war ich nicht der einzige, denn viele der Rock- und Metalfans, die so richtig erst an den nächsten beiden Tagen auf ihre Kosten kommen sollten, ließen sich dieses Spektakel nicht entgehen. Ich verneige mich vor dieser Performance, vom technischen Standpunkt her können da selbst 90% aller Prog Metal Bands nicht mithalten!

KLAUS SCHULZE:
Und dann, so gegen 23:30, war es soweit! Ein vom Alter bereits gezeichneter Mann erklomm die Bühne der Loreley, und es war nicht irgendjemand, es war KLAUS SCHULZE, der deutsche Pionier in Sachen elektronischer Musik. Dieser Auftritt auf der Loreley kann man durchaus als historisches Ereignis bezeichnen, denn KLAUS SCHULZE stand nach 7-jähriger Bühnenabstinenz zum ersten Mal wieder auf einer deutschen Bühne. Und weil das noch nicht genug zur Freude war, hatte er mit LISA GERRARD auch noch einen ganz speziellen Gast dabei, aber dazu später mehr. Die ersten 40 Minuten standen ganz im Zeichen des Meisters, der seinen diversen Arbeitsgeräten (eine wahre Keyboard- und Verstärkerburg) die verschiedensten Töne entlockte. Ganz ehrlich, die Musik von KLAUS SCHULZE mit Worten zu beschreiben, ist nahezu unmöglich, man muss sie einfach gehört haben. Nach einer guten halben Stunde oder war's eher eine Stunde, bei den Klängen verlor man sein Bewusstsein für die Zeit, rief KLAUS SCHULZE die Dame LISA GERRARD auf die Bühne, die fortan mit ihrer Stimme auf improvisierende Weise die Sounds (von Songs will ich nicht sprechen) begleitete. Gut, über die Musik kann man sicher geteilter Meinung sein, und ein großer Teil der Hard & Heavy Freunde hätte sich mit Grausen abgewandt, das Beeindruckende an der ganzen Sache war vor allem das Spontane, das Ungeplante. Beide wussten weder vor noch während der Show genau, was sie da eigentlich machen wollen, sie ließen sich einfach von der Musik und den Reaktionen des Publikums treiben. Quasi das genaue Gegenteil von TANGERINE DREAM zuvor.  
Nach über 2 Stunden der „magischen Klänge“ nahm das Geschehen weit nach Mitternacht sein Ende, und LISA GERRARD und KLAUS SCHULZE wurden mit ehrlichem Applaus verabschiedet, der absolut verdient war.  



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