Praying Mantis - Keep It Alive

prayingmantis keepitaliveIn diesem Herbst haben jene Helden der NWOBHM Hochkonjunktur, die es nie nach ganz oben geschafft haben, dafür heute gerne unter Kultstatus firmieren. Von denen sind PRAYING MANTIS sicherlich heute eine der relevantesten, die in regelmäßigen Abständen neue Alben auf den Markt bringen, das letzte "Gravity" im vergangenen Jahr. Neben den ewigen Konstanten der Troy-Brüder blieb das Line-Up zuletzt stabil, weswegen man eine gewisse Sicherheit hat, was auch mit Frontiers das größere Label im Hintergrund bietet. Nur eine offizielle Live-Scheibe haben die Herren noch nicht aufgenommen, ein paar obskure Sachen kursieren sicherlich irgendwo. Nun hat man die Show beim Festival ihrer Plattenfirma 2018 in Mailand aufgenommen. Diese erscheint unter dem Titel "Keep It Alive" als obligatorisches CD/DVD-Jewelcase-Package.

Ob das eine gute Location für so eine Aufnahme ist, sei mal dahin gestellt, der geringe logistische Aufwand ist sicher einer der Hauptgründe für die Wahl, denn so können mehrere Mitschnitte aufgezeichnet werden. Allerdings ist das Stimmungslevel auf dem hauseigenen Festival nie so hoch, hier trifft sich  sehr kundiges Publikum eher zum dezent nerdigen Fachsimplen denn zur Party. Dazu lässt es einen, nachdem man mehrere Livedokumente von dort gesehen hat die Abwechslung vermissen, weil man eben immer die selben Kulissen und Menschen sieht. Vielleicht wäre ein Festivalpaket mit mehreren DVDs sinnvoller, so verkommt die eigentlich gute Idee zur Standardware.

Standardware liefern die Fünf auf keinen Fall ab, denn seit dem Einstieg von John "Jaycee" Cuijpers haben sie livetechnisch eine ganze Schippe drauf gelegt. Mike Freeland wirkte oft sehr steif und die Formation wenig eingespielt, der Niederländer rockt deutlich mehr, ist optisch auch deutlich auf Rockstar getrimmt. Das Kreuz auf dem Mikroständer ist zwar etwas klischeehaft, aber wie sich der Mann bewegt und die Songs mit kraftvollen Gesten unterlegt, ist definitiv mächtig.
Wenn er dann gegen Ende zwischen den beiden bürgerlich Neophytou getauften Brüdern steht und beider umarmt, zeigt sich das ganze Verständnis der Formation. Stimmlich weiß er auch zu überzeugen, legt die Songs etwas rauer an und fügt so ein paar Kontraste ein, die sich in den sehr melodischen Chören offenbaren. Jene kommen so herrlich auf den Punkt, wenn sich die Vier Frontleute aufreihen, und transportieren immer ein bisschen Erhabenheit, eine der Stärken von PRYAING MANTIS.

Doch nicht nur da spielen sie sehr gut zusammen, auch instrumental wirkt das ungemein tight, so dass ein paar knallige Breaks ihre Wirkung voll entfalten können. Der zweite Holländer Hans In´T Zandt rührt souverän und eher unspektakulär hinter den Kesseln. Dabei setzt er eben genau diese Akzente, wenn er auch ein wenig kräftiger drauf hauen könnte. Die beiden Gitarristen harmonieren sehr gut miteinander, speziell die doppelten Leads sitzen wie eine Eins.
Während Andy Burgess sich etwas neben dem herumstolzierenden Bassisten Chris Troy zurückhält, gibt dessen Bruder Tino richtig Gas. Der Bandgründer tollt auf der Bühne herum, hat unheimlich viel Spaß und legt bei seinen Soli viel Emotion hinein, wobei er sich mal als Meister der Tapping-Technik beweist. Ob er extra angestachelt war, da er an dem Abend des 28. April 2018 Geburtstag feiern konnte, lässt sich nicht sagen, ein Ständchen der Zuschauer nahm er freudig zur Kenntnis.

Immer wieder fanden die Herren auch den Weg zueinander und posten viel im Verbund, der Bandspirit ist so gut wie lange nicht mehr. Gerade bei den rockigen Stücken stand man sich oft gegenüber oder vorne am Rand, um die Zuschauer zu animieren. Vielleicht hat man in der Mitte des Sets ein wenig zu viele ruhige Titel eingebaut, die Stageaction scheint ein wenig einzuschlafen, bevor man am Ende aus sich heraus geht. Wobei bei den ruhigen Stücken vor allem "Dream On" zu erwähnen ist, vom wohl zweitbesten Album "Cry For A New World".
Von ihrem absoluten Klassiker "Time Tells No Lies" gibt es nur zwei Kostproben, da hätte man sich mehr gewünscht. Man muss der Truppe aber zugestehen, dass sie relevant bleiben und nicht nur vergangene Großtaten abfeiern will. So besteht die Hälfte des Sets aus den letzten drei Scheiben, von denen "Fight For Your Honour" hervor sticht. Und der Einstieg gelingt optimal mit "Captured City", jenem Song, der sie einst auf dem "Metal For Muthas"-Sampler bekannt machte.

Von der Umsetzung auf DVD ist das ganz gut gelungen, die Bildqualität ist hoch, auch wenn die Blickwinkel der Kameras etwas limitiert sind. Doch die Größe des Venues lässt auch keine großen Produktion zu, die Spielfreude kommt jedenfalls rüber. Klangtechnisch hat der omnipräsente Alessandro Del Vecchio ganze Arbeit geleistet und alles plastisch heraus gearbeitet, ohne den Livecharakter zu zerstören. So kommen die Soli kristallklar und auch der Bass ist gut in Szene gesetzt. Präsent sind auch die Keyboards, die wohl vom Band kommen, was das einzige größere Manko ist, oder hat Del Vecchio die hinter der Bühne beigesteuert? Mit einem Tastenmann auf der Bühne würde das alles noch runder aussehen. Dennoch zeigt "Keep It Alive" die tolle Form NWOBHM-Veteranen, die uns hoffentlich noch lange erhalten bleibt. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 10 (CD + DVD)
Spielzeit: 62:28 min (CD+DVD)
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 06.12.2019

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