Piledriver - Live in Europe

PiledriverBevor ich mich PILEDRIVER und meiner Rezension widme, die in der Bewertung sicherlich nicht wertfrei von eigenem Wehmut sein wird, muss ich einen kurzen Prolog voranstellen: Mein Vater fuhr mich 1977 zu meinem allerersten Konzert nach Saarbrücken zur ausverkauften Saarlandhalle. Dort wartete er dann geduldig drei Stunden auf mich vor der Halle. Für 14 Deutsche Mark (viel Geld) faszinierte und euphorisierte mich STATUS QUO auf dem High-Level ihres Bestehens; diese ungezügelte, energetische Power, die ohrenbetäubende Lautstärke, das Headbangen und das sagenhafte Tempo der „Frantic Four“, konnte ich bis heute nie vergessen.

Während ich nach den Anfängen mit SWEET und SLADE noch ein aufmerksamer Zuhörer von LED ZEPPELIN und PINK FLOYD war, geriet ich augenblicklich in den Bann des „Rock N` Boogie“ und das hat sich bis dato nicht geändert. Nach wie vor bekomme ich Gänsehaut und mein altes Bein fängt an zu zucken, wenn ich zum tausendsten Mal das beste Live-Doppel-Album aller Zeiten auflege; „SQ Live“, aufgenommen im Apollo Theatre, Glasgow 1976, und die legendäre Einführung der Band durch Jackie Lynton. Niemals empfand ich trotz Dauerberieselung einen der Songs des Live-Albums langweilig oder nervtötend wie „Smoke On The Water“.

Nun habe ich STATUS QUO auch in den letzten Jahren immer nochmals live gesehen. Die Auftritte sehe ich als eine nostalgische Reise gealterter Herren in differenter Besetzung mit Francis Rossi als Teamleader, der das Erbe einer vergangenen Epoche aufrechterhält. Da die fanatische Euphorie für die unbändige Vitalität von Francis Rossi, Rick Parfitt, Alan Lancaster und John Coghlan in den siebziger Jahren natürlich auch mit der melancholischen Sehnsucht nach der eigenen verlorenen Jugend im Zusammenhang steht, stellte sich mir die Frage: „Is There A Better Way“?

Ja, „There Is A Better Way“: PILEDRIVER gehen den besseren Weg und führen die Philosophie von STATUS QUO der 1970er Jahre in die Gegenwart und verstehen was es heißt: „Let The Good Times Roll“. Bis 2019 war mir PILEDRIVER unbekannt bzw. hielt ich sie für eine kanadische Thrash-Metal-Combo aus den Achtziger Jahren oder eben das fantastische fünfte Studioalbum von SQ. Das war wohl unter anderem dem Umstand geschuldet, dass die Jungs aus dem „weit entfernten Ruhrpott“ im Saarland live nicht gerade präsent waren. Durch Zufall stieß ich bei YouTube auf ein Album namens „Brothers In Boogie“.

Ich war sofort angefixt und dachte: „der Hammer“, das ist der Sound von STATUS QUO der „Frantic Four“-Ära. Der Rock, der Boogie, der Wechselgesang, die donnernden Drums, die fetten Rhythmus-Gitarren und die treffsicheren Refrains; alles wie früher. „One Way To Rock“ oder „Rock In A Crossfire Hurricane“ gingen mir nicht mehr aus dem Ohr; das Album eine einzige Party. Schlicht und einfach der klassische, vorwärts treibende Rocksound der 70er Jahre, der in die Gegenwart transferiert wurde. Nach ersten Recherchen erfuhr ich dann erst, dass PILEDRIVER vielleicht die beste SQ-Tribute-Band der Welt sind und ihre absoluten Qualitäten in ihrer Bühnenpräsenz liegen.

Ich musste zum damaligen Zeitpunkt 2019 unbedingt Kontakt zur Band aufnehmen und ihnen danken für ihre Musik, die ich in der Form lange nicht mehr gehört hatte. So würden SQ klingen, wären sie heute noch jung. Ich besorgte mir direkt das 2018 erschienene Album „Rockwall“, dass noch eigenständiger den erdigen Rock`N Roll verkörperte, geile klassische Hardrock-Harmonien aufwies und solche Knaller wie „Little Latin Lover“ oder „Draw The Line“ enthielt. Vertreten war nur mehr eine Rossi/Parfitt-Nummer, „Rockers Rollin“(allerdings ein genialer Song). Das Album zeugt von variabler Eigenständigkeit trotz der klar erkennbaren Roots, die nicht nur bei STATUS QUO sondern auch bei AEROSMITH, UFO, AC/DC u.v.a liegen.

Nun präsentiert die Band um Peter Wagner (Gitarre/Gesang), Michael Sommerhoff (Gitarre/Gesang), Eddie Claessens (Schlagzeug) und Marc Herrmann (Bass), „Live In Europe-The Rockwall Tour“. Auf den drei Konzertmitschnitten präsentieren sie sich mit ihrer ungezügelten Energie auf Ton- und Bildträgern vor unterschiedlichen Kulissen und mit variablen Setlists aus vier eigenen Studioalben und dem Repertoire der „Frantic Four“. Das Album hat die Band dem langjährigen, viel zu jung verstorbenen Keyboarder Rudi Peeters gewidmet, der bei den vorliegenden Konzerten noch Bandmitglied war. PILEDRIVER erreichen durch die Veröffentlichung endlich auch ein breiteres Spektrum von Rockfans, die sich live bisher noch kein Bild von der Band machen konnten. Auf den Punkt gebracht, liefern PILEDRIVER auf den drei Konzerten, Zitat: "Ass Kicking Blues & Boogie Rock At Maximum Volume".

Das umfangreiche Package, bestehend aus Blu-Ray/DVD, drei CDs, mit Booklet und Poster im Digipak, Laufzeit 200 Minuten, überzeugt mit drei Konzertmitschnitten, die kurz vor dem Corona-Lockdown in Herne (D), Minehead (UK) und Zwolle (NL) aufgezeichnet wurden.

Es ist schwierig, eine Band zu beurteilen, die derart perfekt die frühen STATUS QUO covert. Die Eigenkompositionen zeigen deutlich, dass man PILEDRIVER hier nicht stigmatisieren kann. Vielmehr tragen sie den klassischen, rauen und schnörkellosen Hardrock, angelehnt an Heroen der Vergangenheit, zeitgemäß mit unglaublicher Energie in die Gegenwart. Schließlich sind AIRBOURNE oder THE POOR ja auch die jüngeren und dennoch eigenständigen Versionen von AC/DC.

Hier hören und sehen wir eine echte Live-Band ohne Allüren, völlig eins mit ihrer Musik, die hoffentlich noch lange ihren Weg geht und jetzt, nach der unsäglichen Corona-Krise, auf möglichst vielen Bühnen in Europa zu Gast sein wird. Vielleicht erhalten die Jungs auch bald den Respekt, den sie verdienen. Das sollten sich auch die sogenannten Rock-Radio-Sender einmal auf die Fahne schreiben, wenn sie mal wieder den Hörer mit dem weichgespülten Kinder-Gejammer der ÄRZTE ("Zu Spät" in Dauerschleife) langweilen und es auch noch Rockmusik nennen. Wer den Spirit, die Lautstärke und den unbändigen Rock`N Roll liebt, legt besser PILEDRIVER auf. (Bernd Eberlein)


Bewertung:

Ebi8,0 8 / 10

Label: Rockwall Records/Bob Media
Anzahl der Songs: k.A. 
Spielzeit: ca. 200:00 min
Veröffentlichungstermin: 28.04.2023

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