Slayer - The Repentless Killogy

Slayer The Repentless KillogyDas Ende ist nah. Zu diesem Zeitpunkt steht der letzte Auftritt einer der legendärsten Bands an. Kaum einer kann ahnen, was in jedem der Musiker oder gar in den Fans vorgeht, wenn es ab Dezember eine Metal-Welt ohne SLAYER geben wird. Viele Kollegen haben sich schon über die unvermeidliche Trennung ausgelassen, bewegende und rührende Momente wurden viral umhergereicht, und die Frage, wer von nun an den Thrashmetal-Thron übernehmen würde, wird immer lauter. Bestimmt keine leichte Aufgabe, solche Fußstapfen auszufüllen, wenn es denn überhaupt im Bereich des Möglichen liegt.

SLAYER haben ihre Fans über all die Jahre nie enttäuscht. Besetzungswechsel am Schlagzeug wurden verziehen und sogar gutgehießen, die Vereinnahmung moderner Stilelemente in das sonst klassisch gehaltene Gerüst wohlwollend aufgenommen und große Gesten weitreichend anerkannt. Auch wenn der schmerzliche Verlust von Axtmann Jeff Hanneman tiefe Spuren in der Zukunft von SLAYER hinterließ, wurde dieser mit Gary Holt weitestgehend aufgefangen, auch wenn er nie zu 100% SLAYER war. Paul Bostaph scheint auch noch nie bei SLAYER ausgestiegen zu sein und trommelt sich fortwährend für immer die Herzen der treuen Fans, die allein genommen schon ein unfassbares Phänomen darstellen.
Aber man wird irgendwann auch müde, das Alter zehrt an den Kräften, der undurchdringbare Gürtel von Tourneen und Studioaufenthalten wird schon fast zu einer lästigen Gewohnheit, aus der man irgendwann einfach ausbrechen möchte. Die Band ist de facto ein Geldspender für alle Beteiligten, daran besteht und bestand kein Zweifel, aber das ist eben nicht alles im Leben, und so entscheidet man sich aufzuhören, bevor die Legende zur Farce wird.

Gerade die Liveshows waren die gefeierten Events, wenn sich ein Hit an den anderen reihte und die Herren sich nie zu schade waren, jede Epoche ihres Schaffens durch die Boxen zu knallen. Von diesen frenetisch gefeierten Auftritten gibt es etliche Mitschnitte, seriös oder unter der Hand, was sich meistens an der Qualität bemerkbar machte. Natürlich sind und waren SLAYER eine Macht, wenn auch der Bewegungsradius der Musiker meist auf einen Bierdeckel beschränkt war. Aber gerade Frontmann Tom Araya kann von sich reden machen, wenn er sein einzigartiges Organ immer wieder eindrucksvoll unter Beweis stellt und seine sympathische Art und Weise bei den Fans immer wieder zu ewiger Treue verleitet.

"The Repentless Killogy - Live At The Forum In Inglewood, CA" ist der Soundtrack zu dem gleichnamigen Film, der zum großen Ärgernis der deutschen Fans hierzulande nicht gezeigt werden darf. Er stellt quasi das Vermächtnis der Band dar und vereint das, was für 38 Jahre SLAYER steht. Auch wenn es sich hierbei nicht um einen Mitschnitt der Abschiedstournee handelt, zeigt er dennoch eindrucksvoll, was einem als Konzerterlebnis blüht bei einem der zahlreichen Shows. Dabei handelt es sich wohl auch um das letzte offizielle Audiomaterial, das zu Lebzeiten der Band veröffentlicht wird. Und auch ohne Splatterfilmchen geht es ordentlich zur Sache und lässt die Amis bei ihrer Repentless-Tour anhören, wie sie sich durch ihre gesamte Diskographie boxen.

Mal abgesehen von den gnadenlos grandiosen fortwährenden Hymnen muss man eingestehen, dass SLAYER live auch nicht immer erste Sahne waren. Und dabei rede ich nicht von ihren Anfangstagen als knabenhafte Möchtegernsatanisten, die versuchten, mit Schminke und Nieten der Brutalität noch ein Sahnehäubchen aufzusetzen. Man könnte meinen, dass King und Holt nie wirklich zusammenfanden. Da habe ich live schon bessere Gitarrenduetts zusammenspielen hören. Bestimmt liegt es hier nicht an den technischen Voraussetzungen, denn schon viel zu lange können sich SLAYER dahingehend alles verlangen. Und wenn man quasi jeden Tag immer und immer wieder die gleichen Songs spielt, sollte sich das meiner Meinung nach irgendwie harmonischer anhören. Vielleicht wird man hier schon Zeuge eines zunehmend schwindenden Enthusiasmus, oder aber es ist die Gewissheit, dass die treuen Fans jeden Fehler verzeihen und derartige Details außen vor lassen. Eine junge Band könnte sich sowas mal auf keinen Fall erlauben.
Soundmäßig gäbe es da auch einiges zu kritisieren. Auch wenn die Gitarren recht fett und druckvoll rüberkommen, klingt gerade mal das Schlagzeug recht seltsam, insbesondere die Bassdrum ist geradezu störend. Den Bass hat man ja selten mal gehört, so auch dieses Mal. Aber insgesamt dachte ich, dass SLAYER im 21. Jahrhundert auf einem Konzertmitschnitt beeindruckender klingen.

Auch Tom Arayas Stimme wurde über die Jahre schwer in Mitleidenschaft gezogen. Kein Wunder bei dieser unvorstellbaren Belastung über die gesamte Karriere. Keiner schreit so schön und beeindruckend wie Araya, aber auch er musste eingestehen, dass die goldenen Jahre nun vorbei waren, litt er nicht schon genug darunter, seine schwindelerregende Moshakrobatik mit einem Mal abstellen zu müssen. Die treibende Kraft in der Frontposition war wohl auch letzten Endes die treibende Kraft für das eingeläutete Ende, denn die Kräfte schwanden schon zu Lombardo-Zeiten. Immerhin hat er zu meinem Erstaunen noch den ein oder anderen Trumpf im Ärmel, und sogar den hohen Schrei bei "Angel Of Death" bekommt er noch ordentlich hin.

Aber nicht nur Araya wird der Abschied von dieser frenetischen und unvorstellbaren Fanschar sehr schwer fallen. Die Momente, wenn der Frontmann noch einmal vor der Zugabe allein auf die Bühne trat und in die überglücklichen Gesichter der tausenden Zuschauer blickte. Dieser Glücksmoment und der pure Spaß an der Sache ließen ihn jedes Mal aufs Neue über beide Ohren grinsen.

Nun wird das Kapitel zum Monatsende wohl für immer geschlossen. Üner die musikalische Zukunft der einzelnen Mitglieder gibt es lediglich Gerüchte, oder man denkt sich eben seins.
Nach diesem letzten Live-Vermächtnis werden sicher noch weitere folgen, aber auch ohne dieses Abschiedsgeschenk werden uns SLAYER für immer in Erinnerung bleiben. (Jochen)


Bewertung:

Jochen9,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 21
Spielzeit: 91:40 min
Label: Nuclear Blast Records
Veröffentlichungstermin: 01.11.2019

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