Interview mit Sound Of The Damned - Deutsche Version

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Anne: Wo genau in Grönland lebt ihr? Kommt ihr alle aus dem gleichen Ort?

Hermann: Nein, ich lebe in Aalborg, Dänemark und der Rest lebt in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands.

Anne: Wie habt ihr euch kennengelernt? Wie und wann seid ihr mit Metal in Berührung gekommen und wann habt ihr entschieden, eine Band zu gründen?

Sebastian: Das ist eine lustige Geschichte. Tuka und ich sind Brüder und damals lernte ich Josva gerade kennen. Es war fünf Tage, bevor ein Musikwettbewerb stattfand und meine Frau drängte mich, eine Band zu gründen. Sie sagt „Ruf deine Freunde an, los, mach das!“. Sie überredete mich, also rief ich Tuka als Drummer an, ich war der Gitarrist und jetzt brauchten wir noch einen Bassisten und so fragte ich Josva zuerst, ob er Bass spielen wollte und dann war da noch ein anderer Typ, den ich fragte, ob er singen wollte. Daher hatten wir am Anfang einen Growler oder Screamer. Und dann haben wir fünf Tage lang geprobt und letztendlich gewannen wir den Wettbewerb.

Anne: Das ist cool!

Sebastian: Es ist wirklich cool, ja.

Anne: Also ihr als Band wart nicht einmal eine Woche alt, als ihr den Wettbewerb gewonnen habt?

Josva: Ja, kaum eine Woche. Ich glaube, es waren mehr oder weniger vier Tage für drei Songs und es ist ziemlich witzig, wie wir zusammen fanden. Es war hauptsächlich für den Wettbewerb. Und, um ehrlich zu sein, ich persönlich habe nicht gedacht, dass wir gewinnen würden. Ich war einfach nur froh, Musik zu machen und auf einer Bühne zu stehen. Und ja, der Rest ist Geschichte.

Sebastian: Ich erinnere mich, dass es fünf Tage vor dem Wettbewerb war. Wir schrieben drei Songs und dann gab es einen Song, den ich bereits geschrieben hatte. Jeden Tag schrieben wir einen Song, machten ihn fertig und am nächsten Tag schrieben wie einen neuen Song. Diese Tage waren ganz schön intensiv, aber es war toll.

Anne: Wie probt ihr denn, jetzt wo Hermann in Dänemark lebt und ihr euch nicht sehr oft seht. Probt ihr überhaupt?

Hermann: Sie schreiben neue Musik und dann nehmen sie es im Homestudio auf. Schlagzeug, Gitarren und Gesang – und dann schicken sie es mir, so dass ich den Bass aufnehmen kann und die Basstracks zurückschicken kann, so dass sie es zusammensetzen können. So arbeiten wir.

Sebastian: Im Grunde proben auf Distanz.

Josva: Heutzutage sind es meistens zwei oder drei von uns, die zusammen proben. Ich übe meistens zu Hause. Meistens eine Stunde, ich spiele nur ein bisschen. Mir ist nicht wirklich nach üben, aber natürlich muss ich es machen.

Anne: Gibt es in Grönland Auftrittsmöglichkeiten für Metalbands?

interview 20230228 sotd 02Sebastian: Es gibt diverse Bühnen. Vor allem in Nuuk. Dort gibt es einen Club namens NUIF, und sie haben immer mal wieder open stage, jeder kann auftreten und zeigen, welche Musik sie oder er hat. Es gibt auch ein Pub, das regelmäßig eine Jamnacht hat, alle zwei Wochen ist open stage, wo jeder teilnehmen kann und man spielen kann was auch immer man will. Einmal im Monat gibt es in Katuaq, Nuuks größtem Café, und jede Woche in einem Pub Liveshows mit unterschiedlichen Bands. Sie haben drei mal 45 Minuten Zeit und spielen verschiedene Songs, Cover und eigene Stücke. Es gibt also wirklich viel Musik zu erleben. Aber nicht wirklich Heavy Metal.

Anne: Also so etwas wie einen Metalclub gibt es nicht?

Josva: Es gibt einen Ort wo sie ab und zu Rock spielen, beinahe Metal. In Inussivik und im Katuaq gibt es große Bühnen. Dort gibt es die größten Bühnen, auf denen man spielen kann.

Anne: Gibt es andere Metalbands aus Grönland, die ihr empfehlen könnt?

Sebastian: Ja, da gibt es sogar einige. Es gibt eine ikonische Heavy-Metal-Band, die wir erwähnen müssen, SIISSISOQ genannt. Sie stammen aus Uummannaq, aus dem Norden Grönlands. Sie haben vor 20 Jahren ein Album veröffentlicht, ich glaube so um 2000 herum.

Josva: In den frühen 2000ern.

Sebastian: Oder vielleicht in den späten 90ern. Ja, das ist die größte Heavy-Metal-Band Grönlands.

Josva: Ja, sie haben in gewisser Weise das Genre in Grönland revolutioniert und sie begannen mit Metal und Tanz in Grönland.

Hermann: Ich kann auch noch PUKUUT empfehlen. Sie kommen auch aus dem Norden. Ziemlich nah am Death Metal, aber vielleicht etwas mehr vom Heavy Metal inspiriert.
Sebastian: Sie haben ihre eigene Art und Weise, es ist eher Modern Metal, sie klingen sehr modern.

Josva: Es ist nicht unbedingt Metal, aber irgendwo in dem Bereich.

Sebastian: Wie Theodor sagte: Polierter Metal.

Anne: Aus der Sicht eines Musikers, bedauert ihr da, aus Grönland zu sein? Ich meine, wenn ihr die gleiche Musik in Deutschland spielen würdet, wäre es sehr leicht für euch, an Auftritte zu kommen, eine kurze Tour zu spielen oder sowas in der Art. Aber von Grönland aus ist ja alleine der Flug schon so teuer.

Hermann: Ich denke, man kann zu dieser Frage zwei Perspektiven haben. Zu Allererst sind wir sehr stolz darauf, eine der ersten Death-Metal-Bands Grönlands zu sein. Es gab mal ein paar Death-Metal-Bands, aber sie existieren nicht mehr. Die andere Perspektive ist: Es ist schwer, irgendwo anders hinzukommen, zu touren, Alben aufzunehmen und es gibt wenige Möglichkeiten.

Josva: Ich bin stolz darauf, aus Grönland zu sein. Es lehrt einen, offener gegenüber dem Heavy Metal zu sein. Denn zu Hause in Grönland gibt es nicht viele Leute, die Metal hören. Und es wird immer noch – ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen soll – auf die Leute heruntergeschaut. Zum Beispiel wenn man Metal hört und auch Metal spielt, dann wird oft darauf hinabgeschaut, einfach nur, weil wir Metal hören und das lässt einen noch härter an seiner Musik arbeiten. Zusammenstehen und daran glauben, was man tut. Und natürlich ist das Reisen sehr teuer, aber ja, ich bin sehr stolz darauf, aus Grönland zu kommen, denn es macht dich durch harte Arbeit zu dem, was du bist.

Anne: Das könnte auch eine Antwort auf meine nächste Frage sein: Was liebt ihr an Grönland, wie viel Einfluss hat das auf eure Musik?

Sebastian: Ich würde gerne zuerst noch etwas zu der vorherigen Frage sagen: Ja, es ist sehr herausfordernd. Die Flüge sind ziemlich teuer und auch unser ganzes Gepäck zu transportieren ist sehr teuer. Aber man bekommt so viel Unterstützung von den Leuten. Zum Beispiel von Familie oder anderen Musikern, die nicht einmal Heavy Metal spielen. Wir haben so eine unterstützende Musikszene in Grönland und viele Leute sagen „Ja, ihr könnt das schaffen!“. Und wenn wir es schaffen, dann sind sie auch stolz und man kann die Unterstützung wirklich fühlen. Ich denke, das ist sehr wichtig. Obwohl es sehr herausfordernd ist, denke ich nicht, dass es bedauernswert ist.

Anne: Also was liebt ihr an Grönland, wie viel Einfluss hat das auf eure Musik?

Sebastian: Ich liebe unsere Kultur, denn es ist nicht nur die Grönländische Kultur. Ganz Kanada, Alaska – wir haben die gleiche Kultur, wenn auch sehr unterschiedlich.

Josva: Was ich an Grönland liebe? Nun, vor allem die Menschen. Es gibt eine Menge Unterstützung und da Nuuk keine besonders große Stadt ist kennt man sehr viele Menschen und wenn man raus geht trifft man mindestens fünf Leute, mit denen man sich unterhalten kann und es ergibt sich immer ein Gespräch. Wir kennen viele Leute und können sehr leicht an Informationen kommen oder die Leute informieren. Und natürlich das Wetter. Eigentlich alles.

Anne: Gibt es für euch keine Möglichkeiten, in Grönland aufzunehmen oder warum habt ihr euch entschieden, hierher zu kommen?

Sebastian: Natürlich hatten wir Millionen von Möglichkeiten, um in Grönland aufzunehmen. Jemand hat mich gefragt, ob wir im Pukuut-Studio aufnehmen wollen – die wir vorhin schon mal erwähnt haben. Es ist immer noch teuer, nach Nordgrönland zu fliegen und ja, es wäre sinnvoll, dort aufzunehmen. Aber 2019 waren wir auf dem Arctic Sounds [Festival in Sisimiut, Anm. d. Red.] und wir konnten mit Theodor einen Song aufnehmen. Es war das erste Mal, dass wir ihn getroffen haben und wir haben diesen einen Song an einem Tag aufgenommen und es ging wirklich gut. Wir kommen super miteinander klar, er war so ein cooler Typ und wir haben uns in ihn verliebt (lacht).


“Es fühlt sich nicht wie Arbeit an. Es fühlt sich nach zuhause an.”


 

Josva: Es war ziemlich leicht mit ihm zu arbeiten. Einen Song an einem Tag. Und ich denke, die Produktion und der Sound sind die Gründe, warum wir entschieden haben, auf die Färöer zu kommen. Einfach, weil der Sound so gut war.

Anne: Also ist Theodor der Grund.

Sebastian: Ja, das kann man sagen.

Anne: Ihr habt noch nicht wirklich etwas veröffentlicht, abgesehen von den beiden akustischen Stücken auf YouTube und dem einen Song auf Spotify. Habt ihr schon Reaktionen von außerhalb Grönlands bekommen?

Sebastian: Ja! Da ist so ein Typ in Brasilien, der uns fragte, ob er unsere Band präsentieren dürfte. Das war übrigens lange bevor wir Theodor getroffen hatten. Wir nahmen drei Demos in einem Jugendclub in Nuuk auf. Wir veröffentlichten sie auf Soundcloud und einer von den Typen aus Brasilien schrieb einen Artikel über uns.

Anne: Cool! Es ist allerdings schon etwas seltsam, dass ihr von jemandem aus Brasilien entdeckt wurdet. Wie ist denn das Feedback von den Grönländern?

Sebastian: Sehr positiv. Also nicht “Oh mein Gott, ihr seid so furchtbar!”. Wir haben sehr positive Reaktionen erhalten.

Josva: Überraschend positives Feedback.

Hermann: Sie haben es ziemlich gut aufgenommen und ich glaube, sie waren überraschter als wir.

Anne: Ihr nehmt gerade euer erstes Album auf. Wie läuft es?

Sebastian: Es läuft sehr gut! Ich glaube nicht, dass wir mit irgendwas spät dran sind oder hinterher hängen oder so. Es läuft ziemlich gut. Wir stellen es gerade fertig.

Hermann: Es fühlt sich nicht wie Arbeit an. Ich meine, obwohl wir alle früh aufstehen und bis zum Abendessen aufnehmen. Es läuft wirklich gut. Und ich stimme Sebastian absolut zu, es gibt keine Verspätungen, keine Rückschläge, alles fühlt sich so an, wie es sollte. Das ist der angenehme Part daran, jeden Tag den ganzen Tag aufzunehmen.

Tuka: Wir haben zwei Wochen für die Aufnahmen und es läuft wirklich gut.

Josva: Es ist ein ziemlicher Druck. Es ist nicht so, dass es schwierig ist oder so, aber es ist eine Motivation, fertig zu werden. Und wie Hermann schon sagte: Es fühlt sich nicht wie Arbeit an. Es fühlt sich nach zuhause an.

interview 20230228 sotd 03Anne: Bekommt ihr Unterstützung von einer Plattenfirma oder vielleicht Sponsoren oder sowas in der Art?

Sebastian: Wir haben uns für viele Stipendien beworben. Wir haben keine Plattenfirma. Wir planen, das Album in Eigenregie zu veröffentlichen aber natürlich haben wir auch über Label gesprochen, aber wir haben noch nicht daran gearbeitet. Alles, was wir bis jetzt haben sind die Aufnahmen, die wir von hier mitnehmen werden. Aber wir werden uns das genauer ansehen.

Anne: Jetzt haben wir schon viel über das Album geredet, aber wie ist denn überhaupt sein Name?

Sebastian: Das ist eine gute Frage.

Josva: Ich dachte an ein selbstbetiteltes Album aber ich weiß nicht. Wir haben keine Ahnung (lacht). Ist kein Vorschlag, nur ein Gedanke. Wir haben noch nicht einmal darüber gesprochen. Zumindest ist es der Sound Of The Damned.

Anne: Was kann der Hörer erwarten?

Sebastian: Es ist sehr dreckig (lacht). Ich denke, die einzelnen Songs sind ziemlich unterschiedlich. Nicht, dass es Growls und hohen Cleangesang gäbe, aber manchmal ist es purer Death Metal und manchmal ist es Death Metal mit ein wenig cleanem Gesang.

Josva: Es gibt viele Nuancen, es ist nicht nur ein Death-Metal-Album. Es gibt auch cleanes Zeug, was den Gesang angeht und Gitarren und Melodien und melodische Parts, schnell und langsam. Ich finde, es ist nicht nur ein Genre. Die Hörer können erwarten, dass das Album episch und melodisch ist und auf jeden Fall wird das Hören einer Reise gleichen.

Anne: Was sind eure Ziele, Erwartungen oder Träume für dieses Album?

Sebastian: Ein Traum wäre auf jeden Fall ein Video zu drehen und Shows zu spielen. Vielleicht könnten wir ein bestimmtes Festival, Copenhell genannt, erreichen. Es wäre so, so toll, dort zu spielen oder einfach auf irgendeinem Metalfestival. Wir waren noch auf keinem Metalfestival oder sowas. Von daher wäre es absolut großartig, auf einem Metalfestival zu spielen.

Josva: Das wäre ein wahrgewordener Traum.

Anne: Ich werde euch die Daumen drücken! Um was geht es auf dem Album? Ist es eine Art Konzeptalbum oder gibt es ein übergeordnetes Thema, über das ihr schreibt?

Sebastian: Wir haben kein übergeordnetes Thema. Jeder Song hat seine eigene Botschaft oder seine eigene Geschichte. Die Sache ist die, wir haben unseren eigenen Songwriter. Das ist unsere Managerin, auch bekannt als meine Frau, Pani Enequist. Sie schreibt unsere Songs, sie schreibt unsere Texte, zu beinahe allen Songs. Ich meine, ein paar Songs habe ich mir ihr zusammen geschrieben.

Anne: Was kommt zuerst? Die Musik oder die Texte?

Sebastian: Die Texte.

Anne: Also sie schreibt die Texte und dann schreibt ihr die Musik dazu?

Sebastian: Ja, genau.

Anne: Was inspiriert euch – oder sie?

Sebastian: Manchmal kommen wir alle zusammen und diskutieren, was ein Song werden könnte. Wir sammeln ein paar Ideen und schreiben Dinge auf. Das haben wir für „My Monster“ und auch für „Tartarus“ gemacht. Und manchmal schreibt sie einfach. Sie schreibt sehr viel, aus Leidenschaft und manchmal sprechen wir täglich darüber. „Das wäre großartig.“ Manchmal schreiben wir zusammen, geben uns gegenseitig Feedback und daraus entsteht ein Song. Das haben wir vor allem bei „Inuk Uummarit“ gemacht, das hat jeder von uns aufgeschrieben. Sie hat das meiste gemacht, ja, aber ich habe auch einen kleinen Part geliefert. Sie hat eine Menge starke Texte geschrieben. Darin stecken viele Emotionen.

Anne: Die Texte auf diesem Album werden zum Teil auf Englisch sein und zum Teil auf Grönländisch. Warum habt ihr das so entschieden?

Sebastian: Ja, die Hälfte der Songs sind auf Englisch und die andere Hälfte ist auf Grönländisch. Die Idee dahinter ist, dass wir auf jeden Fall was mit englischen Texten machen wollten, weil wir eben mit englischsprachigen Metalsongs aufwuchsen und das hat uns stark beeinflusst. Aber wir wollten auch grönländische Death-Metal-Songs. Das wäre großartig. Denn es ist unsere eigene Sprache. Es ist unsere Art – oder besser – meine Art, mich auszudrücken. Es ergibt Sinn, es halb und halb aufzuteilen, anstatt alles auf Englisch oder alles auf Grönländisch zu haben.

Anne: Wie entscheidet ihr, welcher Song welche Sprache bekommt? Passiert das einfach oder ist es eine bewusste Entscheidung?

Sebastian: In den grönländischen Stücken geht es viel um grönländische Kultur oder die Inuitkultur. Vor allem in „Inuk Uummarit“. Das hat viel mit unserer Kultur zu tun. Mit der Kolonialisierung unseres Landes, der Dekolonialisierung, es kommt von diesen Emotionen. Das gleiche gilt für „Atornerlunnanga“. Wie sagt man das?


“Es ist ein Tabu, es ergibt einfach Sinn, es in Musik zu verwandeln.”


 

Josva: Es gibt eine Menge Missbrauch in Grönland, der als Tabu betrachtet wird. Ich erinnere mich daran, wie wir darüber sprachen, als wir den Song schrieben und Sebastians Frau erwähnte, dass sie das Tabu mit diesem Song brechen wollte. Das ist die Bedeutung von „Atornerlunnanga“

Sebastian: Gut gesagt.

All: Gut gesagt.

Anne: Das muss natürlich auf Grönländisch sein. Also hängt es ein bisschen von der Thematik ab.

All: Ja.

Josva: Ich meine, dieses Thema ist sehr schwerwiegend und ziemlich ehrlich. Es ist ein Tabu, es ergibt einfach Sinn, es in Musik zu verwandeln. Es steckt eine starke Bedeutung dahinter. Es ist ein bedeutungsvoller Song.

Anne: Ich habe bisher nur einen Song von euch gehört, oder auch zwei, wenn man den einen auf Spotify dazu zählt und es ist eher typischer Death Metal. Benutzt ihr auch traditionelle Instrumente oder Elemente traditioneller Musik?

Sebastian: In einem Song, “Kilertiterlunga Aaverullunga” genannt, gibt es etwas Trommeltanz. Es ist nicht exakt das gleiche, aber es atmet den Geist von Trommeltanz.

Josva: Und wir haben den Trommelpart durch ein anständiges Schlagzeug ersetzt.

Anne: Nutzt ihr auch den berühmten Kehlkopfgesang? Was Leute von außerhalb ja als typisch grönländisch ansehen.

Sebastian: Nein, wir nutzen keinen Kehlkopfgesang.

Josva: Lass uns einfach sagen es ist eine Hommage an Trommeltanz und –gesang. Eine Hommage, aber der Ansatz ist moderner mit moderner Musik.

Anne: Von dem ausgehend, was ihr mir bisher erzählt habt, handeln eure Songs oft von der derzeitigen sozialen Situation in Grönland, was eine ziemlich harte, oder besser komplizierte Situation ist, so wie ich es verstehe. Bezieht sich euer Namen ebenfalls darauf? Oder woher kommt euer Bandname?

Sebastian: Das ist auch eine lustige Geschichte, denn zuerst konnten wir uns nicht entscheiden, welchen Namen wir uns geben sollten. Wir haben in einem der Proberäume überlegt und wir waren fast soweit, uns ANORI zu nennen. Ich mochte es. Ich mag den Namen, ich liebe ihn. Aber er war bereits vergeben. Und zu diesem Zeitpunkt – Hermann stieß erst 2018 zu uns – zu diesem Zeitpunkt bestand die Band aus Tuka, Josva, mir und unserem ehemaligen Sänger und wir konnten alle growlen und screamen und aus dieser Sichtweise waren wir wie der Sound Of The Damned. Es fühlte sich richtig an zu der Zeit.

Anne: Was würdet ihr euch wünschen, dass es passiert um die soziale Situation zu ändern?

Sebastian: Die Tabus brechen, seine Komfortzone verlassen…

Josva: Als Metalhead akzeptiert zu werden, zu akzeptieren, dass man Metal hört. Ich meine, niemand sollte sich dafür schämen müssen, Heavy Metal zu hören und niemand sollte runtergemacht werden, weil er Heavy Metal hört. Sei einfach du selbst. Hab‘ keine Angst, dich zu offenbaren, sei akzeptierend und werde akzeptiert. Mach die Welt zu einem besseren Ort.

Anne: In eurem Song “My Monster” geht es um den Tupilaq. Könnt ihr mir mehr darüber erzählen?

Tuka: Das war meine Idee, den Song “My Monster” zu nennen. Eines Tages wollte ich einen Song über mein Monster schreiben und dieses Monster wäre eine Art metaphorisches Monster in mir drin, das mich auffordert, es zu füttern. Oder zu fürchten. Ich schlug es meinem Bruder und seiner Frau, meiner Schwägerin, vor und sie nahmen es gut auf und machten einen Song daraus. Ich schrieb ein paar Riffs hier und da – so begann es.

Josva: Es geht um diese mythische Kreatur, den Tupilaq, der metaphorisch zu meinem Monster wird. Falls das jetzt Sinn ergibt.

Sebastian: Ja. Im Text geht es nicht wirklich um den Tupilaq, nicht spezifisch, aber es geht um Tupilaq-Dinge.

Anne: Also ist es nur eine Verbindung?

Sebastian: Ja, es ist eine Verbindung.

Anne: Dann habe ich noch eine Frage speziell an dich, Sebastian, denn du hast diese interessanten traditionellen Gesichtstattoos. Kannst du mir mehr darüber erzählen? Können Männer und Frauen die gleichen Tattoos haben oder gibt es verschiedene Tattoos für jedes Geschlecht? Und sie haben wahrscheinlich auch eine Bedeutung. Kannst du mir etwas darüber erzählen?

Sebastian: Frauen und Männer haben unterschiedliche Muster. Diese Kinntattoos hier (zeigt auf sein Kinn) sind üblicherweise Frauenmuster. Vor allem diese hier am Kinn. Einige Männermuster können etwas seltsam sein. Anders als die Frauenmuster natürlich. Unsere Vorfahren waren Jäger, und einige ihrer Muster entwickelten sich aus ihrer Erfahrung in der Jagd, einige ihrer Muster basieren auf ihrer Jagd. Was sie fingen und was sie beim Jagen erreichten. Ich kann dir nicht die ganze Geschichte erzählen, weil ich nicht alles weiß. Aber es kann auch mit Tieren zu tun haben, z.B. Raben.

Anne: Gibt es auch Tattoos, die man sich verdienen muss? Wo man etwas erreichen muss, bevor man sie tragen darf?

Sebastian: Die Tattookünstlerin, die diese hier gemacht hat (zeigt auf seine Nasentattoos), sie hat mir erzählt, dass die Männer, die das meiste erreicht haben, diese Zeichen hier haben konnten. Vor allem das hier (zeigt auf eines der Nasentattoos). Ich erinnere mich nicht genau an die Details, aber man kann das online nachlesen. Es gibt keinen Weg, wie ich dir das erklären könnte und gleichzeitig klug wirken würde. Ich empfehle, das online nachzulesen, auf einer anständigen Webseite.

Anne: Es ist wahrscheinlich sehr kompliziert?

Sebastian: Es ist nicht unbedingt kompliziert, aber jedes Zeichen hat ihre eigene Geschichte. Ich bin stolz darauf, wer ich bin. Ich respektiere meine Vorfahren. Das sind meine Zeichen, das ist mein Respekt für meine Ahnen. Das sind meine Gründe. Einer davon.

Anne: Das waren meine Fragen. Danke für das Interview!

Josva: Vielen Dank, dass du das gemacht hast!


interview 20230228 sotd 04

Interview: Anne
Fotos: Nr. 1: Anne, Nr. 2: Tuka Allarneq Nielsen Lyberth, Nr. 3: Sanna Laksá

 

 

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