Judas Priest + The Dead Daisies (22.06.2022, Luxemburg)

judaspriest luxembourg2022Wahnsinn, ganze vier Jahre sind ins Land gezogen, seit ich JUDAS PRIEST zuletzt live bewundern konnte. Damals mit ihrem bockstarken “Firepower”-Album im Nacken steht der heutige Abend in der Rockhal unter dem Banner “50 Years Of Heavy Metal”. Ich bin gespannt, welche Songs die Band aus ihrer Karriere präsentieren wird.

 

 

 

 

 

 

 

THE DEAD DAISIES

Und das bin ich tatsächlich, denn ich habe mir bewusst keine Setlisten oder Reviews zur Tour durchgelesen, der Überraschungseffekt ist mir an diesem Abend einfach wichtiger. Doch zunächst entern THE DEAD DAISIES die Bühne, die ich in der aktuellen Besetzung bisher noch nicht live erleben konnte, dafür diese Woche gleich zweimal.

Die Abwesenheit von David Lowy verwundert mich zunächst etwas, wie ich im Nachgang erfahren muss, ist er leider noch erkrankt und wird von Yogi, einem Freund der Band, ersetzt. Der macht einen wahnsinnig guten Job, denn obwohl er gewiss kurzfristig mit der Band auf der Bühne steht und mit technischen Problemen zu kämpfen hat, zieht er das Set wie ein Profi durch und lässt sich nichts anmerken. Glenn Hughes sticht natürlich neben seinem famosen Bass-Spiel vor allem mit seiner Stimmakrobatik hervor, und Doug Aldrich ist seit jeher ein absoluter Gitarrenmeister. Daran hat sich auch 2022 nichts geändert.

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An den Drums sitzt inzwischen Brian Tichy, der ähnlich wie Doug große Erfolge mit WHITESNAKE verbuchen konnte, aber auch mit BILLY IDOL, FOREIGNER und OZZY OSBOURNE. Doch allein gute und bekannte Musiker stemmen natürlich keine gute Band, es ist letzten Endes das Zusammenspiel, und das war bei den THE DEAD DAISIES schon immer hervorragend. Das Album “Holy Ground” ist noch immer frisch und bekommt im Herbst bereits seinen Nachfolger. Die gespielten Nummern grooven ohne Ende und die Band erzeugt einen wahnsinnigen Druck in der Halle. Die passende Lichtstimmung bei den beiden DEEP PURPLE Nummern lassen zudem eine ganz besondere Atmosphäre aufkommen.

Die kurze Spielzeit als Vorband lässt sich für mich an diesem Abend leicht verschmerzen, da ich die Band nur einen Tag später als Headliner in Saarbrücken bewundern kann. Ein großartiger Beginn eines großartigen Konzertabends.

Setlist The Dead Daisies:
Long Way to Go
Unspoken
Rise Up
Dead and Gone
Bustle and Flow
Mistreated
My Fate
Leave Me Alone
Radiance
Burn

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JUDAS PRIEST

Selten war der Aufbau einer Bühne so interessant wie in diesem Fall. JUDAS PRIEST sind mir ihrer “50 Years Of Heavy Metal”-Tour unterwegs und machen keine Gefangenen. Wenn man sonst immer nachsagen konnte, dass die Band rein von ihrem Marketing und Artwork nicht immer so richtig abgestimmt war, stimmt an diesem Abend einfach alles. Die Bühne selbst atmet das “Black Country” und strotzt nur so vor Anspielungen auf Birmingham und die damalige Industrie. Ich habe selten ein so gut abgestimmtes Bühnenbild gesehen. Selbst die Stage-Hands sind mit passenden Overalls mit einem “Metal Works” Backpatch auf der Bühne und bereiten alles für die Metal Gods vor, die dann um 21:15 Uhr mit “Battle Hymn”, das als Intro Verwendung findet, unglaublich stark in ihr Set einsteigen.

Eine Nummer wie “One Shot At Glory” ist ein unerwartet guter Opener und es wird sofort deutlich, dass Rob Halford sehr gut bei Stimme ist. Wie sonst auch hat er zwar viele Effekte darüber, und zuweilen ist er auch mal etwas härter mit seinem Mikro unterwegs als man es sich als Fan wünschen würde, aber das passt alles und für einen Mann in seinem Alter erledigt er einen wirklich unfassbaren Job.

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Die noch junge Nummer “Lightning Strike” vom letzten Longplayer “Firepower” reiht sich nahtlos an, überzeugt live deutlich mehr und lässt das Publikum ordentlich nach vorne gehen. Die Stimmung steigert sich ins Unermessliche und JUDAS PRIEST lassen keine Pause zu und überraschen sehr früh im Set mit “You’ve Got Another Thing Coming”. Das Publikum dankt und huldigt der Band mit Mitsing-Parolen. Der Song hat einfach einen grandiosen Groove und hier kann man sich einfach nur bewegen und lauthals mitsingen.

Doch es geht noch mehr, denn die Band legt anschließend bereits “Freewheel Burning” vor, welches sonst auch eher am hinteren Ende des Sets zu finden ist. Neben dem Publikum hat auch die Band sichtlich Spaß dabei, Songs aus einer Karriere von nun 50 Jahren zu spielen. Richie Faulkner ist etwas zurückhaltender, was aber selbstverständlich daran liegt, dass er letztes Jahr dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen ist. Dennoch post er, was das Zeug hält und interagiert wie immer sehr gut mit dem Publikum. Andy Sneap, der als Produzent von “Firepower” den Platz von Glenn übernimmt, macht ebenfalls eine gute Figur.

Gerade bei den Dual-Lead Soli, von denen in der Setlist nicht gerade wenige vorkommen, sieht man deutlich, wie technisch geschult dieser Mann ist. Auch optisch fügt er sich fast nahtlos in das Bühnenbild ein. Ian Hill sorgt seit jeher leicht im Hintergrund für den passenden Groove, den ich an diesem Abend sogar das erste Mal bei einem Song deutlich und sehr laut vernehmen kann. Allerdings schien das eher ein Versehen. Und zuletzt sorgt natürlich auch Scott Travis an den Drums für den richtigen Beat, und auch er hat wieder einige Sprech-Beiträge und interagiert hervorragend mit dem Publikum.

Doch zurück zur wahnsinnigen Setlist, denn auf “Freewheel Burning” folgt der inzwischen zum Kult-Klassiker gewordenen “Turbo Lover”, der ebenfalls lauthals mitgesungen wird. Mit “Hell Patrol” geht es zurück ins Jahr 1990, und auch hier sitzt wirklich jeder Ton, und Halford legt eine wahnsinnige Performance hin. Das Dual-Lead Solo kommt auf den Punkt und treibt mir die Freudentränen in die Augen. Diese bleiben mir für “The Sentinel” noch weiter erhalten, einem meiner All-Time-Faves der Band, der auch an diesem Abend vom Publikum sehr gut aufgenommen wird.

 

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Nun positionieren sich Andy und Richie mittig in der Bühne und die Scheinwerfer sind ganz auf sie gerichtet. Jedem Priest-Jünger ist nun klar, wohin der Hammer fällt, die Band kehrt weit zu ihren Wurzeln zurück und präsentiert mit “Victim Of Changes” einen ihrer ältesten Songs. Das Gitarren-Intro ist legendär, und ich bin heilfroh, dass die Band die Nummer seit einigen Jahren noch mal im Programm hat. Auch das Publikum dankt und geht ordentlich bei dem stampfenden Beat mit, das Riff animiert einfach so sehr zum Headbangen, dass sich der Nacken fast nicht aufhalten lässt. Die kurze Pause gegen Ende und der Wiedereinstieg von Halford erzeugt mir derartige Gänsehaut, dass es regelrecht das T-Shirt vom Leib drückt.

Und es geht weiter mit altbewährtem “The Green Manalishi (With The Two Pronged Crown)”. Keine Verschnaufpause, auch wenn es etwas langsamer vonstatten geht. Etwas ruhiger und langsamer wird es anschließend mit dem nächsten, nicht eigenen, Song der Band “Diamonds And Rust”. Entgegen ihrer “Revolution”-Tour spielt die Band den Song aber nicht akustisch, sondern in der ursprünglichen Album-Version, und wie bei “The Green Manalishi” haben JUDAS PRIEST aus der einstigen JOAN BAEZ-Nummer etwas Eigenes erschaffen. Halford zeigt hier deutlich, was er gesanglich noch drauf hat - nicht dass er das nötig hätte und noch irgendwem beweisen müsste.

Scott Travis erkundigt sich nun beim Publikum, welchen Song sie hören möchten, wenn sie nur noch einen spielen würden? Ich muss gestehen, dass ich hier leicht zusammen zuckte, denn das Konzert war gerade mal bei 60 Minuten angelangt. Natürlich legt er nun mit dem legendären Drum-Intro von “Painkiller” los, und es gibt um mich herum im Publikum kein Halten mehr. Hier merkt man deutlich, was für einen Kult-Status der Song inzwischen genießt und auch “Hall-Ford” macht hier noch immer eine gute Figur.

Die Band verschwindet anschließend zum ersten Mal geschlossen von der Bühne, und ich bin etwas besorgt, dass wir nicht mehr allzu viele Songs bekommen werden. Diese Sorge ist vergessen, als zu den Klängen von “The Hellion” das JUDAS PRIEST Logo erleuchtet und die Band mit “Electric Eye” zurück auf die Bühne kommt. Wie sonst könnte man den zweiten Block eines Konzertes starten? Auf der Leinwand im Hintergrund lässt sich nun das digital gerenderte “Electric Eye” passend zum Songtext bewundern. Noch immer eine unglaublich gute Nummer, die live wahnsinnig viel hergibt.

Danach wird erst einmal abgedunkelt, und plötzlich vernimmt man den Sound, der bei keinem JUDAS PRIEST Konzert fehlen darf. Das Aufheulen einer Harley Davidson klang noch nie besser, so auch an diesem Abend, das natürlich den Klassiker “Hell Bent For Leather” einleitet. Den Abschluss bestreiten JUDAS PRIEST anschließend mit “Breaking The Law” und “Living After Midnight”, wobei Ersterer direkt an “Hell Bent For Leather” anschließt und nicht ewig von Rob mit dem Publikum eingestimmt wird. Ich persönlich hätte auf beide lieber verzichtet und lieber “Grinder” oder “The Rage” von “British Steel” im Set wiedergefunden, aber Hits sind eben Hits und ein gekonnter Konzert-Abschluss ist es allemal. Schade, dass das Set nach 85 Minuten beendet ist, bei einigen ihrer Skandinavien-Konzerte spielte die Band noch vier Songs mehr, doch das ist Meckern auf sehr hohem Niveau und man möge es ihnen wirklich nachsehen.

Da stehe ich nun also 2022 in der Rockhal in Luxemburg, noch einmal konnte ich JUDAS PRIEST bewundern ,und auf der großen LED-Leinwand im Hintergrund steht die freudige Meldung “The Priest Will Be Back!”. 50 Jahre sind JUDAS PRIEST im Geschäft, und keine Band hat mich derart geprägt wie diese. Mit “British Steel” öffneten sich für mich Welten, und ohne dieses Album hätte ich gewiss nie die Faszination für Musik entwickelt, die ich heute habe. JUDAS PRIEST sind auch im hohen Alter, mit zwei Austausch-Gitarristen und nur noch einem verbliebenen Gründungsmitglied, eine absolute Macht. Eine Macht, die ich einfach nicht missen möchte. Ob die Band wirklich wieder zurückkehren wird? Ich hoffe es sehr, denn ich kann live nicht genug von diesen Engländern bekommen.

Doch zuerst werden die Herren, auch wenn es im Grunde nicht wirklich aussagekräftig ist, in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen. Angeblich soll sogar K.K. Downing mit auftreten. Doch egal wie es kommen mag, und was die Zukunft auch bringen mag, JUDAS PRIEST haben Musikgeschichte geschrieben. So auch an diesem Abend in Luxemburg ein weiteres Mal “50 Years Of Heavy Metal” im wahrsten Sinne des Wortes, dabei sind JUDAS PRIEST so viel mehr als nur “Heavy” und “Metal”. (Pascal)

Setlist Judas Priest:

Battle Hymn
One Shot at Glory
Lightning Strike
You've Got Another Thing Comin'
Freewheel Burning
Turbo Lover
Hell Patrol
The Sentinel
Victim of Changes
The Green Manalishi (With the Two Prong Crown)
Diamonds & Rust
Painkiller

The Hellion
Electric Eye
Hell Bent for Leather
Breaking the Law
Living After Midnight

 

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 (Fotos: Alex)

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