Zeal & Ardor + Hangman's Chair (13.12.2018, Strasbourg)

vorbericht zealardorAm 11.12.2018 erschießt ein mutmaßlicher Attentäter in der Nähe des Straßburger Weihnachtsmarktes 5 Menschen und verletzt viele weitere. Am darauffolgenden Tag herrscht in Straßburg Trauer, der Weihnachtsmarkt bleibt geschlossen, alle Kulturveranstaltungen, darunter auch das Konzert von AUDREY HORNE in der Laiterie werden abgesagt. Der französische Künstler MÉDINE, der am Freitag in der Laiterie auftreten sollte, sagt von sich aus seinen Auftritt ab. Die Frage steht im Raum, ob das Konzert von ZEAL & ARDOR, das eigentlich am 13.12.2018 sein soll, überhaupt stattfinden wird. Am Donnerstagvormittag geben die Schweizer bekannt: Das Konzert wird stattfinden! Eine Absage würde bedeuten, dass man genau das tut, was die Terroristen wollen: Angst haben und unser Leben bzw. unsere Art zu leben ändern. Und das ist eine Meinung, der ich voll und ganz zustimmen kann. Keinen Schritt zurückweichen, dem Terror keinen Raum geben. Sich nicht in Angst versetzen lassen. Und just in den Minuten, in denen ZEAL & ARDOR die Bühne betreten, wird nur rund 2 km Luftlinie entfernt ein weiterer Mensch erschossen. Der mutmaßliche Attentäter wird von der Polizei getötet. Ironie?

 


HANGMAN’S CHAIR

Doch zunächst wird der Abend von der Vorband eröffnet, den Franzosen HANGMAN’S CHAIR. Von denen hatte ich bisher noch nichts gehört, habe es im Vorfeld auch nur geschafft, mir einen einzigen Song anzuhören, aber der gefiel mir schon mal. Ich bin also gespannt, was der Vierer live so zu bieten hat. Und da fällt zunächst einmal die Lightshow ins Auge. Im Nachhinein betrachtet hatten die Franzosen eine bessere Show als der Headliner, zumindest aus fotografischer Sicht. Immer wieder streifen ruhige, sphärische Lichtstrahlen über die Bühne und setzen die Musiker im Gegenlicht in Szene. Die setzen abgesehen von der Optik alleine auf die Musik um zum Zuschauer zu sprechen. Ansagen gibt es überhaupt keine. Die würden aber auch nur den Fluss stören. Die Songs gehen nahtlos ineinander über, meist wird überhaupt keine Pause zwischen den Stücken gemacht. Und auch das Publikum genießt und schweigt. Man bangt ruhig vor sich hin, alle paar Songs, wenn sich mal so etwas wie eine Pause andeutet, gibt es auch etwas Applaus – und am Schluss tosenden. Und das völlig verdient. Mit ihrem atmosphärischen Doom können HANGMAN’S CHAIR den Hörer tief hineinziehen in ihre Welt, schwerfällig wabert der Sound durch die Laterie. Die Band konzentriert sich auf ihre beiden letzten Alben „Banlieue Triste“ und „This Is Not Supposed To Be Positive“ sowie ihre Split mit GREENMACHINE. Anhand der Titel kann man sich ja schon ungefähr ausmalen, dass es sich hierbei nicht unbedingt um fröhliche Stücke handelt. Und damit konnte der Vierer nicht nur die offenbar vielen anwesenden Fans überzeugen, sondern auch ich werde diese Truppe in Zukunft mal genauer unter die Lupe nehmen. Denn mir gefällt, was HANGMAN’S CHAIR hier bieten. Ich hoffe, man bekommt die Band in Zukunft noch öfter zu sehen.

Setlist HANGMAN’S CHAIR:
Banlieue triste
Naive
Sleep juice
04/09/16
Give And Take
Dripping Low
Cut Up Kids
Full Ashtray

 

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ZEAL & ARDOR

Der Headliner lässt sich dann erst mal Zeit. Alleine der Soundcheck zieht sich ewig und obwohl die Umbauzeit schon reichlich bemessen war geht die Band erst gut 20 Minuten nach dem eigentlich angesetzten Beginn zu den Klängen von „Sacrilegum I“ auf die Bühne. Wie die Vorband hält man sich mit Ansagen sehr zurück, erst spät kommt die erste. Da hat man Manuel Gagneux auf Konzerten im deutschsprachigen Raum irgendwie gesprächiger erlebt. Und irgendwie will auch der Funke heute nicht so ganz überspringen. Oder zumindest dauert es ziemlich lang, bis wirklich Stimmung im Publikum entsteht. Und einen ersten (äußerst subjektiven) Kritikpunkt hätte ich schon hier: Während beim letzten Mal, als ich die Band gesehen habe, „Come On Down“ überhaupt nicht auf der Setlist stand, wird es dieses Mal schon als dritter Song gespielt. Was bedeutet, dass ich noch im Fotograben stehe und das Stück nicht wirklich genießen kann. Das fällt dann wohl unter persönliches Pech. Das Publikum taut derweil auf und in der zwar abgeteilten, aber dafür proppenvollen Laiterie ist kaum ein Durchkommen von der einen auf die andere Seite. Die ersten Stagediver sind unterwegs und gegen Ende des Auftritts gibt es sogar einen Moshpit. Und obwohl ZEAL & ARDOR fast das komplette neue Album „Stranger Fruit“ spielen und dazwischen auch nicht gerade wenige Songs des Debüts und auch bisher unveröffentlichte Stücke wie „We Never Fall“ einstreuen geht der Auftritt – nicht nur gefühlt – viel zu früh zu Ende. Zwar gibt es bei der Zugabe auch nochmal 3 Songs plus Intro – aber auch dann hat der Auftritt gerade mal rund 75 Minuten gedauert. Das ist mir einerseits für einen Headliner etwas zu kurz, andererseits hat die Band aber nun mal eben erst zwei Alben veröffentlicht und schlicht nicht mehr an Songs zu bieten. Zum krönenden Abschluss zündet bei den letzten Takten von „Baphomet“ noch ein Zuschauer eine Flitterkanone. Nun denn. Alles in allem hat der Aufritt der Schweizer wieder wirklich Spaß gemacht und es schön zu sehen, wie die Band immer mehr zu einer Einheit zusammenwächst und sich auf der Bühne immer sicherer präsentiert. Außerdem bin ich nach wie vor begeistert, wie perfekt die drei Sänger auf der Bühne aufeinander abgestimmt sind und man oftmals das Gefühl hat, es stünde wirklich ein ganzer Chor auf der Bühne. Allerdings hätte ich mir mehr Ansagen gewünscht. Erst gegen Ende gab es davon mehr. Und bei Sänger Denis Wagner bin ich mir nie so sicher, ob er jetzt Spaß oder einen epileptischen Anfall hat. Sein Stageacting wirkt doch meistens etwas arg übertrieben und gekünstelt. Das wären aber auch schon meine einzigen Kritikpunkte, denn grundsätzlich war das Konzert wieder einmal sehr genial (wobei ich die Band ja eigentlich noch nie schlecht erlebt habe). Da freut man sich schon richtig auf das nächste Mal. (Anne)

Setlist ZEAL & ARDOR:
Sacrilegium I
In Ashes
Servants
Come On Down
Blood in the River
Row Row
You Ain't Coming Back
We Never Fall
Waste
Fire of Motion
Ship on Fire
Stranger Fruit
Cut Me
Gravedigger's Chant
Children's Summon
Built on Ashes
We Can't Be Found
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Sacrilegium III
Don't You Dare
Devil Is Fine
Baphomet

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