Tarja + Stratovarius + Serpentyne (11.10.2018, Saarbrücken)

live 20181011 0001 tarjaAls „A Nordic Symphony“ wurde die Co-Headliner-Tour von STRATOVARIUS und TARJA TURUNEN angekündigt. TARJA fand ich beim letzten Mal, als ich sie gesehen habe, eher enttäuschend, aber STRATOVARIUS in Saarbrücken sind schon ein Grund, hinzugehen. Und soo schlimm ist TARJA ja auch nicht. Von daher war es nur eine kurze Überlegung, bevor feststand, dass wir da hingehen. Und das Medienecho war groß. So voll war es im Fotograben der Garage ja schon lange nicht mehr. Was unter Umständen aber auch an TARJAs „camera friendly“-Politik gelegen haben könnte, bei der die Sängerin das Mitbringen von Kameras, um ihre Show zu dokumentieren, ausdrücklich erlaubt. Doch dazu später nochmal mehr.

 

SERPENTYNE
Eröffnet wird der Abend von SERPENTYNE aus London. Und spätestens als Sängerin Maggiebeth Sand die Bühne betritt und loslegt, bin ich sprachlos. Holla die Waldfee! Was zur Hölle ist das? Und was passiert hier gerade? Und meinen die das wirklich ernst? Nehmen die sich selber ernst? Ja, offensichtlich. Und offensichtlich haben sie eine ganze Reihe Fans in die Garage gelockt, die nun in der ersten Reihe stehen und begeistert mitsingen. Und ich stehe dazwischen im Fotograben und vor lauter Fragen, die sich mir auftun, kann ich mich kaum aufs Fotografieren konzentrieren. Ist jetzt der Gesang aus der ersten Reihe oder der von der Bühne schlimmer? Ist mein Geschmack so verquer oder der der Fans in der ersten Reihe? Und wieder: Was passiert hier gerade? SERPENTYNE sind eine wilde Mischung aus Symphonic und Folk Metal und dazwischen tänzelt Maggiebeth Sand über die Bühne. Sie gibt sich redlich Mühe so zu wirken, als lebe sie die Musik (was sie wahrscheinlich sogar tut), wirkt dabei jedoch absolut übertrieben, aufgesetzt und künstlich. Und was die Rose an der Gitarre soll, habe ich auch nicht verstanden. SERPENTYNE wirken so, als sei die Bandgeschichte folgendes: Die Freundin eines Musikers möchte unbedingt auch eine Band haben, also sucht der sich ein paar Kumpels zusammen, die Instrumente halten können und ihm den Gefallen tun und dann macht man halt irgendwelche Musik, in der die Dame aufgeht. Und das Ergebnis ist dann eben relativ gruselig. Der Fairness halber muss ich sagen, dass ich nun mal auf YouTube etwas in die Band reingehört habe und sie auf Platte doch besser ist. Aber trotzdem nichts, was mich überzeugt. Da hätte ich dann lieber mehr Spielzeit für STRATOVARIUS und TARJA gehabt.

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STRATOVARIUS
Die immer fröhliche Truppe um Timo Kotipelto stürmt nach einer gefühlt ewigen Umbaupause endlich die Bühne. Die Begeisterung im Publikum ist groß und mit „Eagleheart“ startet man mit einem von vielen, vielen Hits der Bandgeschichte in den Abend. Leider ist der Sound – zumindest im Fotograben – so übel, dass man die Songs kaum erkennen kann. Auch Timo Kotipelto ist oft einfach gar nicht zu hören. Aber immerhin lernt man so mal das Bassspiel von Lauri Porra zu schätzen (und das meine ich jetzt ernst!). Denn das hört man mehr als deutlich. So kann ich dann auch „Oblivion“, den einzigen neuen Song, gar nicht wirklich würdigen. Allerdings ist der Sound weiter hinten, im Publikum, dann deutlich besser. Und nach „Shine In The Dark“ begibt man sich dann in ein Set von Klassikern, die zum Teil schon rund 20 Jahre auf dem Buckel haben (kamen die nicht grade erst raus? Kacke. Wir sind alt). Und dazwischen streut man immer mal wieder diverse Soli ein. Den Anfang macht Matias Kupiainen mit dem Gitarrensolo, bei dem er bald von Jens Johansson am Keyboard unterstützt wird und das dann nahtlos in „4000 Rainy Nights“ übergeht. Statt der Schnulzenballade hätte ich zwar lieber Songs wie „Kiss Of Judas“ gehört, aber sei’s drum, es ist eben einer ihrer beliebtesten Songs. Das anschließende Keyboardsolo geht natürlich in „Black Diamond“ über – wie sollte man diesen Song auch anders einleiten als mit einem Keyboardsolo? Und was fehlt nun noch? Richtig, das Drumsolo. Das gibt es vor der zweiten Ballade „Forever“, bei der Matias Kupiainen zur Akustikgitarre greift. Die er, so vermutet zumindest Timo Kotipelto, direkt aus Helsinki antransportiert, so lange wie er unterwegs ist. Da hat der gute Timo doch etwas Probleme, die Zeitspanne zu überbrücken. Dafür wird das Stück dann aber extra schön. Nach „Unbreakable“ ist der Auftritt etwas früh schon zu Ende. Aber dafür gibt es mit „Destiny“ eine extra lange Zugabe. Und obendrein noch „Hunting High And Low“, bei dem ich mich schon gefragt hatte, ob sie das nicht mehr spielen. Aber damit ist der Auftritt von STRATOVARIUS, die ich lieber als Headliner gesehen hätte, immer noch viel zu früh vorbei. Trotz leichter Schwächen beim Sound war der Auftritt der Finnen wieder mal allererste Sahne und hätte wirklich gerne noch länger sein dürfen.

Setlist STRATOVARIUS:
Eagleheart
Forever Free
Oblivion
Shine In The Dark
Paradise
4000 Rainy Nights
Black Diamond
Forever
Unbreakable
----------------------------
Destiny
Hunting High And Low

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TARJA
Doch erst mal finden wir uns wieder in einer ewigen Umbaupause und allmählich hat man das Gefühl, dass heute Abend mehr umgebaut als gespielt wird. Doch als TARJA endlich die Bühne betritt, da ward es auf einmal Licht. Während STRATOVARIUS und vor allem SERPENTYNE nahezu im Dunkeln spielten, hat TARJA auf einmal eine der besten Lichtshows, die die Anlage in der Garage so hergibt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Und ich will jetzt mal ein solcher Schelm sein, denn ich finde es eine Frechheit. Mal abgesehen davon, dass ich es generell gelinde gesagt scheiße finde, wenn Hauptbands den Vorbands nur eine verminderte, dunklere Lightshow zugestehen und mal abgesehen davon, dass man sich sicher streiten kann ob jetzt TARJA oder STRATOVARIUS mehr Publikum ziehen und wer hier besser hätte Headliner sein sollen: Die Tour wurde mit „A Nordic Symphony“ und als Co-Headliner-Tour beworben. Auf den Plakaten präsentieren sich Timo Kotipelto und Tarja Turunen, als Freunde, als Team. Dass dann einer der beiden Partner mit einer minderwertigen Lightshow abgespeist wird, während der andere das Nonplusultra bekommt – das ist schlicht und einfach nicht ok. Aber egal jetzt, weiter im Set. Ich stelle fest, dass ich mittlerweile fast gar nichts mehr von TARJA kenne. Allerdings finde ich das, was ich da höre, nach wie vor nett. Aber eben nur nett. TARJA ist eine fantastische Sängerin. Sie bräuchte nur mal einen Songwriter, der ihr auch Songs schreiben kann, die ihre Stimme so richtig zur Geltung bringen. So ist das zwar alles ganz schön – aber eben nicht großartig. Was an den Songs fehlt, das macht TARJA mit Professionalität wieder wett. Zigmal zieht sie sich im Laufe des Sets in Sekundenschnelle um (einschließlich Unterwäsche!) und taucht immer wieder mit anderen Outfits auf der Bühne auf. Außerdem ist sie natürlich nicht dumm und hat ihre Tour mal wieder als „camera friendly“ ausgerufen. Das klingt im ersten Moment natürlich total fanfreundlich (und ganz ehrlich – es ist cool und das sollten viel mehr Künstler so handhaben). Tatsächlich nutzt es ihr aber natürlich auch. Denn so landen statt schiefer, verwackelter Handyaufnahmen viele gute und hochwertige Fotos von ihr in den sozialen Netzwerken, wo sie fleißig geteilt und angesehen werden. Denn jeder sieht sich lieber scharfe Bilder als Pixelsalat an. Kostenlose Werbung von den Fans. So geht social media heute.

Setlist TARJA:
Demons in You
500 Letters
Little Lies
Undertaker
Deliverance
Calling from the Wild
Diva
Love to Hate
Innocence
I Walk Alone
Victim of Ritual
Until My Last Breath

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Insgesamt hinterlässt der Abend bei mir etwas zwiespältige Gefühle. Hatte ich Spaß? Ja, auf jeden Fall. Sowohl STRATOVARIUS als auch TARJA waren musikalisch gut drauf und alberten auch mal mit den Fans rum. Aber insgesamt waren die Spielzeiten bei beiden etwas kurz (und die Umbauzeiten zu lang) und ich hätte da lieber auf die erste Band verzichtet, wenn ich dafür mehr von den beiden anderen gehabt hätte. Und außerdem habe ich mich geärgert, dass TARJA als Hauptact ihren Vorbands keine anständige Lichtshow gönnt. Das ist einfach unhöflich und unnötig. Und Divengehabe. (Anne)

 

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