Dirge - Lost Empyrean

dirge lostempyreamVor vier Jahren erschien mit "Hyperion" der letzte Longplayer der Franzosen, die damals bei Debemur Morti eine neue musikalische Heimat fanden. Zweieinhalb Jahre soll der zurückliegende Songwritingprozess zusammen mit Produzent Raphael Bovey gedauert haben, der nun Früchte trägt. Als kleinen Appetithappen veröffentlichten DIRGE im letzten Jahr die Ambient-EP "Alma/Baltica". Hat sich die Arbeit daran auf den Sound von "Lost Empyrean" ausgewirkt oder geht es nach dem Zwischenspiel wieder auf altbekannten Wegen weiter?

Wobei ja im Falle dieser Formation der Begriff altbekannt definitiv fehl am Platze ist, viel zu sehr hat sie sich ihre eigene Welt geschaffen, in welche sie ihre Ideen und Emotionen projiziert. Doch jenen Kosmos haben sie auch nur selten verlassen und sich stets in ihrem Sumpf aus düsteren und schwermütigen Klängen gesuhlt. Die Wahrheit auf die eingangs gestellte Frage ist, dass man sich irgendwo dazwischen positioniert oder besser keinen der beiden Wege einschlägt.
Denn bereits die eröffnenden Riffs von "Wingless Multitude" verfügen über eine Heftigkeit und einen Druck, denn man so bisher nicht kannte. Plötzlich schiebt nach vorne, was sich bisher nur voran schleppte und wälzte, die metallische Stärke erwacht in späten Zeiten ihres Schaffens. Kann man diese Klänge noch irgendwo dem Doom zuordnen, so ist der Hörer geneigt jene Gitarren von "Hosea 8:7" fast im Thrash Metal zu verorten, zumindest für DIRGE-Verhältnisse.

Ein weiterer Einfluss, welcher derzeit die harte Szene umtreibt, findet ebenfalls Einzug auf "Lost Empyrean", Sludge schimmert immer mal wieder durch. Klar müssen Musiker auch nach neuen Ausdrucksformen suchen und die Post-Szene hat sich sicher in letzter Zeit in eine Sackgasse manövriert. So waren die ruhigen, fein gesponnenen Ansätze aus dem New Art Rock schon auf dem letzten Longplayer ein Ausweg daraus, der ja letzten Endes in die EP mündete. Und diese Ansätze finden sich auch hier immer wieder und lockern das Ganze auf, besonders wenn die sphärischen Klänge fiebrig daher kommen wie im Titelsong.

Die sich darin hinein steigernden Riffs zeigen auch die Stärke der Truppe auf, diese unendlich mäandernden Songs, die permanent neue Details in den Fokus rücken, ohne auch nur ansatzweise einen Bruch oder Tempowechsel einzuarbeiten. Im Opener öffnet sich das Eingangsthema auch sehr schön und macht allmählich Platz für ruhigere Leads. Erwähnenswert auch das akustische Picking im enorm verhallten "Algid Troy", welches streckenweise fast zum Stillstand kommt und sich gegen Ende hypnotisch steigert.
Vergleichbares bietet auch "A Sea Of Light", in dem dazu der typisch bellende Gesang sehr eruptiv hinein schneidet. Wie sich die beiden Gitarristen Stephane L. und Marc T. mit fiebrigen Leads und flächigen Riffs duellieren ist schon große Kunst, auch das an - und abschwellen lassen die Dynamik beherrschen sie. Das zelebrieren sie auch später in "Hosea 8:7", wenn sich die Drumfills in den Momenten aufbauen, in denen sich die Stimme zum verzweifelten Röcheln erhebt.

Noch sphärischer klingt die Scheibe mit dem rein instrumentalen "Sarracenia" aus, wobei hier auch immer wieder kurze Attacken geritten werden. Der Bass macht hier auf sich aufmerksam und bringt einen weiteren Hauch Sludge mit rein, selbiges gilt auch für "A Burden Of  Almost", dass ein wenig verschwommen wirkt. Bislang waren Dirge in Sachen Klang immer sehr präzise, ihre alles zermalmende Ströme trafen einen zielgenau, hier findet man nicht immer den Nerv des Zuhörers. Gerade weil man ab und an das Tempo anzieht kann man sich nicht mehr nur treiben lassen, sondern erwischt sich dabei, dass man auf etwas wartet.

Dabei war es diese völlige Verweigerung von Songstrukturen, welche zum fesselnden Erlebnis beitrug, hier sind auch die Stücke kürzer gehalten. Leicht konsumierbar war ihre Musik noch nie, sie forderte den Zuhörer, zog ihn herab, nun findet er keine Pausen sich zu erholen oder sich an diese Trostlosigkeit zu gewöhnen. Zum Glück kann sich der geneigte Fan aber immer noch genug an der Monotonie laben, um seine dunklen Gedanken zu füllen und sich dem Schmerz hinzu geben. Wie die Franzosen auf "Lost Empyrean" trotz dem Drehen an manchen Stellschrauben weiter ihrer Vision folgen ist einerseits beängstigend, andererseits aber auch beängstigend stark. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 56:54 min
Label: Debemur Morti Productions
Veröffentlichungstermin:14.12.2018

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden