Album Nummer 19 ist auf dem Weg. Kann man nach 35 Jahren immer noch einen nachschießen, ohne sich selbst dabei auszubooten? Kann der Wechsel an den Stöcken den Veteranen des Thrash Metal noch zu weiteren Erfolgen verhelfen? Wie fällt dieses Mal die Produktion aus? Viele Fans, aber auch Kritiker stehen in den Startlöchern, um „The Wings Of War“ nun endlich zerfleddern zu können. Aber mal ehrlich – wer macht sich schon ernsthaft Sorgen über einen Titanen wie OVERKILL?

Jegliche Zweifel, Sorgen und Bedenken sind auch direkt mit den ersten Klängen weg gesaugt. „Last Man Standing“ tritt direkt die Tür ein und überrennt einen mit 100% OVERKILL, wie man sie kennt und liebt. Blitz scheint besser bei Stimme als je zuvor und gibt sein gesamtes Spektrum wieder, das auch scheinbar noch ein paar weitere Nuancen gefunden hat. Die Gitarren sägen fein, DDs Bass knurrt und hölzelt wie gehabt, und Neuzugang Jason Bittner kann das, was er bereits auf der Tour zeigen konnte, hier nochmal eindrucksvoll unter Beweis stellen. Er ist nun mal ein verdammtes Talent, wenn er auch altersmäßig noch etwas drunter liegt, und passt verdammt gut in den Haufen aus Midfünfzigern.

Über OVERKILL braucht man ansonsten ja kaum noch Worte zu verlieren. Bobby Ellsworth ist ein verdammtes Stehaufmännchen, dem man die ganzen Rückschläge in seinem Leben kaum anmerkt. Auf der Bühne ist er die dominante Präsenz, der nicht nur mit seinem Organ jede Menge Pluspunkte sammelt, sondern auch mit seiner dargestellten Lebensart. Und genau dieses Lebensgefühl strahlt auch auf die Musik aus. Die Jungs haben Spaß daran, immer wieder neue Songs zu schreiben, quellen über vor Ideen, ihr Enthusiasmus für das Genre ist scheinbar grenzenlos. Da fallen die gesundheitlichen Aspekte auch nicht mehr so ins Gewicht. Aber Mr. Bulletproof hat auch seine Leute um sich, die ihm helfen, weiter auf dem richtigen Weg zu bleiben. Und das herzerfrischende Lachen ist ihm auch noch lange nicht vergangen.

„The Wings Of War“ strotzt nur so vor Energie. Keine Band im fortgeschrittenen Alter macht so wenige Anstalten aufhören zu wollen. Der Neuzugang Jason Bittner am Schlagzeug hat wohl auch etwas mehr zum Sturm geblasen, aber hier hört man eindeutig Teamarbeit. Jeder Song ist für sich ein Killer, mal schnell, mal im Midtempo angesiedelt, aber nie öde oder gar untypisch. Leider fehlt diesem Album diese Überballade mit Gänsehautgarantie, aber das schmälert den Hörgenuss nicht weiter. Dafür gibt es mit „Where Few Dare To Walk“ eine kleine Entschädigung, die mit schön-schauriger Atmosphäre aufwartet und mal etwas zarter mit den Flügeln schlägt.

Herausragend scheint bei den zehn Songs der Namensgeber der mehrteiligen Kurzdoku „Welcome To The Garden State“ über die Geschichte OVERKILLs zu sein.
Hierbei geht es um die Treue zu ihrer Heimat New Jersey, wobei schon eine gewisse Redneck-Attitüde nicht zu leugnen ist. Die Amis waren ja noch nie große Verfechter der demokratischen Parteien, aber damit soll auch schon das Kapitel Politik hier erledigt sein. Der Song hat jede Menge Hardcore und Punk intus und verleitet unweigerlich zum Mitgrölen, Ende der Geschichte.

Um diesen Gassenhauer scharen sich überwiegend flotte Nummern, die allerdings nie langweilig oder abgenutzt wirken. Auch 2019 schaffen es die vier „Winged Skulls“, ein Hammeralbum abzuliefern, das ganz klar ihrer Linie entspricht und dennoch viel Neues mit sich bringt, was sich spätestens nach einigen Durchläufen zeigt.
Letzten Endes entscheidet natürlich der Geschmack über Gefallen und Nicht-Gefallen, aber dabei darf man nie behaupten, OVERKILL gehen auf Nummer Sicher und reizen ihre Sache bis zum Letzten aus. Alleine dafür gehören sie schon lange auf einen Thron, aber auch das ist ihnen egal, ihnen scheint es nach wie vor Spaß zu machen, und das ist die Hauptsache. Pure Lebensfreude - Bad Shit Crazy! (Jochen)

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 51:07 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 22.02.2019

Bewertung:

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8 / 10

8 / 10

8,5 / 10

 7,5 / 10

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