Entera - The War Goes On

entera_thewargoeson_160pxFast jedes verdammte Review von ENTERA beginnt mit der Zeile: "Seit über zwanzig Jahren treiben ENTERA ihr Unwesen im metallischen Untergrund." Ja und? So wie viele andere Bands im Untergrund auch. Mal mehr oder weniger erfolgreich. Zeichnet das ENTERA jetzt besonders aus? Ja und nein, denn soviel Durchhaltevermögen halte selbst ich mehr als beachtlich, was wohl auch meine Ambivalenz der Band und der Platte gegenüber mehr als deutlich macht.

Dass ENTERA nicht in Vergessenheit geraten, dafür sorgt schon Bandkopf Carsten Lutter, den ich, nicht nur optisch, als den "Paul Speckmann" des deutschen Underground-Metal bezeichen möchte. Er selbst ist ein großer Metal-Fan, der weiß auf was beinharte Metal-Jünger so stehen. Deshalb hat er das neue Album "The War Goes On" mit einem sehr großen CD-ROM Bonus-Teil ausgestattet, auf dem man Bilder, Interviews und Musikvideos findet. Value for money eben. ENTERA ist schon 'ne Nummer im Underground-Metal Süddeutschlands. Ungefähr seit 1990 tummelt sich die ehemals aus Zweibrücken stammende Band in der Szene und hat seitdem ihre Spuren hinterlassen. Nach dem Neuanfang in Nürnberg im Jahr 2003/2004, musste Carsten sich erstmal wieder sammeln und neue Mitstreiter finden. Das Problem, das sich das Besetzungskarusell sehr schnell dreht, macht der Band, mit Carsten als einzige Konstante, doch sehr zu schaffen. So dauerte es fast vier Jahre bis zur Veröffentlichung von "Daily Terror" im Mai 2008. Es sollte noch einmal so lange bis zum neuen Album "The War Goes On" dauern. Wie Carsten im Interview mit "Stormbringer.at" verrät, begannen die Aufnahmen schon 2009, verzögerten sich jedoch durch Carstens Verletzung an der Hand und den krankheitsbedingten Ausfall von Gitarrist Jürgen, bis ins Jahr 2012.

Thrash ist eben Hochleistungssport. Das erklärt dann auch warum sich soundmäßig und musikalisch nicht viel getan hat, außer dass die Musik technischer und roher wurde. Wobei wir schon bei der eigentlichen Besprechung des Albums sind: Das Album hört sich überwiegend an, als wäre es in einem schalltoten Raum live eingetrümmert worden. Der Sound ist wie gehabt furztrocken und stellenweise rieselt jede Note der Dreimann-Kapelle aus den Boxen. Da es keine Soundexperimente gibt, weiß man recht schnell, was einen bei einem Gig der Band erwartet, nämlich auf die Zwölf!

Das Album startet mit "The Better Past", das wie ein Intro beginnt und leider sofort in Gerumpel mündet. Man wird quasi vom dem Gerumpel überrumpelt. Das stört mich seit Jahren bei vielen Bands im Underground, dass sie sich nicht von ihrem "Uff-Zack-Beat" lösen können und fast komplette Songs so bestreiten. Zum Glück gibt es bei ENTERA in dieser Hinsicht mehr zu entdecken, denn ich stoppe bei "Each Day". Dass dieser Song etwas besonderes hat, blieb auch der Band nicht verborgen, und so hat man kurzerhand ein Video dazu gemacht. Der Gesang hört sich in jedem Song zu gezwungen rau an. Die Gangshouts klingen, als wäre zufällig der Metalnachbar, der sonst nur "die Schwarze von METALLICA" hört, im Proberaum gewesen. Die Platte hat trotzdem ihren Charme, hat etwas Unverwechselbares, das ENTERA auch nach Jahren wiedererkennbar macht. Das Problem bei diesem Sound ist jedoch, dass die Thrash-Bands, die früher so geklungen hatten, es einfach nicht besser konnten. Sei es aus Geldmangel bei der Aufnahme oder mangelnden Fähigkeiten der Musiker. Warum wohl möchten viele Bands nicht mehr so klingen wie früher?

Was vielen Liedern fehlt ist vor allem Timing. Da passen die Instrumente nicht immer zu 100% aufeinander. Das ist meiner Meinung nach jedoch essentiell bei dieser Art Musik. Mir gefällt auch nicht, dass die Gitarre plötzlich, wie aus dem Nichts, zum Solo ansetzt und der Bass die Rhythmusgitarre ersetzt. Da entsteht dann plötzlich ein Loch im Sound, in dem dann der Bass dengelt. Eigentlich sollte hier doch wenigstens ein Gitarrenriff zu hören sein. Wahrscheinlich ist das aber live weitaus weniger schlimm, als jetzt beim Hören mit einem Kopfhörer oder über die HiFi-Anlage. Während einer Autofahrt war dieser Eindruck schon stark abgemildert. Aber nicht, dass hier jetzt ein falscher Eindruck entsteht, die Songs sind dennoch stellenweise ohrwurmtauglich und laden spätestens nach dem zweiten Durchlauf der Platte zum Mitgrölen und zum Circle-Pit ein. Das wird den einen oder anderen harten Knochen unter den Thrash-Fans da draußen sicher zu Tränen rühren. Textlich ist man bei sozialkritischen und zeitgeistigen Phänomenen geblieben. So beschreibt zum Beispiel der Text im Song "Mobile Pit" die Mode vieler Fans, auf jedem Konzert mit seinem Smartphone herumzustehen und mitzufilmen bzw. zu fotografieren. Ich sehe es einfach als neue Art der Anerkennung und anstatt es zu verteufeln, dass viele nur herumstehen, sollte man das einfach mit in die Show integrieren. Man kann ja wohl kaum die Fans bitten, die Handys an der Kasse abzugeben und am Ende des Gigs wieder abzuholen. Wir sind ja nicht in der Schule. Zu erwähnen bleibt noch, dass der Drummer, der auf dem Album zu hören ist, nicht bei den Livegigs diesen Winter mit von der Partie ist. Stattdessen trommelt überraschenderweise ein Metal-Fans sehr wohl bekannter Musiker: Ex-RUNNING WILD Drummer Iain Finlay, der auf "Death or Glory" zu hören ist.

ENTERA haben sich als Band von Fans für Fans etabliert und werden diesen Status wohl auch behalten, wenn sich nicht eine Plattenfirma findet, die die Band auf große Konzerttour schickt, um die Welt zu erobern. Musikalisch würde der technische Thrash-Metal locker zu den Old-Schoolern an der amerikanischen Ostküste passen und schwimmt auch gerade so in der wieder erstarkten Welle zum Old-School Thrash mit. Man könnte den Purismus, mit dem das Album hier zelebriert wird, als eine Art Reminiszenz an vergangene Zeiten begreifen oder clevere Weiterführung einer Tradition. Fast schon volkstümlich mit rebellischen Anklängen. (Andreas)


Bewertung: 6,5 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 44:15 min
Label: Eigenproduktion
Veröffentlichungstermin: 24.09.2012

Kontakt zur Band über www.entera.org

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