Wild At Heart - The Return Of Metal Ballads Vol. 1

wildarheartWer erinnert sich noch an die legendären "Metal Ballads"-Sampler, welche Ende der Achtziger in der Hochzeit des Hard´n´Heavy-Genres erschienen. Noch bevor es die Kuschelrock-Ausgaben gab, war die harte Szene mit regelmässigen Sammlungen die ihre softe Seite präsentiert am Start. Ich besitze davon immerhin die DVD, die Jahre später zusammen gestellt wurde und liebe diese als Zeitreise in die Achtziger abgöttisch.
Nun scheint es bei dem allgemeinen Erstarken der Retro- und Stadionrock wieder an der Zeit zu sein diese Geschichte neu aufzuwärmen. Dabei wird nicht wie früher gerne mal in den Archiven gekramt, sondern fast ausschließlich auf neues Material gesetzt. Davon scheint reichlich vorhanden, denn die Doppel-CD ist bis zum Rand gefüllt. Über den Sinn einer solchen Compilation lässt sich damals wie heute streiten. Zum einen will man sicherlich Publikum aus dem Mainstream ködern, zum anderen dem geneigten Metaller eine Platte geben, welche man in ruhigen Stunden (gerne auch zu zweit) geniessen kann. Dass der melodische Rock derzeit wieder so angesagt ist, liegt auch am steten Betreiben von Frontiers Records in den letzten Jahren. Anfangs belächelt schreiben sie mittlerweile eine riesige Erfolgsstory und haben solche Classicrock-Kaliber wie TOTO, JOURNEY, YES oder WHITESNAKE unter Vertag. Auch andere ehemals angesagte melodische Acts finden sich bei den Italienern wieder, weswegen die auch den Löwenanteil auf WILD AT HEART stellen. Die üblichen Business-Geschichten kennt man ja, nicht jedes Label rückte ihre Songs heraus, aber mit Nuclear Blast, AFM, EAR/Edel und SPV sind die relevantesten vertreten. Von den Majors gab es nur „SLY" vom letzten SCORPIONS-Longplayer, wobei hier immer für Qualität gesorgt ist.

Wenn man sich die Tracklist durchliest tauchen viele Namen auf, die vor zwanzig oder mehr Jahren ihre Hochphase hatten. Manche waren zwischenzeitlich aufgelöst (TESLA, MR. BIG), andere wie STRANGEWAYS oder die ehemalige Multiplatin-Chanteuse ROBIN BECK veröffentlichten weiterhin völlig unbeachtet Platten und tauchen erst jetzt wieder auf dem Radar auf. Aber auch aktuelle Acts wie EDGUY und Dauerbrenner wie U.D.O. oder DORO reihen sich munter mit ein.
Wie schon erwähnt konzentriert man sich auf die neuen Metal Ballads und fast alle Titel stammen aus dem jeweiligen aktuellen Album der Künstler. Die wenigen Ausnahmen stellen GIANT, JOURNEY oder PRIMAL FEAR dar, doch auch deren Songs stammen alle aus dem Jahrhundert. Großartige Specials gibt es nicht sieht man mal von der Akustik-Version, die BONFIRE von „I Need You" aufgenommen haben oder AXEL RUDI PELLs Interpretation von „Hallelujah" ab, welche nur auf seiner eigenen Balladensammlung veröffentlicht wurde.

Weitere Coverversionen kommen VINCE NEIL, der sich am CCR-Klassiker „Who Will Stop The Rain" versucht und von SCHEEPERS, der sich „Before The Dawn" vorgenommen hat. Dass hier die Melodie bereits beim Intro von der Leadgitarre vorweg genommen wird nimmt dieser völlig unterbewerteten- JUDAS PRIEST-Übernummer ein wenig die Spannung. Natürlich können die ganzen Lieder nicht an die Großtaten der Vergangenheit anknüpfen, aber das war nicht zu erwarten, die Zeiten kommen auch nie mehr.
Dennoch wird durch die Bank feiner Stoff geboten. Einzig TREAT oder NIGHT RANGER klingen ein bisschen zu kitschig und Bands wie JOHN WAITE oder WINGER liefern eher Dutzendware ab. Highlights sind sicherlich „After All These Years", wo es sich bei JOURNEY auszahlt das hitlastigere letzte Album auszuwählen. Dann erzeugt die raue Stimme die nur vom Piano getragen wird bei „Run To Your Mama" von HARDCORE SUPERSTAR richtig Gänsehaut. Und EUROPE schreiben mit dem bluesigen „New Love In Town" endlich wieder Hits, die sie in den Achtzigern vergoldet bekommen hätten.

Konzipiert hat das Ganze Uwe Lerch, der sich ja auch schon für die Kuschelrockreihe verantwortlich zeichnete. Ein Händchen für die richtigen Kompositionen hat der Mann sicherlich, auch wenn ihm das beste Hardrock-Album des vergangenen Jahres entging. Dabei bot „Broken Heart Syndrome" von VOODOO CIRCLE auch passendes Material. Solche kleinen Fehler sind noch zu entschuldigen, aber über das Cover müssen wir noch mal reden. Reifer wollte man werden, die Protagonisten darauf wirken höchstens betagt, wobei auch das Original nicht mit Peinlichkeiten geizte.
Bleibt nur noch die eingangs gestellte Frage wer das braucht, denn Compilations sind in Zeiten wo sich jeder seinen eigenen Sampler nach Belieben zusammen schustern kann so eine Sache. Und ob die Popularität heutzutage reicht um mit melodischen Rocksongs noch im Mainstreambereich etwas zu reißen muss auch bezweifelt werden, FOREIGNER und Konsorten setzen eher auf das Albumformat für die Fans. Und wenn ich persönlich etwas Ruhiges brauche, dann bevorzuge ich Blues, etwas Siebzigermäßiges, Artrock oder ähnliches, was aber letzten Endes Geschmackssache ist. Weniger Geschmackssache ist, dass das Teil hier absolut empfehlenswert ist, man bekommt eine ganze Reihe starker Songs. Bleibt abzuwarten ob unterm nächsten Weihnachtsbaum Vol. 2 liegt, denn es ist schön, dass es so was wieder gibt. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 34
Spielzeit: 158: min
Label: iMusic Records/Intergroove
Veröffentlichungstermin: 09.12.2011

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