Lunatic Soul - Through Shaded Woods

lunaticsoul throughshadedwoodsMittlerweile hat sich das Nebenprojekt von Mariusz Duda als eigenständiger Act etabliert. Nachdem er wieder länger mit RIVERSIDE mit Album und Tour beschäftigt war, ist nun sein zweites Standbein LUNATIC SOUL wieder an der Reihe. Die beiden letzten zusammengehörigen Alben behandelten ebenso den Tod seines Freundes und Gitarristen Pjotr Grudzinski wie das jüngste Werk seiner Hauptband. Doch die haben mittlerweile einen neuen Mann fest an den sechs Saiten engagiert, so dass es wieder Zeit ist nach vorne zu blicken. Oder vielleicht nach hinten und sich wie auf "Through Shaded Woods" mit dem kulturellen Erbe seiner Heimat zu beschäftigen.

So hat er sich nach dem übermäßigen Gebrauch von Elektronik auf dem Vorgänger komplett davon distanziert und einen viel erdigeren Ansatz gewählt. Dazu spielte er erstmals in seiner Karriere alle Instrumente selbst ein, was natürlich wieder eine hohe Introvertiertheit erwarten lässt. Dabei ist der Ansatz, der gewählt wurde ein wenig zugänglicher als alles was der Mann bisher gemacht hat, denn er selbst bezeichnet sein Werk als tanzbar. Zum Glück erwähnte ich ja schon die Abkehr von der Elektronik, sonst würden Fans womöglich plötzlich die Hinzunahme profaner Beats vermuten. Doch weit gefehlt, die Akustische steht in weiten Teilen im Vordergrund, vieles klingt sehr reduziert, streckenweise etwas trocken. Das liegt aber eben daran, dass es kaum untermalende Flächen oder Rhythmusinstrumente gibt, die Klampfe wird sehr percussiv eingesetzt.

Schon der Opener überrascht, hat er doch mit dem bisherigen Schaffen des Mannes fast nichts zu tun. Die Einflüsse aus slawischer Folklore sind offensichtlich und prägen nicht nur "Navvie". Ein paar folkloristische Instrumente schwingen im Unterton mit, doch die stromlose Gitarre gibt den Ton an und entführt einen tief in die Wälder seiner Heimat. Eine Text gibt es nicht, Duda singt nur ein paar Wortfetzen, die wie eine Beschwörungsformel klingen und etwas Schamanenhaftes zaubern. Da kommt einem natürlich ein Lagerfeuer bei urwüchsigen Völkern in den Sinn, wie man abends zu Stammesriten um die Flammen tanzte. So sehr er neues Terrain erforscht, ein wichtiges Element ist geblieben, denn die Nummer zieht einen in jenen hypnotischen Sog, der auch in vielen anderen Kompositionen des Ausnahmekünstlers zu verspüren ist.

In der Machart erscheinen auch die folgenden Stücke, wobei oft die Akustische von seinem typisch klimpernden Bass abgelöst wird. Allerdings sich diese, auch unter Zuhilfenahme von artikulierten Vocals, in jeweils andere Richtungen. "The Passage" nimmt an Dynamik und Intensität immer weiter zu, die Riffs schwellen an und gehen in der Mitte fast zu metallischen Staccato über. Dahingegen liefern die eher sanften Refrains im beschwingten Titelsong und "Oblivion" einen feinen Kontrast zu den entrückten Folkklängen, hier zeigt sich ansatzweise das atmosphärische Geschick des Meisters.
Bei den eher ruhigen Liedern kommt auch das Piano für die Harmonien zum Einsatz, was Erinnerungen an PORCUPINE TREE in ihrer Hochphase weckt. Dabei wendet sich der längste Track "Summoning Dance" in der Mitte erneut dem tanzbaren Folk zu, der sogar mal mittelalterlich klingen darf, nur um sich dann einem analogen Synthesizer zu bedienen. Die abschließende Ballade "The Fountain" setzt dann eher auf die Verwendung von etwas Streicherkitsch, was wieder neue Farben mit einbringt und von der betörenden Stimme Dudas lebt.

Doch "Through Shaded Woods" darf gerne noch in die Verlängerung gehen, denn die Bonus-CD ist ebenso interessant. In "Vyraj" kommt der typische Viersaiter-Klang viel prominenter zur Geltung, bevor die Nummer zum Ende hin auf verhallten Tönen wegschwebt und auch wieder etwas Elektronik ins Spiel bringt. Das kurze, knackige "Hylophobia" nimmt dann die metallischen Anwandlungen des Titelstücks wieder auf und treibt sie etwas weiter auf die Spitze, worüber sich die Synths austoben.
Und am Ende bekommen wir mit "Transition 2" eine der Collagen geliefert, die LUNATIC SOUL oder auch RIVERSIDE gerne mal im Bonusbereich gebracht haben. Da werden Themen des Albums ebenso verarbeitet wie weiter Ideen und Melodien. Da darf der Sequenzer ebenso ran wie ein Glockenspiel und Flöte, manches löst sich vielleicht etwas zu radikal ab wie das erhabene Outro die Folkpassage, aber die Entdeckungsreise lohnt. Auf Reise schickt uns Mariusz Duda auch mit seinem siebten Werk, in der er völlig neue Elemente gekonnt zu integrieren weiß, dennoch ein eher schwieriges Werk, auf das man sich einlassen muss. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 6 (CD1) / 3 (CD2)
Spielzeit: 39:50 min (CD1) / 36:37 min (CD2)
Label: KScope/Edel
Veröffentlichungstermin: 13.11.2020

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