Mai 2018 – NATHAN GRAY macht sich auf zu seiner zweiten Solo-Tour, dieses Mal in größeren Locations als noch im Februar, dafür aber umso schönere, so unter anderem die Ringkirche in Wiesbaden und die Dechenhöhle in Iserlohn. Diese beiden Konzerte wurden komplett aufgezeichnet und kommen nun als reine Audioaufnahme bzw. als Konzertfilm.

Beim Einlegen der ersten CD war ich auch direkt ein wenig verwundert ob der Anzahl der angezeigten Tracks – das Konzert in Wiesbaden durfte ich live miterleben und konnte mich nicht an 36 Songs erinnern. So fleißig der gute Herr Gray auch ist, aber so viele Songs hat er nun doch noch nicht. Wie sich herausstellt sind von den insgesamt 66 Tracks über die beiden CDs nur 35 tatsächliche Lieder – die restlichen allerdings doch durchaus auch hörenswert, denn in ihnen erzählt Nathan viel unter anderem über die Entstehungsgeschichte der Songs, seine Vergangenheit und Hintergründe. Einige der Geschichten sind sehr berührend, einige machen nachdenklich, so z.B. der Missbrauch, den er als Kind durch die Kirche erlebt hat und weshalb er heute der Organisation Kirche an sich, religionsunabhängig, eher skeptisch gegenüber steht. Wer Nathan Gray kennt – sei es nun über eine seiner Bands oder als Solokünstler – weiß, dass auch politische Themen nicht zu kurz kommen. Aber egal – die Stimmung ist sehr emotional, die Songs passen hervorragend und die Unterstützung durch den SISTERS OF MERCY Gitarristen Ben Christo und Cellistin Isabelle Klemt macht diese CDs zu einem wunderschönen Klangerlebnis. Und obwohl die beiden Konzerte eine annähernd gleiche Setlist haben, sind es doch beide wert gehört zu werden. Wiesbaden mit der großen Kirche, die dank der tollen Abmischung nicht hallt und Iserlohn, wo der intimere Klang der Höhle durchscheint.

Die beiden Aufnahmen ähneln sich durch die Setlist sehr, sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten doch wieder jede für sich ein Genuss. Auch Nathans Anekdoten und die Erzählung der äußerst persönlichen und stellenweise sehr intimen Hintergründe sind zwangsläufig natürlich inhaltlich gleich, berühren jedoch auf beiden Aufnahmen. Wer Feral Hymns kennt, weiß, dass die dargebotenen Songs, unterstützend durch die reduzierte instrumentale Begleitung, die nur aus Gitarre und Cello besteht, einen balladesken Charakter haben. Insbesondere Lieder, die man von anderen Projekten wie etwa BOYSETSFIRE kennt und die da doch ein wenig härter gespielt werden, z.B. „Across five years“ und „Walk Astray“ gewinnen wahnsinnig durch diese Art der Darstellung – obwohl die Originale nicht schlecht sind, nur eben anders. Andere wie etwa, „Fall from grace“ und „My life in the knife trade“, die ohnhin schon langsam sind, sind in dieser Version, bedingt durch das Abspecken der Instrumente, die andere Stimmlage Grays als auch durch die einzigartigen klanglichen Bedingungen, ebenfalls wahnsinnig schön. Ebenfalls ein absoluter Anspieltipp ist das Cover "Leap Year of Faith", im Original von RED TAPE PARADE und das einzige Cover einer Band, an der Gray nicht beteiligt war.

Insgesamt ist Live in Wiesbaden / Iserlohn auf jeden Fall eine Empfehlung, ebenso wie - wenn sich die Gelegenheit ergibt - an einem Konzert NATHAN GRAYs persönlich teilzunehmen.

Bewertung:

9 / 10

Anzahl der Songs: 19 + 16
Spielzeit: 1:51:17 h + 1:41:31 h
Label: End Hits Records
Veröffentlichungstermin: 08.02.2019