Damian Wilson und Adam Wakeman (05.04.2019, Venlo (NL))

vorbericht wilsonwakeman 01Konzerte mit Damian Wilson sind ja immer etwas Besonderes und meistens auch sehr familiär. Ist dann auch noch Adam Wakeman dabei, wird das Ganze noch besser. Nicht nur musikalisch, sondern auch, weil die beiden ein absolutes Dream Team sind und man bei ihren Konzerten auch sehr viel Zwischenmenschliches lernen kann (und man mit britischem Humor quasi überschüttet wird). Und Konzerte in Kirchen sind auch nochmal etwas Besonderes. Dafür kann man dann auch mal in die Niederlande fahren (in Deutschland spielen die beiden ja irgendwie nicht). Und so stehe ich dann eines schönen Frühlingssamstagabends vor der Sint-Joriskerk in Venlo, gemeinsam mit vielen anderen und warte auf Einlass. Der sollte eigentlich schon vor 30 Minuten begonnen haben, aber gut. Irgendwann kommt Damian um die Ecke und fragt, ob man uns nicht rein lässt. Schon jetzt warnt er uns vor, dass er krank ist, und dies zwar keine Auswirkungen auf die Show haben wird, er allerdings ungern Hände schüttelt, weil er niemanden anstecken möchte. Später steht er dann allerdings wieder am Einlass und begrüßt jeden Einzelnen und schüttelt auch die ein oder andere Hand. Die haben dann wohl Pech gehabt.

Ich habe ja schon Damian Wilson solo und auch Wilson & Wakeman in Uden in der Kruisherenkapel gesehen. Und wenn man die gewohnt ist, enttäuscht die Sint-Joriskerk im ersten Moment etwas. Dafür sitzt man hier aber noch in richtigen Kirchenbänken und die Kirche wird normalerweise auch noch für Gottesdienste genutzt. Deshalb darf man auch nur in einem bestimmten Bereich seine Getränke verzehren. Nach ewiger Wartezeit geht es rund eine Stunde später los, als es eigentlich auf dem Plan steht. Aber was soll’s. Dafür geht es jetzt mächtig zur Sache, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Für eine Kirche haben die beiden den passenden Opener gewählt und Damian schmettert „Bring Him Home“ von Claude-Michel Schönberg mit einer Stimmgewalt in den Kirchensaal, dass es von den Wänden widerhallt. Obwohl ich Damian jetzt schon wirklich oft gesehen habe muss ich sagen: Was für eine Stimme! Einfach unglaublich! Und wo wir gerade so schön bei Kirchen sind: Beim übernächsten Song, When I Leave This Land“, erwähnt Damian extra, dass er diesen geschrieben hat, als er auf einem Friedhof wohnte.

Überhaupt bleibt hier kein Stück unkommentiert. Am wenigsten wird noch zu „Part Of Me“ gesagt, aber dazu wurde auch gerade vor einigen Tagen ein 30minütiger Clip veröffentlicht, in dem der Song so ausführlich, wie man es sich nur wünschen kann, erklärt wird. Damit haben wir aber auch den eher traurigen, besinnlichen Part des Konzerts hinter uns gelassen und auch Damian und Adam sind angekommen und geben sich so richtig ihrem Lieblingshobby – Diskussionen auf der Bühne – hin. Adam setzt mehrfach an, Bob Dylans „Don’t Think Twice, It’s All Right“ zu spielen, aber Damian labert ihm einfach immer wieder rein. Irgendwann meint Adam nur noch: „Das ist lustig, eigentlich wollte ich jetzt einen Song spielen, aber offensichtlich wird das nix.“ Auch das hält Damian nicht davon ab, weiter Reden zu schwingen. Erst „Ich kann mich nicht erinnern, dass das ein Duett ist“ bringt den Sänger zum Schweigen. Und Damian sieht sein Fehlverhalten ein, verzieht sich nach Backstage und kommt mit einem Tee für Adam zurück. Was prompt zum nächsten ausschweifenden Gespräch über Adams Teetrinkgewohnheiten führt. „Es macht euch doch nichts aus, wenn wir uns hier unterhalten?“. Aber – es geschehen noch Zeichen und Wunder – die nächsten beiden Songs werden uns dann ohne außergewöhnliche Unterbrechungen präsentiert. Dafür kommt nun die große Unterbrechung, denn jetzt ist erst mal Pause angesagt. Zeit, etwas zu trinken, noch mal aufs Klo zu gehen und das ein oder andere Schwätzchen zu halten.

Und darum kümmert sich Damian Wilson auch gleich nach der Pause. „Wart ihr alle auf dem Klo? Hattet ihr alle einen Drink?“ sorgt er sich um uns. Adam kommentiert das nur mit „Du klingst wie ein Flugbegleiter!“ Und legt gleich nach, als er den folgenden Song mit den Worten „Damals, 1964, als ich nur ein Gedanke im linken Ei meines Vaters war...“ und weiter kommt er nicht, weil die Hälfte der Besucher vor Lachen am Boden liegt. So kann man auch mit wenig Sachen kleine Kinder glücklich machen... Bei „Discible“ schafft man es zur Abwechslung, mal ohne viele Worte auszukommen, aber schon zum nächsten Stück liefert Adam wieder eine umfassende Historie. Als sie „Catch YOu When You Fall“ in Oxford gespielt haben, holten sie Adams drei Kinder (er wohnt in Oxford) auf die Bühne, weil diese das Stück so lieben und deshalb den Backgroundchor sangen. Da er seine Kinder aber nicht mit auf Tour nehmen kann, muss heute Damian einspringen und seine 3 Kinder mimen. „Was seltsam ist, denn es fühlt sich an, als wäre er mein Kind“ spielt er auf die hohe Betreuungsintensität, die der quirlige Sänger verursacht, an. Was gleich zur nächsten Geschichte führt, denn Adam musste einst verwundert feststellen, dass Damian nicht nur in sein Haus eingebrochen ist und sich in die Küche gesetzt hat (was er grundsätzlich in Ordnung findet), sondern dass auch seine beiden Wachhunde nicht angeschlagen haben. Je mehr Konzerte von Damian ich besuche, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass es gut war, dass dem einer ein Instrument in die Hand gedrückt hat. Er hätte auch ein erfolgreicher Einbrecher werden können. Jetzt sind die beiden aber erst so richtig in Fahrt gekommen und während Damian uns alle zu seinem 50. Geburtstag einlädt fällt ihm auf einmal ein, dass im Publikum ein Mann sitzt, der seinen Namen tätowiert hat. Während Damian noch darüber sinniert, dass es schon irgendwie komisch ist, dass sich nur wenige Frauen, aber relativ viele „richtig männliche Männer“ seinen Namen tätowieren lassen kommt ihm die Idee, dass er sich ja anlässlich seines Geburtstags die Namen von allen, die seinen Namen auf der Haut tragen, auf seinen Körper tätowieren lassen könnte. Adam hält das für eine total gute Idee und bietet sich spontan als ausführender Tätowierer an – live auf der Bühne.

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Wenn so viel geredet wird, dann dauert es natürlich etwas länger. Und gerade als Damian „Don’t People Come And Go“ anstimmt, steht ein junger Mann auf und steuert das Klo an. Das kann Damian nur gar verstehen. „Tschuldigung, aber ich muss ganz dringend!“ Das stimmt wohl milde. „Ja, geh nur. Aber beeil dich!“ „Klar! Ihr wartet ja, oder?“ „Klar!“ Also warten wir, bis Paul, dessen Name wir so auch erfahren, auf dem Klo fertig ist. So ist das eben, wenn die Künstler das halbe Publikum persönlich kennen. Und während wir warten, lassen sich Damian und Adam über angeblich auf ihren Konzerten stattfindende Teeroutinen und spontane Teegelage aus und erörtern die Frage, warum es auf den niederländischen Männertoiletten eigentlich nie Seife gibt. Die Antwort liefert der zurückgekehrte Paul: „Wir pinkeln uns nicht über die Finger!“. Als nächstes hören wir dann die alkoholschwangere Traumaverarbeitung Adam Wakemans, die dieser auf einer BLACK SABBATH-Tour entwickelte, da er dort ja bekanntermaßen nicht mit auf die Bühne darf, sondern unsichtbar spielen muss (ich sollte ihm mal von der Evolution des GRAVE DIGGER-Keyboarders erzählen und diverser dahinter steckender Theorien... hm...): Eine wunderbare jazzige Pianoversion des SABBATH-Klassikers „Iron Man“.

Und dann, dann wollen uns die beiden schon verlassen. „The Sun Will Dance In Its Twilight Hour“, der Titelsong des letzten gemeinsamen Albums markiert den Schluss des Auftritts. Aber es ist ja klar, dass wir die beiden nicht einfach so ziehen lassen. Als Zugabe gibt es das Charlie-Rich-Cover „Feel Like Going Home“. Damit ist dieser schöne Abend eigentlich viel zu früh zu Ende. Den beiden könnte man einfach stundenlang zuhören. Und zwar nicht nur musikalisch, auch ihre ständigen Diskussionen auf der Bühne sind einfach immer großartig. Überhaupt scheint das Set heute etwas kurz geraten zu sein, aber das ist vielleicht auch Damians Krankheit geschuldet. Und dass Songs wie „Homegrown“, „Laugh In Time“ oder „On THis Battlefield“ nicht gespielt wurden ist schon schade. Aber man kann ja nicht alles haben. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf das nächste Konzert der beiden. Und hoffe inständig, dass sie es doch irgendwann mal nach Deutschland schaffen. (Anne)


Setlist Wilson & Wakeman:
Bring Him Home (Claude-Michel Schönberg)
Seek For Adventure
When I Leave This Land
Part Of Me
Don’t Think Twice, It’s All Right (Bob Dylan)
I Won’t Blame Life
The Big Day (Headspace)
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Life On Mars? (David Bowie)
Discible
Catch You When You Fall
People Come And Go
Written In Anger
Iron Man (Black Sabbath)
The Sun Will Dance In Its Twilight Hour
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Feel Like Going Home (Charlie Rich)

 

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