Amorphis + Soilwork + Jinjer (14.02.2019, Saarbrücken)

live 20190214 0001Der 14. Februar 2019. Valentinstag. Allenthalben schweben Paare auf Wolke Sieben, stellen Blumenläden, Restaurants und der Pralinenfachhandel Umsatzrekorde auf, der Einzelhandel hat komplett auf rosa Herzchen umgestellt, kurz – es ist zum Kotzen. Aber einen Ort gibt es, wo man sich nicht auf kitschige Weise seine Liebe beweisen muss – in der Saarbrücker Garage geht es schwermetallisch zu, mit AMORPHIS und SOILWORK hat man ein leckeres Package eingeladen. Unterstützt werden diese beiden Truppen noch von JINJER und NAILED TO OBSURITY. Und das finde ich gar nicht mal so gut, denn vier Bands an einem Abend, noch dazu unter der Woche ist einfach etwas viel. So fängt auch dieses Mal das Konzert schon um 17:45 an, was für so manch einen bedeutet, dass man ganz schön hetzen muss, um von der Arbeit rechtzeitig vor Ort zu sein oder dass man eben die erste Band verpasst. Was mit ein Grund dafür ist, dass ich diese vollgepackten Packages mittlerweile gar nicht mehr mag.

NAILED TO OSBCURITY
Umso erstaunter bin ich, wie viele Leute sich doch schon während NAILED TO OBSCURITY in der Garage eingefunden haben. Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber absolut gerechtfertigt, denn ansonsten hätte man ja die Opener verpasst. Und die sind überraschend gut. Mit einem kurzen Drumsolo leiten sie pünktlich auf die Minute den Auftritt ein – sowas erlebt man nicht allzu oft (also das Drumsolo, bevor hier noch ein Schelm auf dumme Gedanken kommt). Ich muss ja gestehen, dass die Band bisher ziemlich an mir vorbeigegangen ist, obwohl mir der Name schon öfter über den Weg gelaufen ist. Auf jeden Fall bin ich positiv überrascht. Der etwas schleppende, leicht doomig angehauchte Melodic Death der Ostfriesen hat was. Und dann kommt die Truppe auch noch ziemlich sympathisch rüber, Sänger Raimund Ennenga sagt fast jeden Song an und interagiert mit dem Publikum. Zum Schluss bedankt man sich dann noch, dass schon so viele so früh erschienen sind. Gerne doch!

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JINJER
JINJER! Endlich einmal JINJER! Ich habe es ja bisher mit großem Geschick geschafft, die Band bereits zweimal zu verpassen. Heute ist es dann endlich so weit, dass ich mir mein eigenes Bild machen kann. Die Ukrainer spalten ja die Gemüter. Die einen lieben sie, die anderen finden sie total gruselig. Und auch in Saarbrücken teilen sich die Geister. Einige verlassen die Halle und halten sich während des Auftritts lieber im Vorraum oder vor der Tür auf. Aber der Großteil bleibt dann doch und von denen sind viele auch begeistert. Die Band jedenfalls kann massig Applaus einheimsen. Und ich muss sagen: Ja, der Sound ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber gerade die Mischung aus fast schon lieblichem weiblichem Gesang und Growls hat was. Auch wenn die Band rein musikalisch eher nicht so mein Fall ist. Metalcore ist und war einfach noch nie mein Ding. Dafür ist das Meeresrauschen, das immer zwischen den einzelnen Songs eingespielt wird, sehr beruhigend. Insgesamt können aber auch JINJER überzeugen, legen ein cooles Stageacting hin und sind einfach mal was anderes, auch wenn ich wohl eher kein Fan werde.

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SOILWORK
Jetzt kommt eine der Bands, auf die ich mich am meisten bei diesem Package freue. Oder doch nicht? Als ich SOILWORK vor ein paar Jahren zum letzten Mal gesehen habe, konnten sie mich so gar nicht überzeugen. Richtiggehend enttäuschend waren sie damals. Ob das jetzt besser wird? Beim neuen Album bin ich mir auch noch nicht so sicher, wie ich das finden soll. Klingt irgendwie, als hätte Björn Strid zu viel Zeit mit THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA verbracht und könnte nun nicht mehr so recht zwischen beiden Bands unterscheiden. Aber schlecht ist das jetzt auch nicht unbedingt. Die Band steigt auch gleich mit „Arrival“ vom neuen Album „Verkligheten“ ein. Und der Song ist live so gut wie auf Platte – wäre da nicht mal wieder der absolut üble Garagensound. Auch Strid liegt bei den ersten Zeilen stimmlich ziemlich daneben – es klingt als würde er sich selbst nicht hören. Das gibt sich jedoch ziemlich schnell. Der miese Sound aber bleibt. Und kann einem das ganze Konzert madig machen. Es kann doch so schwer nicht sein. Nichtsdestotrotz ist die Band bestens aufgelegt, Björn Strid spart nicht an Ansagen und übersetzt den Titel des neuen Albums sogar ins Deutsche. In der Setlist steht natürlich das neue Album an erster Stelle, aber man geht auch ganz schön weit zurück in der Zeit und spielt gleich zwei Songs vom 2001er Album „A Predator’s Portrait“. Für mich persönlich etwas enttäuschend ist, dass es keinen einzigen Song von „Figure Number Five“ gibt, das immer noch mein Lieblingsalbum der Schweden ist. Aber man kann ja nicht alles haben. Denn immerhin haben SOILWORK mit diesem Auftritt mein verlorenes Vertrauen wieder hergestellt, dieser Auftritt war – abgesehen vom Sound – wirklich gelungen und jetzt würde ich sie mir gerne wieder ansehen.

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Setlist SOILWORK:
Arrival
The Crestfallen
Nerve
Full Moon Shoals
Death in General
Like the Average Stalker
The Akuma Afterglow
Drowning With Silence
The Phantom
The Nurturing Glance
Bastard Chain
The Ride Majestic
The Living Infinite II
Witan
Stabbing the Drama
Stålfågel

AMORPHIS
Bei AMORPHIS fangen die Probleme schon vor dem eigentlichen Auftritt an, denn es zeigt sich, dass die Bühne der Garage etwas klein für die Bühnenausstattung der Finnen ist. Beim Backdrop hängt der Bandname gerade einmal knapp über der Bühne, die beiden riesigen Thorshämmer, die man rechts und links montierte, baut man schließlich doch wieder ab. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass die Finnen für mich persönlich dann aber doch das Highlight des Abends sind. Obwohl auch die mit dem Sound zu kämpfen haben. Schon beim Opener „The Bee“ gibt es einen soundtechnischen Aussetzer, der aber zum Glück der einzige ist. Dafür ist Sänger Tomi Joutsen meistens viel zu laut abgemischt, während man dafür dann aber nur einen Gitarristen hören kann. Das wird zwar im Laufe des Auftritts etwas besser, aber gut ist es eigentlich nie. Das trübt den Konzertgenuss dann schon. Wie schon SOILWORK, so setzen auch AMORPHIS ihren Schwerpunkt auf das neue Album. Und auch da muss ich sagen: Es ist ja nicht schlecht, aber irgendwie hat man alle Songs auf diesem Album auch schon auf den vier Alben davor gehört. Aber auch AMORPHIS lassen sich nicht lumpen und packen mit „Black Winter Day“ einen richtig alten Schinken aus. Allerdings dürfte von den alten Fans kaum jemand vor Ort sein, den meisten sind die Finnen heutzutage zu weichgespült. Aber mir gefallen sie so ehrlich gesagt besser. Es dürfte nur gerne etwas abwechslungsreicher sein. Aprospos Abwechslung: Was ist mit Tomi Joutsens stylischem Mikroständer passiert? Wurde der versehentlich vom Altmetallhändler entwendet? Ihn mit einem normalen Mikro, angebracht an einem normalen Mikroständer singen zu sehen ist irgendwie… befremdlich. Wie auch immer, bei „Message In The Amber“ stellt der Soundmensch anscheinend fest, dass es bei AMORPHIS auch einen Keyboarder gibt. Und das sollen auch alle hören! Hölle, muss man das Keyboard so in den Vordergrund mischen? Zum Glück beruhigt sich der Mensch bei „Silver Bride“ wieder, so dass man diesen Song wenigstens ein bißchen genießen kann. Kurz vor 23:00 Uhr ist der Auftritt dann zu Ende, aber wie wir alle wissen, gehen AMORPHIS nicht, ohne „House Of Sleep“ gespielt zu haben, es ist also klar, dass noch eine Zugabe kommt. Wie so vieles klar war an diesem Auftritt. AMORPHIS haben sich mittlerweile in gewisser Weise festgefahren, es gibt einen bestimmten Fundus an Songs, die einfach gespielt werden müssen, dazu kommen die Songs des jeweils neuen Albums, bei vier tourenden Bands entsprechend kurze Spielzeiten – da bleibt wenige Raum für Innovationen. Nichtsdestotrotz war es ein guter Auftritt, leider getrübt durch den furchtbaren Sound, bei dem fast alle Instrumente mal viel zu weit im Vordergrund spielen durften, während man andere gar nicht hörte. Das nimmt einem doch ziemlich die Freude am Konzert. Und so wird dieser Abend sicher nicht zu meinen Konzerten des Jahres zählen, auch wenn die Bands an sich alle nicht schlecht waren. (Anne)

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Setlist AMORPHIS:
The Bee
The Golden Elk
Sky Is Mine
Sacrifice
Message in the Amber
Silver Bride
Bad Blood
Wrong Direction
Daughter of Hate
Heart of the Giant
Hopeless Days
Black Winter Day
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Death of a King
House of Sleep

 

Fotos: Klaus

 

 

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