Disillusion - Gloria

Lange hab ich es vor mir her geschoben, diese CD zu reviewen. Zu verstörend und unvorhersehbar und allem voran überraschend hat mich „Goria“ getroffen. Und auch nach zigmaligem intensiven Hören komme ich zu keinem einfachen Resultat. Eins ist aber klar, glasklar, DISILLUSION sind tot, es leben DISILLUSION!
Vergesst alles, was ihr von der Band bisher gehört habt und was ihr mit der Band verbindet, es ist weg! Radikal ausradiert und nicht mehr wieder zu finden. DISILLUSION haben auf ihrem zweiten Full Lenght Album eine Kurskorrektur vorgenommen, wie sie kaum seltsamer und härter sein könnte. Der sehr progressiven Death Metal mit plus 10min Songs ist einem Sound gewichen, der mit keinen Worten zu beschrieben ist. Verstörend in hohem Maße, immer noch irgendwie Metal, aber vermischt mit Einflüssen, deren Ursprung vollkommen unklar sind.

Der Opener „The black sea“ bietet harten Groove in einer Mixtur aus seltsamen Geräuschen und einem Schlagzeug, dass eher an Beats erinnert. Zusätzlich wird der Vokal Effekt, den man am ehesten von CHER (!!!) kennt, nicht wenige Zuhörer die Nase rümpfen lassen.
„Dread it“ wartet auf mit dominierenden Soundteppichen im Refrain, eingepackt durch vertrackte Rhythmen einer verzerrten Gitarre. Mehr als unterschiedlich zum Opener. Was jetzt schon auffällt sind die grandiosen Refrains, die den Hörer emotional so fest an den Eiern packen, dass einem angst und bange wird.

„Don’t go any further“ könnte in einigen Teilen durchaus auf dem Vorgängeralbum stehen, metallischer Groove und ein sich wiederholender Chorus, der im Vers von einer verzerrten, gesprochenen, fast schon stammelnden Stimme umhüllt wird. Was aufs erste Hören nicht gleich auffällt sind die untermalenden Klassikanteile, die perfekt in den Sound eingebaut sind und somit die Theatralik in ihrer Vehemenz unterstreichen. < br> „Avalanche“ breitet sich wie eine Flutwelle über ein Fischerdorf im Kopf aus, nur um im nächsten Moment so ruhig und gemächlich dahin zu plätschern bis der majestätische Refrain die Spitze des Songs erreicht. Das nach melodischem Death Metal klingende Anfangsriff führt nur in die Irre und sagt nichts über den Song aus.
Der Titelsong drückt mit dem melodramatischen Chor und dem ergreifenden Refrain so sehr auf die Seele, dass man sich kaum traut, sich wieder aufzurichten. Die vereinzelten Trompeten und der Trip Hop Beat mildern den Schmerz für kurze Zeit, bevor ein weiterer Klangteppich den Rest aus einem heraus saugt. WOW!

Und das ist noch nicht einmal die Hälfte des Albums. „Aerophobic“ ist ein Instrumental, bei dem man sich irgendwie verfolgt fühlt. Hetzende Beats lassen das Herz pochen und man schaut sich immer wieder um, ob man auch alleine im Raum ist.
„The hole we are in“ erscheint auch erst als Instrumental mit vielen verschiedenen Fassetten, inklusive eine ganz kleine Reise in die Vergangenheit und einem packenden Death Metal Riff. Später dürfen alte Fans auch die einzigen wirklich harten Vocals der Platte genießen. Der Groove ist hart genug, wird aber immer wieder unterbrochen von Samples, die mal unpassend oder perfekt platziert klingen, aber ihre Wirkung nicht verfehlen. Verstörend!
„Save the past“ birgt eine der ganz großen Melodien des Albums. Der Song zieht sich, auf den Refrain hinarbeitend, der kurz und schmerzvoll mit einer beängstigenden Ruhe den Brustinhalt zusammenquetscht.
„Lava“ wird von einem stark verzerrten Bass dominiert, um sich später wie ein schwarzer Fluss durch kaltes Lavagestein zu schlängeln, zäh fließend. Ein weiteres Instrumental.
Einfacher und eingängiger als die Tracks zuvor klingt „Too many broken cease fires“, nicht minder seelisch zerstörend mit einem weiteren eingängigen, Kraftraubendem Refrain. Vielleicht hört man hier sogar die meisten verzerrten Gitarren des ganzen Albums. Die dominierende Rolle im Sound haben sie bei „Gloria“ verloren.
Den Abschluss macht „Untiefen“, das tropfend dem Hörer langsam aber bestimmt den letzten Rest Freude und Lebenswillen aus den Adern saugt. Auf schmerzvolle und doch wunderschöne Art und Weise. Melodramatisch und melodisch, allem voran melancholisch. „This is not some stupid quest…“, nein, diese Reise ist alles andere als dumm…

… sie ist dramatisch und unabdingbar notwendig. Traurig und niederschmetternd aber trotzdem wird man überleben. Ein Drama.
Drama, das ist wohl der beste Ausdruck, um „Gloria“ zu beschrieben. Dramatisch, verstörend (ja, schon wieder) und in keinster Weise voraussehbar. Und anstrengend, sehr anstrengend, eben wegen den genannten Attributen. Anstrengend, aber in jeder Sekunde faszinierend. Diese Scheibe braucht keine 5 Durchläufe, diese Scheibe braucht so viele Läufe, wie sie eben braucht! Irgendwann wird sie zünden, auf die ein oder andere Weise. Sie wird faszinieren, verängstigen und gleichsam glücklich machen. Bei mir ist es genau der jetzige Durchlauf in diesem Moment, das intensive Hören und vor allem das Auseinandersetzen mit dieser zähen, schweren, fordernden Materie, die mich schlussendlich überzeugt!
Vergesst einfach, was DISILLUSION einmal bedeutete und lasst euch mit freiem Kopf auf dieses Abenteuer ein, diese neue Klangwelt, die man in der Form zuvor noch nie erlebt hat. Ein einzigartiges Gefühl, das hier kreiert wird, absolut einzigartig und unfassbar. (Bernie)

Bewertung: 9,5/ 10

Anzahl der Songs: 711
Spielzeit: 51:14 min
Label: Metal Blade Records
Veröffentlichungstermin: 20.10.2006
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