ALCATRAZZ legt mit „V“ am 15. Oktober 2021 ihr fünftes Studioalbum seit dem Gründungsjahr der „Supergroup“ im Jahre 1983 vor. „V“ wird über Silver Lining Music vertrieben.

Relativ überraschend wird auf dem Werk allerdings der Sänger und Mitbegründer von ALCATRAZZ, Graham Bonnet (u.a. RAINBOW, MICHAEL SCHENKER GROUP), wegen nicht ganz ersichtlicher Querelen durch Doogie White (u.a. RAINBOW, MICHAEL SCHENKER, YNGWIE MALMSTEEN, DEMON`S EYE) ersetzt, obwohl das 2020 erschienene Comeback-Album nach dem Vorgänger „Dangerous Games“ aus dem Jahr 1986, sehr gut ankam und auf großartige Weise eine Brücke zwischen altehrwürdigem Heavy Metal und moderner Rockmusik schlug. Graham Bonnet kündigte unterdessen völlig relaxed an, selbst eine neue Version von ALCATRAZZ zu gründen und auf Tour zu gehen.

Dabei sieht er die Tatsache als völlig unproblematisch an, dass zwei Bands unter demselben Namen existieren. Seinen Nachfolger Doogie White bezeichnete Bonnet als guten Freund und tollen Sänger. Zum unerwarteten Wechsel des Gesangsparts schrieb die Band: „Es freut uns sehr, bekannt geben zu können, dass unser guter Freund Doogie White bei all unseren Terminen in 2021 bei uns singen wird. Wir sind alle große Fans von Doogies Stimme sowie der Musik, die er geschaffen hat.“

Jedenfalls gesellen sich zu den Gründungsmitgliedern Gary Shea (Bass) und Jimmy Waldo (Keyboards), Mark Benquechea an den Drums und der charismatische Gitarrenvirtuose Joe Stump (EXORCISM, RAVEN LORD, HOLY HELL), der den Platz seiner weltberühmten Vorgänger bei ALCATRAZZ, Yngwie Malmsteen und Steve Vai, bestens ausfüllt. Beide waren bereits auf dem letzten Studioalbum aus dem Jahr 2020, „Born Innocent“ zu hören.
„Sword Of Deliverance“, eine der vorab ausgekoppelten Songs, kommt klar strukturiert, hart und melodisch daher. Guter Hardrock mit der Souveränität von Doogie White, die man aus seinem TEMPLE OF ROCK Engagement bei Michael Schenker kennt. Doogie White gehört, wie auch Graham Bonnet, zu den besten Heavy Metal Sängern der heutigen Zeit. Ich persönlich finde die deutlich rauere Stimme Bonnet`s spannender gegenüber Doogie`s deutlich hymnischerem Vibrato-Organ.

Das soll die Gesangskunst keineswegs schmälern, allerdings klingen die primär im Up-Tempo liegenden melodischen Rocker, z.B. „Guardian Angel“, „Nightwatch“ oder „Turn Of The Wheels“ ziemlich ähnlich und ich vermisse etwas Abwechslung auf der Scheibe. Das Drumming ist stark; aggressiv und nach vorne treibend, die Gitarrenarbeit, an die hohen Erwartungen der Vorgänger geknüpft, virtuos und überwiegend im Zeichen der Band stehend. Joe Stump bringt neben seiner Rhythmusarbeit auch sehr schöne, teils klassisch dominierte Soli ein wo sie erforderlich sind und verfällt nicht in selbstverliebte Instrumentalorgien.

„Blackheart“ ist eine klassische Metal-Hymne zum Mitsingen. Bei „Grace Of God“ wird wieder ein Gang zugeschaltet, „Return To Nevermore“ gefällt mit schleppenden Gitarrenriffs und „Dio“-ähnlicher Gesangsleistung. „Target“ ist rasant, radiotauglich und erinnert an „Death Alley Driver“ von RAINBOW. Auch „House Of Lies“ und „Alice`s Eyes“ überzeugen durch gute Melodik nach altbewährtem Schema. Den Abschluss der Scheibe stellt das stark balladeske „Dark Day For My Soul“ dar, welches zu Beginn auch von MEAT LOAF gesungen sein könnte.

Resümierend ist „V“ mit Sicherheit ein hörenswertes Album, wenn man nach dem Wechsel des eigentlich guten Shouters Graham Bonnet doch vielleicht etwas Innovation erwartet hätte. Aber dem ist nicht so; man könnte auch sagen, dass Reminiszenzen der RAINBOW-Alben der Post-Dio-Ära unüberhörbar sind. Und dass ist auch gut so. Graham Bonnet hat schließlich mal dargelegt, dass sich ALCATRAZZ gewollt wie RAINBOW anhören, schließlich war er ja einer der Sänger die dem großen Ronnie James Dio folgten, wie ja auch Doogie White, der den Leadgesang beim achten Studioalbum RAINBOW`s, „Stranger In Us All“, übernahm.
ALCATRAZZ legen jedenfalls ein rundes, solides Hardrockalbum vor, welches mehrfach gehört werden muss, um richtig zu gefallen. Und dann werden sich Doogie White und Graham Bonnet wohl gemeinsam wieder mit der alternierenden Sängerarmee beim MICHEAL SCHENKER FEST einfinden. (Ebi)


Bewertung:

 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 60:20 min
Label: Silver Lining Music
Veröffentlichungstermin: 15.10.2021