Thyrfing - Vanagandr

thyrfing vanagandrGanze acht Jahre sind ins Land gezogen seit dem letzten Studiowerk, acht Jahre in denen das Viking Metal-Genre ohnehin wenig zu bestellen hatte. Die Schweden haben dieses einst mitbegründet, andere haben es mit allzu viel Kitsch und Partytauglichkeit an den Baum gefahren. Doch sie erhaben sich ein weiteres Mal aus der Asche, nachdem zuletzt die Weggefährten FINNTROLL und ENSIFERUM wieder ernsthaft punkten konnten. Gebeutelt worden sind THYRFING auch dieses Mal, Peter Löf nachdem seinen Hut an den Tasten, im Studio wurden die nun von Bassist Joakim Kristensson eingespielt, der früher auch mal hinterm Drumkit saß. Wohin segeln die stolzen Krieger mit "Vanagandr", sind die Ruhmeshallen längst an ihnen vobei gezogen?

Natürlich nimmt sich "Döp Dem I Eld" erstmal Zeit, ein paar Synthesizer, kurze Drumschläge, dann begehren die sechs Saiten auf, und das in einer von der Band bislang unbekannten Art und Weise. Das erste Hauptriff kniet tief im Thrash-Sektor und treibt mit kraftvollem Anschlag voran, so direkt ging man nur selten zu Werke. Schon hier wird klar, dass man die harmonischen Arrangements der beiden Vorgänger aufbricht, auf denen alles stets im Fluss war und mehr auf die Macht der einzelnen Tönen und Motive setzt.
Wie es die Band dann schafft, die Kontraste zu den ruhigen Klängen die sich anschließend einschieben in ihren typischen treibenden Sog zu verschmelzen ist großartig. Jene Verquickung thrashiger Anklänge und folkloristischer Themen funktioniert auch bei "Fredlös" gut, die einleitenden flirrenden Klänge werden von den Riffs übernommen, dazu gesellen sich immer wieder genrefremde Instrumente wie Flöten, die hier deutlich akzentuierter zur Entfaltung kommen wie es bei den Synthesizerfanfaren der Vergangenheit der Fall war.

Überhaupt scheint man akustische Intros für sich entdeckt zu haben, so detailverliebt gingen THYRFING noch nie zu Werke. "Undergångens Länkar" nimmt noch ein paar Pianotupfer mit auf, bevor es wieder kraftvoll loswalzt. Die breiten Gitarrenstrukturen werden von Leads und Orgel flankiert, das Solo gerät sehr melodisch, was zusätzliche Facetten offenbart. "Håg Och Minne" geht noch weiter, lässt Naturklänge und gesprochene Passagen zu, während das tosende Wogen von Streichern unterlegt wird. Verständlicherweise kommt das alles von modernen Soundbibliotheken, aber die klingen mittlerweile verblüffend echt und eröffnen auch kleinen Bands viele Möglichkeiten.

Wo früher schneidende Wikingerchöre vorherrschten, setzen die Fünf auf weite, sakrale Chöre. Die harschen Gegensätze finden in "Rötter" ihren Höhepunkt, das heftig einstiegt, um dann das Tempo heraus zu nehmen. Wiederum Streicher und orientalisches Flair lassen die Nummer wie ein Überbleibsel des AMORPHIS-Klassikers "Tales From The Thousand Lakes" klingen. Im weiteren Verlauf macht sich immer wieder rockige Attitüde breit, während das Schlagzeug den ohnehin ausufernden Arrangements mit donnernden Schlägen noch mehr Wucht verleiht.
"Träldomsord" ist dann eine klare Rückbesinnung auf die Wurzeln, zwischen roh und direkt und erhabener Atmosphäre pendelnd. Das schwarze Sirren der sechs Saiten und Blastbeats betonen die metallische Seite, während die verhallten Chöre von Orchestrierungen getragen werden. Noch grimmiger scheibt "Järnhand" voran, das Eingangsriff trägt eine frostige Schwere in sich, Jens Rydén krächzt kehlig, die Drums ballern ungehobelt. Daneben erhebt sich aber auch das Orchester in seiner vollsten Pracht und umschmeichelt das Solo förmlich.

Am Ende findet alles einen warmen Ausklang, wie man ihn seit "Vansinnesvisor" nicht mehr von THYRFING vernommen hat. "Jordafärd" lässt Posaunen aus geigenverhangenem Himmel ertönen und fließt dann wie ein sanfter Strom dahin. Der Frontmann strapaziert zwar seine Stimmbänder arg, doch der schwebende Bombast lässt einen darauf gleiten. Teilweise fühlt man sich an ein MY DYING BRIDE-Epos erinnert, vor allem wenn die Leadgitarre so wunderbar tönt, dass man tatsächlich britische Herkunft vermuten könnte.
Damit bietet "Vanangandr" komplett differenzierte Titel, die allerdings ihre Zeit benötigen, um wirklich beim Hörer ankommen, denn so etwas wie einen klaren Chorus bietet keiner davon. Die neue Herangehensweise, den einzelnen Elemente ihre Bedeutung einzuräumen ist künstlerisch wertvoll, doch ähnlich wie ENSLAVED laufen auch die Schweden Gefahr sich zu verzetteln. Manchmal passiert zu viel in zu kurzer Zeit, vielleicht hätte man das ein oder andere Thema öfter repetieren können, wie man es auf "Hels Vite" pflegte. (Pfälzer)

 

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 49:32 min
Label: Despotz Records
Veröffentlichungstermin: 27.08.2021

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