Gary Moore - How Blue You Can Get

garymoore howblueyoucangetSeit zehn Jahren ist der irische Saitenvirtuose nun schon tot, aber sein Name bleibt unvergessen. Was er wohl zum Blues-Boom der heutigen Zeit gesagt hätte, ob er Teil davon gewesen wäre, oder doch eher wieder Hard Rock gespielt hätte, wohin es ihn kurz vor seinem viel zu frühen Tod verschlug. In der heutigen Zeit werden bei den alten Legenden immer mal wieder Sachen in den Archiven entdeckt, so erschienen posthum einige Livescheiben von GARY MOORE. Nun gibt es sogar bislang unveröffentlichtes Material zu hören, wo immer das auch entdeckt wurde. Ist "How Blue You Can Get" Resterampe oder eine Sammlung von Kleonodien?

Vor allem ist sie, wie der Titel schon vermuten lässt ein reines Bluesalbum geworden, manch einer hatte sicher auf die Studioversionen der auf "Live In Montreux 2010" live vorgestellten Rocktracks gehofft. Allerdings habe die Tracks keine großen Informationen aus welcher Ära sie stammen, weswegen der geneigte Fan selbst recherchieren muss. Mit einer Ausnahme sind Pete Rees am Bass und Vic Martin an den Tasten zu hören, die Drums teilen sich Darrin Mooney und Graham Walker. Das lässt bei erstgenanntem Schlagwerker auf die Phase von "Back To The Blues" tippen, zumal mit dem mittlerweile ebenfalls verstorbenen Chris Tsangarides an den Reglern saß. Walker war nur bei "After Hours" dabei, wobei ich nicht denke, dass die Aufnahmen so alt sind, aufgrund des gleichen Produzenten und der weniger souligen Songs dürften sie auch zu Beginn der 200er entstanden sein.

Heraus sticht "Looking At Your Picture", das man dann Ende der Neunziger in die experimentelle Phase verorten könnte, auch weil sich Ian Taylor als Toningenieur ausweist. Der war bei "Different Beats" dabei und der Beat ist hier tatsächlich ein anderer, denn es kommen ausschließlich Drummloops und programmierte Spuren von Roger King zum Einsatz. Die bilden einen starken Kontrast zu Moores Stimme und seinen bluesigen Riffs auch wenn die hier sehr trocken und kantig ausfallen. Trockener gibt sich der Meister aber auf dem gesamten Longplayer, keine Verzierungen von Bläsern und auch die Orgel hält sich bis auf ein paar atmosphärische Flächen zurück. Es drängt sich der Verdacht auf, dass sich es hier eher um Rohfassungen handelt, die von Richard Digby Jones neu gemischt und gemastert wurden.

Los geht es mit dem rockig treibenden "I´m Tore Down" aus der Feder von Sonny Thompson, in dem die Harmonien etwas an "Too Tired" erinnern, wenn auch ohne Bläser, aber schon den leichten Jazz-Touch der Songs wiederspiegeln. Der wiederum erinnert an die erste Zusammenarbeit mit Tsangarides auf "Back On The Streets". Verstärkt wird er im folgenden Peter Chapman-Instrumental "Steppin´ Out", dessen Leads wiederum etwas von DEEP PURPLE´s "Lazy" haben, in der Folge sind die vier Saiten von Rees recht präsent. Selbiges gilt auch für das beschwingte Elmore James-Stück "Done Somebody Wrong", bei welchem Moore die Slides so richtig brennen lässt.
Am stärksten tut sich der gute Pete allerdings bei schleppenden Titelsong hervor, der einst von Leonard Feather komponiert wurde. Ein ganz klassischer Blues, der fast zum Stillstand kommt, dessen Strophe von einem durchgängigen Thema des Bassmanns getragen wird. Moore streut vereinzelt Leads zwischen seinen Gesang, haut ab und an ein paar kräftige Akkorde raus, während Walker eine lässige Backenarbeit an den Tag legt. Das zeigt wie sehr sich der Gitarrenheld an die Ursprünge des Genres heran gewagt hat und sich die Kompositionen der Urväter stimmig und ursprünglich zu Eigen gemacht hat.

Bei seinen Eigenkompositionen erleben wird hingegen ein anderes Bild, denn da frönt er dem, was er immer am besten konnte, den lyrischen und bombastischen Blues, der einst von LED ZEPPELIN in "Since I´ve Been Loving You" aus der Taufe gehoben und von ihm salonfähig gemacht wurde. "In My Dreams" kommt dann mit seiner Melodieführung und den dominanten Leads fast als Kopie von "Still Got The Blues" rüber, wenn auch nicht so intensiv, aber das damalige Album war ohnehin eine absolute Ausnahmeerscheinung. Mit Synthesizereinsatz nähert man sich den Achtzigern, die er damals hinter sich lassen wollte, die Nähe der Soli zu "The Loner" beweist, dass seinerzeit weniger als behauptet geklaut wurde.
Etwas weniger Leadfills, dafür mehr Soli und warme Orgelklänge bietet "Love Can Make A Fool Out Of You", das die selbe Karte spielt, aber insgesamt mehr berührt, vor allem weil Walker hier die richtigen Arrangements findet. Noch eine Spur entschleunigter biegt "Living With The Blues" auf die Zielgerade ein, eine der  Lieder, bei dem man fast den nächsten Ton herbei sehnen muss, was ihm aber die nötige Tiefe verleiht. Der Ire wandelt mit "How Blue Can You Get" immer auf dem Grat zwischen Heldenverehrung und seinem eigenen Stil und beweist Wandlungsfähigkeit. Noch feiner ausgearbeitet hätten die Stücke auf jedes seiner Alben gepasst, aber vielleicht kamen sie wegen der Ähnlichkeiten zu anderen nicht in die Auswahl. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 44:22 min
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 30.04.2021

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