Marc Reece - Dreamer

marcreece dreamerAuch wenn er schon länger dabei ist, war mir der Name MARC REECE bisher unbekannt. Ganz ehrlich hätte ich ihn auch nicht in Deutschland verortet, sondern eher auf dem Sunset Boulevard der Achtziger, wo er optisch ganz gut hingepasst hätte. Also Essen als Herkunftsstadt, da würde ich doch eher auf Thrash Metal tippen, doch davon ist der Blueser nun wirklich weit entfernt. Drei Studiooutputs stehen bislang für ihn zu Buche, er fühlt sich auf der Bühne wohler, ein Livemitschnitt ist ebenfalls vorzuweisen. Nach zwölf Jahren war es aber wieder an der Zeit für eine neue Scheibe, sein bevorzugtes Genre in der Zeit in den Fokus gerückt, was kann "Dreamer" da beitragen?

Eine gesunde Prise Härte auf jeden Fall, denn direkt mit den ersten Takten lässt er seine Saiten richtig glühen und rockt unbedarft drauf los. Dabei ist er um den einen oder anderen Schlenker in seinen Riffstrukturen nie verlegen und lässt sogar etwas Funk raushängen. Gerade bei seinem Leadspiel kann man eine gewisse Nähe zu JIMI HENDRIX nicht verleugnen. Der Gitarrengott schlechthin war sicher einer der Wegbereiter des Hard Rock und besagter Opener "Bernie" zeichnet diesen Weg nach. Auf Hard Rock-Seite kommen einem auch BLACK STONE CHERRY, entgegen, die auf "Family Tree" die selbe Richtung einschlugen.

Reece geht aber noch weiter und stößt ein anders Genre an, welches Hendrix mit angestoßen hat, bei seinen Riffs kommen auch immer wieder progressive Spuren zum Vorschein. Es sind keine Standardriffs, die kredenzt werden, immer wieder. Interessant wird es immer, wenn er spontan zwischen den einzelnen Themen hin - und herspringt. "No Chance Child" beginnt mit ein paar Soundscapes und überrascht mit einer spacigen Note, während er im Chorus eher melodisch intoniert.
Besonders bei den beiden Instrumentals kehrt er diese Anklänge nach außen, bei "One For Hannes" duellieren sich zuerst lässige und konzentrierte Salven, dann fast fusionmäßige Leadabfahrten mit knackigen Akkorden, bevor man in Zeppelinsche Sphären abhebt. Wie auch in "At The Market" legt er die Nummern mit Songstrukturen an, anstatt nur drauflos zu frickeln. Beim zweitgenannten Stück ergeben Tribalartige Drums zu treibenden Momenten einen interessanten Kontrast.

Richtig bluesig wird der Sänger und Gitarrist dann wenn er tief im Rock das Mannes aus den Südstaaten watet, wie mit "Scorpion Man". Das rockt und ist dennoch lässig in seiner Gangart, dazu bekommt der Hörer ein tolles Bluessolo spendiert. Die Southern-Thematik etwas schwerer aus seinem Stratocaster geholt hat er in "Shake It", welches auch ein wenig funky sein darf, während die Riffs im Refrain breit krachen. Und im Titelstück liefert der renommierte Marcus Schinkel feine Orgeleinsätze ab, welche dieses nicht zuletzt in Richtung Soul abschweifen lassen. Beim dem Groove darf auch Viersaiter Guido Ludwig zeigen, was er kann.

Von den Ideen, vom frischen Ansatz her kann "Dreamer" Aufsehen erregen und sich etwas von anderen Acts absetzen. Doch leider hapert es bei der Umsetzung, denn auch wenn das Trio, das Reece um sich geschart hat, sicherlich was kann, kommt manches nicht zu einander. Wenn er seinen Saiten mal freien Lauf lässt, dann hinkt Denis Sarp manchmal hinterher, während der ein paar Breaks raushaut, wo etwas mehr Feingefühl nötig gewesen wäre. Auch der Mastermind selbst hat nicht die Ausdruckskraft einiger seiner Kollegen, ich vermisse etwas die Wärme in seinem Beitrag, vor allem beim Gesang. So fehlt seinen Kompositionen teilweise die Tiefe, dazu kommt der reichlich trockene Sound, für den vielleicht nicht geradlinig genug agiert wird.

Seine Stärken offenbart MARC REECE eher bei ruhigen Stücken, da kann er den Melodien mehr mitgeben als wenn sie ein wenig fordernder sind. Bei der abschließenden Ballade "Rock´n´Roll Hero" flirtet er mit Lap Steel und Schinkels Piano mit dem Great American Songbook. Herzstück ist allerdings das neunminütige "Harder Than It Seems", welches das Potenzial erkennen lässt, spaciges Keyboard und speziell das wunderbare Akustikthema lassen schon aufhorchen, der sanfte Bass lässt viel Atmosphäre mitschwingen. Jene steigert sich im Chorus zu einer melancholischen Powerballade, da kommen die Herren mal auf den Punkt, damit hätte man auch mal einen Hit landen können. Schade, auf die gesamte Spieldauer wäre da mehr drin gewesen. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer6,5 6,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 53:02 min
Label: Lucky Bob Records/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 26.03.2021

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