Larkin Poe - Self Made Man

larkinpoe selfmademanMit dem Bluesboom kommt auch die ganz traditionelle amerikanische Musik wieder mehr auf die Landkarte. Die Schwestern Rebecca und Megan Lovell haben sich ganz der Tradition des Südens verschrieben und loten hier die Grenzen zwischen Americana, Bluegrass, Country, Folk, Soul und Blues aus. Schon als Jugendliche waren die beiden mit ihrer Schwester Jessica unterwegs, seit zehn Jahren sind sie als Duo ohne die Älteste unter dem Namen LARKIN POE aktiv. Der Durchbruch kam vor zwei Jahren mit dem Album "Venom & Faith", das für den Grammy nominiert wurde und die Bluescharts in den Staaten anführte. Nach einer langen Tour, um das gestiegene Interesse zu bedienen, haben sie nun ihr sechstes Werk "Self Made Man" aufgenommen.

Die Zwei machen klar, dass sie die Zügel in der Hand haben, um so das Bild von starken Frauen in den Fokus zu rücken. So haben sie fast alles selbst eingespielt und auch erstmals die Produktion übernommen. Aufgrund der medialen Verbreitung mittlerweile hat man den Sound etwas komprimiert, das typische Feeling, das trockene Klangbild der Südstaaten haben sie dennoch sehr gut eingefangen. Das liegt auch daran, dass die Arrangements sehr spartanisch ausfallen und ihr Spiel in den Vordergrund rücken. Die Kompositionen der beiden in Nashville lebenden Schwestern atmen auch den Geist jener Musikermetropole, dem Herzen des "American Songbook".

Der titelstiftende Opener hat noch die ehesten Referenzen zum klassischen Blues-Handwerk, wird er von einer prägnanten Leadgitarre geprägt. Die euphorische Stimmung, welche nicht so ganz in diese Zeit passen will scheint da bereits durch, wie alle Songs geht es auch hier direkt ohne Schnörkel zur Sache. Stehen hier noch Leadfills im Vordergrund, so setzt Megan vor allem auf Slides und Lap-Steel-Gitarre, diese ursprünglichen Klangelemente des amerikanischen Rock. Damit drückt sie den Liedern ihren Stempel auf, die Riffs von Rebecca stehen eher im Hintergrund, was für Rockmusik eher ungewöhnlich ist.

Dabei ist der Auftaktsong noch einer der rifflastigsten der Scheibe wie vielleicht noch das folgende "Holy Ghost Fire", welches ebenfalls zuvor veröffentlicht wurde. Hier zeigen sich die tollen Harmonien der Schwestern, die auch gerne in Gospelgefilden unterwegs sind, was vor allem im leidenschaftlichen Refrain von "Ex-Con" zu gefallen weiß. Wenn die Band aber nach vorne schiebt oder in den Boogie-Schwung kommt, könnte man sie als weibliche Version von KALEO durchgehen lassen. Über Informationen, was die Isländer drei Jahre nach ihrem großen Erfolg treiben, wäre der Redakteur übrigens dankbar.

Als weiteren Querverweis kann man gerne noch die WHITE STRIPES bemühen, denn ähnlich wie die verfolgen LARKIN POE einen modernen Ansatz. So sehr sie in ihrer Tradition verhaftet sind, diese teilweise auch besingen, so zeitgemäß sind die im Studio gewählten Mittel. Gerade hinsichtlich der Rhythmik gehen sie neue Wege, die weit weg von klassischen Rockmustern sind.
Der Bass wummert bei ein paar Stücken schon ganz schön, aber meist können die beiden Herren der Rhythmusfraktion den Frontdamen nur wenig entgegen setzen und verbleiben im Hintergrund. Ab und an wird mit Handclaps gearbeitet, was ich so bisher nur bei BOSTON gehört habe, aber zu deren Opulenz ist die Musik der Damen der klare Gegenentwurf.

Sie bezieht ihre Dynamik aus dem Spannungsfeld zwischen der beschwingten Attitüde mit fast schon Rockabilly-Schmiss und der geisterhaften Stimmung eines David Lynch-Films. Vor allem dann wenn Rebecca ihre Licks nur sporadisch einwirft oder ihre Dobro mit dem staubigen Klang auspackt. Dass sie die Linie auch konsequent durchzuziehen vermögen beweisen sie mit "Every Bird That Flies", das so herrlich tief durch das Delta watet und mit tollem Slide-Solo begeistert. Hier dürfen auch die Drums mit Tom-Patterns und Marsch-Snare etwas mehr Akzente setzen, aber passend zur Atmosphäre nur subtil im Mix eingebunden.

Das ist für rockgeübte Ohren sicherlich leichter zu konsumieren als ein paar nahezu lupenreine Countrynummern wie dem abschließenden "Easy Street", die mit Fidel eher zum beschwingten Square-Dance einladen. Doch auch hier muss man den Hut vor dem kompositorischen Geschick der Lovell-Schwestern ziehen, welche die Musik ihrer Heimat in das rechte Licht rücken. Sie verpacken diese geschickt, um sie der heutigen Musiklandschaft durchaus gewinnbringend zu präsentieren, jener Wille ist schon erkennbar. Dennoch behält "Self Made Man" bei aller Offenheit seinen dichten, eigenwilligen Charakter. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 35:31 min
Label: Tricki-Woo-Records
Veröffentlichungstermin: 12.06.2020

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