Jorn - Heavy Rock Radio II-Executing The Classics

jorn heavyrockradio2Mit Coverversionen kennt sich die norwegische Rockröhre aus. Nicht nur dass er auf seinen regulären Scheiben immer wieder fremde Kompositionen aufnimmt, mittlerweile hat er schon drei komplette Alben mit Neubearbeitungen veröffentlicht. Neben "Unlocking The Past", dem DIO-Tribute gab es vor vier Jahren Klänge aus dem "Heavy Rock Radio". Zwar hat der einst so umtriebige Jorn Lande seit zweieinhalb Jahren kein neues Material veröffentlicht, doch seine Fans müssen sich noch etwas länger gedulden, denn zu letztgenannter Scheibe kommt jetzt der zweite Teil. Da fragt man sich schon, ob JORN kreativ nichts mehr zu sagen haben und was man auf "Heavy Rock Radio II" denn überhaupt noch aus dem Hut zaubern will.

Jene Frage ließe sich leicht beantworten, denn abseits der großen Hits hat die Rockmusik genügend Hammersongs hervor gebracht, so dass man allabendlich ein anders Coverset zum Besten geben könnte. An dem Ansatz macht der Mann weiter und sucht seine Titel immer abseits des Mainstream und auch des allgemeinen Radioprogramms. So ist "Night Life" schon seine dritte FOREIGNER-Bearbeitung und immer noch keines, das ich je auf einem Konzert der transatlantischen AOR-Helden gehört hätte.
Die Nummer passt denn auch bestens zur Stimme von Jorn Lande und noch besser zu der Spielweise seiner Mitstreiter. Auch wenn der Meister sich gerne im Heavy Rock sieht, so kann er im knalligen, hymnischen Hard Rock besser punkten. Diese Stücke peppen sie ein wenig auf, so dass sie druckvoller und zeitgemäßer daher kommen. Dies gelingt JORN schon mit dem Opener, wobei der auch schon von URIAH HEEP-gecoverte BRYAN ADAMS-Song "Lonely Nights" in den Harmoniegitarren ein bisschen zu rau geschliffen ist.

So werden allerdings aus fast poppigen Titeln echte Rocker, den kommerziellen Anspruch der Originale wird zurück gedrängt. Schon der von SMOKIE popularisierte SEARCHES-Folk Pop in "Needles And Pins" legt hier ein paar Zacken zu und beweist Stadionappeal. Noch mehr in die Richtung geht "I Do Believe In You" von den PAGES, das komplett seines funkigen E-Pianos beraubt wurde, dafür mächtig treibt. Überraschen kann mit "Bad Attitude" der unvermeidliche DEEP PURPLE-Beitrag, dessen schwere Orgel klingt verdächtig nach "Perfect Strangers". Da hätte die Legende mal bei "The House Of Blue Light" nicht so sehr auf Airplay, sondern auf den direkten Vorgänger geschielt. Im Gegensatz dazu tönt das eigentlich rauere "Mystery" von DIO eher glatter als die ursprüngliche Version, ein Indiz, wie sehr sich die Truppe die Songs zu Eigen macht.

Herrlich kantig ist auch der Evergreen "Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)" instrumentiert, bei dem die Backingband richtig gut aufspielt und mit den Improvisationen der Version von MANFRED MANN nahe kommt. Doch irgendwie kommen Wah-Wah und Orgel im dicken Klanggewand nicht so zur Geltung, hier hätte man etwas feinfühliger produzieren müssen. Insgesamt lässt sich der Sound aber sehen, vor allem im Schlagzeugbereich hat man viel Wucht und Dynamik hinein bekommen. Bei den Hinterleuten ist die deutsche Saitenfraktion wieder Geschichte, schon auf der jüngsten DVD sind Gitarrist Tore Morén und Bassist Sid Ringsby zurückgekehrt. Die beiden Italiener Francesco Jovino an den Kesseln und der allgegenwärtige Alessandro DelVecchio an den Tasten sind nach wie vor an Bord, ihr Landsmann Igor Gianola ist als zweiter Sechssaiter neu in JORN-Kosmos.

Dem Untertitel der Platte "Executing The Classics" wird "Heavy Rock Radio II" nicht nur bei den härter eingezockten Nummern gerecht, vielmehr werden ein paar Vorlagen stark umarrangiert. "New York Minute" von DON HENLEY ist zwar nicht so schön von Streichern getragen, doch das große Drama wird toll in die eigene Identität übertragen. Hier weiß auch die feine Leadarbeit der beiden Saitendehner so richtig Akzente zu setzen, während Landes Organ noch mehr Schwere einbringt.
Die RUSS BALLARD-Komposition "Winning" kenne ich im Original gar nicht, zufälligerweise schneite sie mir erst vor wenigen Wochen von SANTANA in die Sammlung. Im Verhältnis dazu ist sowohl der Folkanteil als auch der Härtegrad gestiegen, wobei beides bei den Latin Rockern ohnehin nicht unbedingt zum Programm gehört. Ebenfalls auf der jüngst erstandenen CD-Box des Gitarrenhelden stammt seine Komposition "Love" mit starkem AOR-Einschlag. Hier gehört es mit eruptiven Leads und krachender Strophe zu meinen Favoriten.

Den ganz großen Hammer hat sich Jorn Lande aber für den Schluss aufgehoben, denn was von PETER GABRIELs "Rhythm Of The Heat" übrig blieb ist erstaunlich. Im Original ist das eine flirrende, ätherische Nummer, welches seine Spannung von der unglaublichen Atmosphäre zieht. Hier ist es das wohl metallischste Lied der gesamten Platte, die Drums ballern so richtig über die schneidenden Riffs. Mich würde interessieren wie der britische Großmeister diese Version findet, hat er doch vor ein paar Jahren bewusst sein Werk zur Neubearbeitung ausgegeben. Unter diesen Vorzeichen macht "Heavy Rock Radio II" natürlich Sinn, ich war schon immer ein Verfechter von stark abgewandelten Covers. Doch auch ohne den Mut würde der Rundling richtig Spaß machen, jetzt aber bitte ein neues reguläres Studioalbum. (Pfälzer)
 

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 47:37 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 24.01.2020

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