Tygers Of Pan Tang - Ritual

tygersofpantang ritualEs ist nach wie vor unfassbar was für einen Lauf diese Truppe hat. Schon die vorherigen Alben waren starker Stoff wie in besten Zeiten, doch die Verpflichtung des jungen Micky Crystal gab ihnen einen zusätzlichen Kick. Die selbstbetitelte letzte Scheibe muss in dem Jahrzehnt in einem Atemzug mit "Firepower" von JUDAS PRIEST und IRON MAIDENs "The Final Frontier" genannt werden. Wo sich die frühere Konkurrenz an schlüssigen Songs oder guter Produktion die Zähne ausbeißt, liefern die TYGERS OF PAN TANG beides auf Top-Niveau. Auch die Konzerte in den vergangenen Jahren waren ein Beleg für die immer größer werdende Power der Combo. Nun ist es Zeit für einen Nachfolger, doch wie geht man diesen nach einem definierenden Werk an? Schon 1983 war man nicht in der Lage scharf nachzuwaschen, macht es "Ritual" dieses Mal besser?

Die Lösung der Frage ist ganz simpel, man legt einfach noch einen drauf, was gar nicht für möglich schien. Ein Album wie der Vorgänger hätte einem in Hochzeiten der NWOBHM die ganz großen Türen geöffnet, den damit erarbeiteten Status setzen Robb Weir und Co. dieses Mal nicht aufs Spiel. Schon beim Vorgänger hatte ich fabuliert, wohin man hätte kommen können, wäre die Scheibe auf "Spellbound" und "Crazy Nights" nachgeschoben worden. Mit dem jüngsten Werk noch einmal scharf nachgewaschen, würde die Rangfolge der Bands heute anders aussehen.
Dabei hat man es mit einem neuen Produzenten versucht, Sören Anderson ist zwar noch involviert, den Großteil hat aber Fred Purser ausgearbeitet. Ein alter Bekannter der Truppe, den aber viele als ehemaliges Mitglied mit der kommerziellen Ära der Achtziger verbinden. Hier drückt er den TYGERS OF PAN TANG aber nicht den Stempel auf, vielmehr hilft er ihnen vielschichtiger zu agieren. Nach einem Album, mit dem man quasi den eigenen Sound auf den Punkt gebracht hat, ist es an der Zeit weiter und vielleicht auch mit der Zeit zu gehen.

In ein paar Momenten kann es die Band nicht verleugnen, dass sie einst "Noises From The Cathouse" eingespielt hat, jene moderne 2005er Scheibe. Vor allem "The Art Of Noise" atmet deren Geist, sei es der Basslauf, das bretternde Riff oder ein paar Soundeffekte. Überhaupt werden einige Klangspielerein bemüht, wie Drumfills oder eher fiebrige Leadmotive, die sich zu der traditionell gerne genutzten VoiceBox gesellen. Auch in seinen Soli setzt Crystal öfter mal auf Klangwolken, anstatt auf schnelle Finger. Die Kunst, ist es das alles gewinnbringend und ohne Reibungsverluste in den Gesamtsound der Formation einzupflegen, was Purser ideal gelingt.

Auf der anderen Seite wird ein weiterer Gegenpol in homöopathischen Dosen eingestreut, um die Identität nicht zu verwässern. Der Melodiegehalt wurde ebenso nach oben geschraubt, ohne auch nur einen Deut in allzu poppige Gefilde der Mittachtziger abzudriften, Jacopo Meille liefert obendrein seine beste Gesangsperformance ab. Analog dazu setzt es knallige Arrangements, welche die Explosivität des Materials noch zusätzlich erhöhen. Man höre nur mal die gleichsam nach vorne laufende wie eingängige Single "White Lines". Und wie die anfangs akustisch dahinfließende Ballade "Words Cut Like Knives" urplötzlich anzieht ist ganz großes Kino.

Was bei der Ankunft auf der Höhe der Zeit auf der Strecke blieb, sind die Siebzigerzitate, die noch auf dem Vorgänger zu finden waren. Am besten werden die Eckdaten der neuen Produktion bei "Rescue Me" in beide Richtungen ausgereizt. Hat der schwere Stampf der Strophe noch die angesprochenen zeitgemäßen Züge, so knallt der Refrain mit mehrstimmigen Chören rein. Als weiteres Highlight bietet das abschließende Epos "Sail On" alle Facetten, die TYGERS OF PAN TANG ausmachen. Ein Ausbund an Dynamik, ein Parforceritt durch alle möglichen Tempi bis zur hymnischen Steigerung.

Bei allen Justierungen an den Stellschrauben müssen sich die Fans aber keine Gedanken machen, das Album trägt zu jeder Sekunde die Handschrift der Briten. So gibt es immer noch genug rohe, direkte Up-Tempo-Banger in bester NWOBHM-Manier, von denen "Damn You!" fast eine punkige Attitüde mitbringt. Sicher schläft auch die Konkurrenz nicht, mit DIAMOND HEAD, ANGEL WITCH und BLITZKRIEG hat die zweite Garde der legendären Strömung der frühen Achtziger in dem Jahr formidabel abgeliefert. Mit "Ritual" spielen die Fünf allerdings ganz klar in der ersten Liga mit. (Pfälzer)

 

 

Bewertung:

Pfaelzer8,5 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 53:18 min
Label: Mighty Music/Target Group
Veröffentlichungstermin: 22.11.2019

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