Dimmu Borgir + Amorphis + Wolves In The Throne Room (26.01.2020, Wiesbaden)

dimmuborgir tourflyerDa hat man  ein fettes Paket für alle Anhänger des extremen und düsteren Metal geschnürt, was zu Jahresbeginn auf die Headbanger losgelassen wurde. Die norwegischen Black Metaller DIMMU BORGIR und die finnischen Melancholiemeister AMORPHIS machen auf der zweiten Runde zu ihren vor eineinhalb Jahren erschienenen Longplayern gemeinsame Sache. Während die Finnen nach wie vor sehr umtriebig und produktiv sind, haben sich die Schwarzheimer zwischendurch sehr rar gemacht, weswegen da die Wiedersehensfreude größer ist. Begleitet wird die Doppelheadliner-Tour von WOLVES IN THE THRONE ROOM aus dem US-Bundesstaat Washington. NECKBREAKER war für Euch vor Ort, um sich inmitten von kreisenden Haaren ein Bild von dem gewaltigen Spektakel zu machen.

WOLVES IN THE THRONE ROOM
Die Truppe aus Olympia ist ein echtes Phänomen, nicht nur weil sie eigentlich seit Jahren offiziell aufgelöst ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Black Metalbands steht sie für eine politisch linke Ideologie und lebt zusammen in einer Kommune in Olympia. Wobei diese weltentrückte Zurückgezogenheit auf einer Farm nun auch wieder typisch für viele skandinavische Vertreter des Genres ist. Irgendwie vom Rest der Welt getrennt standen sie auch auf der Bühne, denn wirklich erkennen konnte man von den Musikern kaum etwas.
Sie standen hinter Mikrofonständern, die mit Schilden schon eine gewisse Abwehrhaltung ausdrückten, umgeben von undurchdringlichem Nebel. Da es kaum Licht auf der Bühne gab, konnte man die Gesichter der Musiker nur schemenhaft erahnen, zumal die Matten tief in den Augen hingen, lediglich ihr Bassist gab mit Glatze etwas von sich preis. Meine Gedanken waren in dem Moment bei meinem Kollegen Klaus, der das ganze irgendwie versuchen musste zu fotografieren.

So schwierig und unnahbar wie das Auftreten war auch die Musik, die unglaublich schroff und dennoch irgendwie ergreifend, oder besser mitreißend von der Rampe geprügelt wurde. Umgeben von ebenso dunklem Back - und Sidedrops wütete der Vierer seine wütenden Botschaften in die Welt hinaus, wobei ich einmal festhalten muss, dass heutzutage eher die politisch Linke das Recht hat wütend zu sein. Wobei der Klang noch mehr distanzierte, Mitbegründer Nathan Weaver und Kody Keyworth errichteten mit ihren Gitarren undurchdringliche schwarze Wände, die sie vor dem geistigen Auge der Zuschauer auftürmten. Ein paar Synthesizertöne wurden dazu geschoben, um sie noch dichter zu machen, einen Keyboarder konnte ich nicht ausmachen, was nicht heißt, das nun keiner da war, aber im Laufe des Abends sollte noch mehr vom Band kommen.

Da konnte sich Weavers Bruder Aaron noch so hinter seinen Kesseln abmühen, er brachte die Mauern nicht zum Einsturz, vielmehr unterfütterte die permanente DoubleBass deren Fundament. So zeitgemäß schillernd, ja postmetallisch ihre Herangehensweise auch war, ihre Wurzeln ganz tief in den Ursprüngen der extremen Musik konnten WOLVES IN THE THE THRONE ROOM nicht verleugnen. Die beiden Sechssaiter bellten gelegentlich derbste Laute in die endlos langen Kompositionen, welche man vielleicht mal auf ganz frühen SEPULTURA-Demos so vernommen hat.
Solch eine unterschwellige Eleganz auf ganz rohem Untergrund ist jedenfalls große Kunst, die von den Zuschauern schon ansprechend gefeiert wurde. Die Truppe wirkte auch engagiert und schüttelte ihre Mähnen zu den sirrenden Riffs und wusste die Bühne auszunutzen. Leider war nach einer guten halben Stunde wieder Schluss, in der gerade mal drei Songs zum Zuge kamen und zwei Dankesworte von Weaver. Gerne hätte ich mich dem irren Sound des Quartetts noch länger hingegeben, ein sehr spezieller Genuss.

DSC02171 2 DSC02103 2 DSC02088 2

AMORPHIS
Dann war es angerichtet für den Danceact des Abends, denn in ihrer aktuellen musikalischen Version waren die Sechs aus Helsinki der melodische Zwischenpart, auch wenn sie zuletzt härtetechnisch wieder zugelegt haben. Doch sie ließen auf sich warten, obwohl Schlagzeug und Keyboards bereits standen dauerte die Umbaupause vierzig Minuten. Da hätte man lieber die erst band noch einen Song spielen lassen oder nicht um die seltsame Zeit von 18:50 Uhr beginnen sollen. Irgendwann tauchten sie tatsächlich aus dem Intro heraus im Bühnennebel auf, der sich immer noch nicht gänzlich verzogen hatte. Daraus entwickelte sich der Opener das aktuellen Albums "Queen Of Time", der mit seiner tollen Mischung aus kraftvollen Parts und einem sehr sanften Chorus sofort für klare Verhältnisse sorgte.

Da ging im Publikum deutlich mehr als bei der ersten Band, die Leute sprangen, klatschten und sangen mit, wobei sich die Musik auch dazu eignete. Doch mit dem zweiten Song wurde das Dilemma der letzten Scheiben deutlich, denn Produzent Jens Bogren ist ein Meister der zu vielen Töne, wodurch die Truppe mehr Dinge auf dem Album eingebaut hat, als sich live reproduzieren lassen. So kamen dann ein paar Dinge und auch Chöre vom Band, dabei wäre die Musik von AMORPHIS abwechslungsreich genug.
Neben der Problematik bei den neuen Stücken kommt mit fortdauernder Karriere ein immer größerer Backkatalog dazu, der nicht mehr in ein Set zu packen ist, zumal man an dem Abend mit gut siebzig Minuten kürzer spielte als gewohnt. So fallen immer mehr Lieder der mittleren Phase von Alben wie "Eclipse" oder "Silent Waters" weg, selbst von "Circle" gab es nichts zu hören. Die beiden letzten Scheiben standen im Fokus, und natürlich das ewige "Tales From The Thousand Lakes" dessen Hit man zwischenzeitlich eingemottet hatte.

Doch live machte man auch aus den schwierigen Titeln noch wahre Epen, hier schälten sich die Melodiebogen besser heraus, die dann vielfach mitgesungen wurden. Frontmann Tomi Joutsen, der dieses Mal in ein normales Mikrofon sang, forderte immer wieder die Menge auf, indem er mit einem Arm von unten nach oben ruderte. Natürlich bekam er die Reaktionen, die er wollte, es ist schon erstaunlich wie groß die Kapelle mittlerweile geworden ist. Wie seine Mitstreiter erklomm er immer wieder die Riser am vorderen Bühnenrand, von er noch mächtiger wirkte. In Sache Stageacting war der Sänger sehr umtriebig, konnte aber auch aus dem Hintergrund agieren, wenn er auf dem Podest zwischen Tastenburg und Drumkit stand.

Wie dort Jan Rechberger die Kessel rührte ist vielleicht ein positiver Nebeneffekt der letzten Studioaufenthalte, denn er wurde präsenter reingemischt, was richtig Wucht erzeugte. Sein Rhythmuskollege Olli-Pekka Laine versprühte mit Stirnband und Bart eher Hippie-Feeling, was gut zu den Alben der Nuller-Jahre gepasst hätte. Er war ebenso umtriebig wie die beiden Gitarristen, die seit nunmehr dreißig Jahren ein perfekt eingespieltes Team darstellen. Während Tomi Koivussari die je nach Gebrauch flächigen oder kraftvollen Riffs lieferte, legte Esa Holopainen sein unnachahmliches Leadspiel darüber, was wunderbar verschmolz. Sie konnten jedoch auch die ganz harten Saiten aufziehen, wie sie in einem Auszug vom Debüt bewiesen, der auch fast gebracht wird.

Soli standen weniger auf dem Programm, Leadgitarren gab es ja zu Genüge auf die Ohren. Wenn dann mal einer der Musiker sich dazu aufschwang war es oft Santeri Kallio an seinen Keyboards. Während er sonst zumeist Nord-Equipment nutzte, griff er bei den Einlagen eher nebenan auf einen Mini-Moog-Nachbau zurück. Seine Beiträge, welche zumeist die Atmosphäre unterstützen kamen im transparenten Sound ebenfalls gut zur Geltung. So wähnte sich das Publikum mitten in den finnischen Wäldern, die eine ähnliche Erhabenheit ausstrahlen wie die Musik des Sechsers. Wer dann noch die Leute mit solchen Hits, wie sie am Start waren abholen kann, wurde zu Recht abgefeiert, Kopfkino mit Kopfschüttelappeal, immer wieder fein.

Setlist AMORPHIS:
The Bee
Heart Of A Giant
Bad Blood
Silver Bride
The Four Wise Ones
Thousand Lakes/Into Hiding
Against Widows
Sampo
Wrong Direction
The Golden Elk
Sign From The North Side
House Of Sleep
Black Winter Day

DSC02707 2 DSC02629 2 DSC02785 2

DIMMU BORGIR
Nicht ganz so lange sollte der nächste Umbau dauern, obwohl so ein paar Podeste mehr aufgebaut wurden, auf denen der Drumriser hoch thronte. Das Backdrop ließ Unheil erwarten und das nahm natürlich thematisch seinen Lauf, was vor allem zu Beginn auch vom Bühnengebaren her rübergebracht wurde. Alle Musiker versteckten sich während der ersten zwei Songs vom aktuellen Dreher "Eonian" unter Kapuzen, alles detailliert verziert, ebenso wie die Körperbemalung der Musiker. Dachte ich zuerst daran, wie gut das Keyboard heraus gemischt wurde, so war mir das Tastenorchester dann schnell etwas zu viel des Guten.
Die Sechs aus Oslo kehrten ihre theatralische Seite heraus, für Gitarren war kaum Platz, ihr Sirren diente lediglich als Untermalung. Das hatte durchaus Stil, vor allem, weil die Lightshow noch besser zur Geltung kam als beim ersten Hauptact des Abends. Natürlich wurde nicht mit Nebel gespart, der hier aber die Stimmung zu unterstützen wusste. Wie die gestreuten Lichtkegel die Musiker umkreisten sorgte für noch einen epischeren Gesamteindruck. Das war optisch und klangtechnisch alles wunderbar inszeniert, es schallte sogar noch lauter aus den Boxen, doch die Raserei des Black Metal stellte sich kaum ein, des Spektakel wurde eher bewundert als mit ihm mitgegangen.

Klar gab es die Stimmen, dass die Formation kein richtiger schwarzer Stahl sei schon seit "Enthrone Darkness Triumphant", doch hier bekamen sie neue Nahrung. Doch abgesehen von etwaigen Stildiskussionen war das was auf der Bühne passierte schon gewaltig. Als im Anschluss zwei Titel von recht thrashigen "In Sorte Diaboli" rausgeprügelt wurden, fielen die Kapuzen und legten die Gesichter der Mucker frei Silenoz trägt mittlerweile wie Galder Glatze, die beiden könnten fast als Zwillinge durchgehen. Gerlioz hatte einen schwarzen Balken über den Augen, so dass man zweimal hinsehen musste, ob sie ihrem Keyboarder nicht einfach die Augen verbunden hatte. Er thronte auf dem rechten Riser, während Viersaiter Victor Brandt links dem Geschehen erhöht beiwohnte und ein paar Backingvocals beisteuerte. Mit den erwähnten Nummern kam dann auch Bewegung in die Menge, die Haare kreisten während auf Pitszenarien verzichtet wurde.

DSC03112 2 DSC03071 2

Die Schwarzheimer auf der Bühne waren dementsprechend ebenso viel unterwegs, Brandt gesellte sich öfter nach unten zu dem alteingesessenen Axtduo, ohne das jetzt ein Bandgefüge wie bei ihren finnischen Kollegen entstanden wäre. Frontmann Shagrath gab sich dem Publikum gegenüber sehr offen, mit seinen Lichtern am Mikroständer hatte er fast etwas von einem Rockstar. Allerdings fand er auf der Bühne nicht so die Bindung, was auch einfach der Inszenierung geschuldet war, die weitaus einstudierter war. Was jetzt nicht heißen soll, dass DIMMU BORGIR keinen Spaß an ihrem Gig gehabt hätten, vor allem Galder sah man immer wieder mit einem Lächeln im geschminkten Gesicht. Obwohl das bestimmt auch wieder die Szenewächter auf den Plan gerufen hat.

Es ging blockweise weiter, dieses Mal mit dem letzten Longplayer "Abrahadabra", der wieder mehr das orchestrale Element bedient hatte. Überhaupt setzte man vornehmlich auf jüngere Songs, sehr zum Leidwesen der alten Fans, die vergebens "Stormblast" gefordert hatten. Die wuchtige, wenn auch von vielen Bandeinspielungen erzeugte Atmosphäre wurde auch hier wieder mit einer starken Lightshow unterlegt, die Stroboskop-artigen Lichter schwenken über die Bühne hin und her und visualisierten damit den Kontrast aus Raserei und Wogen.
Nach weiteren Liedern vom aktuellen Langeisen und "Puritanical Euphoric Misantrophia" setzte es am Ende noch die großen Hits der Norweger. Ob im Publikum wegen dem geringeren Mitmachfaktor oder wegen fortschreitender Ermüdung etwas weniger ging, lässt sich schwerlich sagen. Sicher ist nur, dass mit dem ultimativen Kracher am Ende, wohl einem der besten Metalsongs überhaupt, das Highlight des Abends gezündet wurde. Jeder der Anwesenden gab noch einmal alles, so dass das Schlachtfest im Schlachthof ein würdiges Ende fand. (Pfälzer)

Setlist DIMMU BORGIR:
The Unveiling
Interdimensional Summit
The Chosen Legacy
The Serpentine Offering
Gateways
Dimmu Borgir
Puritania
Aetheric
Council Of Wolves And Snakes
Kings Of The Carnival Creation
Progenies Of The Great Apocalypse
Mourning Palace

 

DSC03041 2  DSC03148 2

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden