Iron Maiden - The Book Of Souls

Iron Maiden - The Book Of Soulsnb mehrfachwertungDa ist es also endlich, das neue IRON MAIDEN-Album „The Book Of Souls". Wie schlecht die Anzeichen für das Fertigstellen dieser Platte vor einem Jahr noch standen, dürfte jeder Fan mitbekommen haben. Umso erfreulicher, dass sich Sänger Bruce Dickinson wieder vollständig erholt hat und auf „The Book Of Souls" in alter Stärke erstrahlt. Doch kann das Album die Erwartungen der Fans erfüllen?

Um diese zu erfüllen, müsste man zunächst wohl die unterschiedlichen Fangruppen von IRON MAIDEN ausmachen. Allein diese Aufgabe ist bereits schier unmöglich, denn Fans von „Iron Maiden" mögen oftmals „Piece Of Mind" nicht, von „Seventh Son Of A Seventh Son" ganz zu schweigen. Demnach lässt sich diese Frage schlichtweg nicht beantworten. Fakt ist aber, dass IRON MAIDEN mit „The Book Of Souls" erneut zeigen, wie groß ihr Horizont ist und damit unterstreichen, dass sie wahre Legenden sind. Mit 92 Minuten (!) ist das Album sehr wuchtig, und Doppelalben diverser Kollegen in dieser Form stellten sich im Nachhinein nicht immer als die beste Idee heraus. IRON MAIDEN haben aber bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass sie ein Händchen zu ausufernden Stücken haben. Zumindest ich kenne nur wenige Bands, bei denen ich gespannt einer Fünfzehn-Minuten-Nummer live zuhören kann. Früher mag das anders gewesen sein, aber in unserer schnelllebigen Zeit ist das eine wahre Seltenheit geworden.

Doch nun zum eigentlichen Album, für mich verhält es sich mit „The Book Of Souls" genau so wie mit den letzten Alben der Briten. Sowohl „A Matter Of Life And Death" als auch „The Final Frontier" gefielen mir anfangs nicht so richtig, da die Songs viel zu komplex waren und ich lieber wieder meine 1980er Version von IRON MAIDEN hören wollte. Aus heutiger Sicht, und mit einigem Abstand zu den Alben, höre ich diese immer wieder gerne, und gerade „A Matter Of Life And Death" hat mit der Zeit sogar an Reiz zugelegt. So ähnlich verhält es sich auch mit „The Book Of Souls", wobei dieses Album trotz der erst einmal erschreckenden Länge keinesfalls schlecht ins Ohr geht. Um das Album ganz zu erfassen, brauch es natürlich mehrere Durchläufe, und ich bin sogar der Meinung, dass man auch dann noch nicht alles entdeckt hat. Dazu bieten IRON MAIDEN einfach viel zu viele Facetten. Die gute Nachricht ist, dass das Album durch und durch IRON MAIDEN ist und auch entsprechend klingt. Auch Nicht-Prog-Fans werden hier auf ihre vollen Kosten kommen, mir selbst liegt der gute alte Prog-Rock nämlich auch nicht so besonders, „The Book Of Souls" ist aber nicht von derartiger Form. Viel eher gestalten IRON MAIDEN das Genre in ihrem Stil, natürlich hört man hier und da, woher die Einflüsse kommen, aber nicht in der Form, dass ständig merkwürdige Tempowechsel stattfinden und der Zuhörer damit überfordert wird. IRON MAIDEN bieten auf „The Book Of Souls" ihren Fans eigentlich von jedem ihre Stile etwas. Lediglich das punkige Image der Frühzeit ist schlichtweg nicht mehr vorhanden, doch das fehlt ja bereits seit „The Number Of The Beast", und dennoch erkennt man deutlich wo die Reise mit „Phantom Of The Opera" begonnen hat.

Gleich der Opener „If Eternity Should Fail" zieht den Zuhörer über acht Minuten in seinen Bann. Ein wirklich ungewöhnlicher Opener, der letzten Endes aber wesentlich gelungener ist als auf „The Final Frontier". Die Keyboardsounds mögen anfangs etwas befremden, aber keine Bange, diese gehören wirklich nur zum Intro des Songs. Spätestens nach dem dritten Durchlauf öffnet sich der Song vollständig und stellt sich als reinrassige IRON MAIDEN-Nummer heraus. Den Abschluss in Form eines Spoken-Words-Teils wirkt allerdings dennoch etwas befremdlich. Keyboards sind dennoch auf dem gesamten Album sehr präsent, allerdings gelingt der Spagat zwischen Gitarrensounds und Keyboardsounds wesentlich besser als den Kollegen JUDAS PRIEST bei ihrem "Nostradamus"-Album. Das vorab veröffentlichte „Speed Of Light" dürfte mittlerweile bekannt sein, eines der wenigen Stücke unter sechs Minuten im typischen IRON MAIDEN-Stil, mitunter aber einer der schwächeren Songs der Scheibe. Mit „The Great Unknown" wird es anschließend sehr spannend, ein ruhiges Intro leitet über zu den beliebten Bruce Dickinson-Screams, mit denen klar wird, dass der Sänger nichts von seiner Stimme verloren hat. Ab der Hälfte nimmt der Song ordentlich an Fahrt auf, bevor er mit einem längeren Instrumental-Teil endet. Das darauf folgende „The Red And The Black" erinnert stark an „Brave New World"-Zeiten und lässt diverse Folk-Einflüsse aufblitzen. Dabei finden in dem Song sehr viele Tempowechsel statt, gegen Ende gibt es noch einige Chöre zu hören, die allerdings etwas spät Einzug im Song halten und dadurch deplatziert wirken. Den Song hätte man vermutlich auch ein wenig kürzer halten können. Mit „The River Runs Deep" folgt das nächste Stück, das unter sechs Minuten liegt. Der Song ist zwar kurz, aber sehr verspielt und geht daher nicht direkt ins Ohr. Nach mehrmaligem Hören stellt sich das Stück aber als durchaus interessante Nummer heraus. Den Abschluss findet der erste Teil des Doppelalbums mit dem Titelstück „The Book Of Souls", welches mit akustischen Klängen beginnt und im weiteren Verlauf einen sehr coolen Rhythmus bietet. Die Länge von zehn Minuten fällt kaum ins Gewicht, einer meiner Favoriten der Platte.

Der zweite Teil wird mit dem kurzen und prägnanten „Death Or Glory" eröffnet, das mit einem guten Refrain aufwartet, der mir gegen Ende aber ein paar Mal zu oft wiederholt wird. Das darauf folgende „Shadows In the Valley" erinnert mit seinem Intro stark an „Wasted Years" und kommt live durch gute Mitsingparts sicherlich sehr gut an. Mit knapp fünf Minuten ist „Tears Of A Clown" der kürzeste Song des Albums, der allerdings auch einer der schwächsten ist, eventuell braucht die Nummer etwas Zeit und Abstand. „The Man Of Sorrows" bietet die von mir geliebten Maiden-typischen Gitarrenmelodien, denen ich stundenlang zuhören könnte, und wartet mit sehr guten Gitarrensolos auf. Den Abschluss bestreiten IRON MAIDEN mit „Empire Of The Clouds", einem viel diskutierten Song, auf den jeder Fan sicherlich besonders heiß ist. Mit über 18 Minuten ist der Song der bisher längste in der Geschichte von IRON MAIDEN. Waren die epischen IRON MAIDEN Nummern bisher eher Steve Harris Gebiet, zeigt Bruce Dickinson Steve Harris nun deutlich, wo der musikalische Hammer hängt. Mit „Empire Of The Clouds" hat Bruce nämlich ein Monument erschaffen, das ähnlich grandios daher kommt wie „The Rime Of The Ancient Mariner". Dabei unterscheiden sich die Songs aber ziemlich voneinander, so wurde das Pianointro von Bruce für den verstorbenen DEEP PURPLE—Organist Jon Lord geschrieben und gibt dem Song noch weitere Dramatik. Kaum zu glauben, wie schnell diese 18 Minuten vorbei gehen, der abschließende Höhepunkt des Albums.

IRON MAIDEN haben mit „The Book Of Souls" ein sehr gelungenes Album erschaffen, das für mich noch eine Stufe höher steht als „The Final Frontier" und in den nächsten Jahren sicherlich noch an Reiz gewinnen wird. Die Kompositionen sind sehr ausladend geworden, und man sollte das Album nicht mit einer Achtziger-Jahre-Erwartung hören. IRON MAIDEN sind schon lange nicht mehr auf dem Stand dieser Zeit und entwickeln sich mit „The Book Of Souls" erneut eindrucksvoll weiter. Ein derart starkes Album hätte ich von der Band nicht erwartet und hoffe, dass es auch nicht ihr Letztes ist. (Pascal)
 

Bewertung: 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 6 (CD1) / 5 (CD2)
Spielzeit: 92:17 min
Label: Parlophone (Warner)
Veröffentlichungstermin: 09.09.2015

Wertung der Redaktion
Matthias Klaus Jochen Dennis Rainer Andreas Maik
9  7  7  7,5  7,5    7,5 8

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