Drucken

whileheavenwept suspendedataphelionnb mehrfachwertungEs war 2011 schon eine kleine Enttäuschung gewesen, das letzte Album "Fear Of Infinity". Aber die Truppe um Tom Phillips hatte mit "Vast Oceans Lachrymose" die Meßlatte auch sehr hoch gelegt. Zuvor hatten WHILE HEAVEN WEPT in langen Abständen zwei starke Scheiben veröffentlicht, doch 2009 lieferten sie ihr Meisterwerk ab. Es mag sein, dass die Zeit bis zum Debüt für Nuclear Blast zu kurz war, dass man einfach noch ein Album nachschieben wollte, und so den vierten Longplayer nicht reifen ließ. Nun hatte der Mainman, der nicht gerade für eine hektische Arbeitsweise bekannt ist, dreieinhalb Jahre Zeit, um "Suspended At Aphelion" aus der Taufe zu heben.

Streicher fanden zwar bisher nicht auf einem Werk der US-Amerikaner statt, aber als gänzlich unpassend dürfte der Hörer diese in "Introspectus" nicht empfinden, ebenso wie auf weiteren Titeln. Die akustischen Gitarren erheben sich danach in ganz typischer Manier und leiten in den ersten richtigen Song "Icarus And I" über. Schon hier wird klar, dass die Scheibe am Stück gehört werden will, denn alle Lieder ergeben ein komplett zusammenhängendes Epos. Dabei könnten viele Titel auch alleine stehen, wie eben jener vielschichtige Quasi-Opener.
Jener ist auch der mit Abstand längste und beinhaltet alle Elemente, die im weiteren Verlauf zu hören sind. Flächige Harmonien folgen auf das Intro, bevor dieser erhaben wogende Gesang von Rain Irving einsetzt. Gab es auf dem letzten Album eine kurze instrumentale Anleihe im extremeren Sektor, so taucht hier plötzlich eine Gesangspassage auf, die locker von CRADLE OF FILTH hätte stammen können. Ein sehr im Neoprog verhaftetes Solo von Keyboarder Jason Lingle bringt das Stück wieder auf angestammte Pfade zurück.

Doch wenn man genau hinhört, hat sich ein Hauch europäischer Extremmetalkultur weiter im Kosmos von WHILE HEAVEN WEPT breit gemacht, die sirrenden Gitarren im folgenden "Ardor" könnten auch von PRIMORDIAL stammen. Auch wenn Mark Zonder und Victor Arduini Gastbeiträge beisteuern, kann es nicht darüber hinweg täuschen, dass sich Tom Phillips vom US-Metal und seinem Haupteinfluss FATES WARNING im Speziellen entfernt. Das ist das weniger problematische an "Suspended At Aphelion", Weiterentwicklung kann niemals verkehrt sein.
Doch auf der einen Seite wirken die Titel viel straffer arrangiert und geben den Melodien nicht mehr die Zeit, um sich in aller Pracht zu entfalten. Man vermisst einfach die langen, schon fast in sich verlorenen Gitarrensoli. Damit verlieren die Kompositionen viel von ihrer Weite, die gerade "Vast Oceans Lachrymose" so auszeichneten. Auch sonst gibt die Formation ein wenig von ihrer eigenen Identität ab, wirkt angepasster, auch wenn sie immer noch nach wenigen Takten klar zu erkennen sind.

Im Anschluss wechseln sich durchgehend ruhige Songs mit härteren, treibenden Nummern ab. Auf der sanfteren Seite ist mal das Piano wie in "Heartburst" federführend, mal die Akustische, nachzuhören in "The Memory Of Bleeding". Von den härteren Stücken weiß ausgerechnet das Instrumental "Indifference Turned Paralysis" am meisten zu überzeugen, die empor steigenden Keyboardschwaden bringen ein wenig von der Atmosphäre, die ich ein wenig vermisse. Dazu liefern die Gitarristen Phillips und Scott Loose tolle Läufe in bester MALMSTEEN-Manier. Auch das Einflechten von spanischen Gitarren trägt die Handschrift des Schweden.

Zum Ende hin werden die einzelnen Titel kürzer, gehen dafür mehr ineinander über, könnten als Longtrack zusammen gefasst werden und vermitteln ein wenig mehr die altbekannte Epik. Hier finden sich auch wieder diese großen Chöre wie bei "Lifelines Lost", die majestätische Getragenheit. Doch nicht nur stilistisch sagt mir "Suspended At Aphelion" weniger zu, bei der Produktion liegt auch einiges im Argen. Trotz der verhältnismäßig langen Zeitspanne klingt manches nicht ausgereift, hätte mehr ausgefeilt werden können. Irvings Gesang konnte man schon mal eindringlicher vernehmen, die Gänsehaut, der er zaubern kann, stellt sich hier nicht ein.

Und auch beim Drumsound wurde geschlampt, selbst wenn die Becken toll abgenommen wurden, was ja bei vielen in jüngster Zeit ein Problem darstellt. Doch der Rest hat wie der Gesamtsound zu wenig Wucht, zu wenig Volumen, die Snare klingt teilweise trockener als britischer Humor, ist aber weniger witzig. Sicher werden sich wieder einige finden, die einem das als Höhepunkt des Underground verkaufen wollen.
Wer jedoch 1998 bei seinem Debüt auf einem Minilabel die Toms so dick krachen lässt, der enttäuscht mit diesem Klang einfach. Wir haben es hier mit Sicherheit mit einem guten Metalalbum zu tun, und sich denke, dass es der Mastermind keineswegs verlernt hat. Hätte man an ein paar Stellschrauben richtig gedreht, wäre bei dem Material etwas Großes heraus gekommen. In der Form allerdings wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. (Pfälzer)

Bewertung: 6,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 39:34 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 24.10.2014

Wertung der Redaktion
Jochen Kevin Andreas Maik Dennis Anne Jannick
7 9,5 5,5 7 7
6,5 7
Submit to FacebookSubmit to Twitter
doom doom   progressive progressive   epic  
Anmelden