joebonamassa differentshadesofbluenb mehrfachwertungEr ist derzeit das heißeste Eisen im Rockfeuer, vielleicht das nächste große Ding, oder einer, der alles überdauert. Kein Rockmusiker ist derzeit so relevant und gefragt wie JOE BONAMASSA. Einer der wenigen Künstler, die den Sprung vom Wunderkind zum ernstzunehmenden Star gemeistert haben. Dabei bedient er sich der ursprünglichsten Form der populären Musik, dem Blues, welchen er als weißer Mann wirklich lebt. Nachdem er eine Phase hatte, in der uns der Mann jährlich mit großartigen Alben versorgt hat, dauerte es nun mehr als zwei Jahre, bis "Different Shades Of Blue" in den Läden stand. Untätig war der US-Amerikaner in der Zwischenzeit nicht, neben einem weiteren Album mit BETH HART und dem letzten Dreher mit BLACK COUNTRY COMMUNION gab es einige spezielle DVD-Veröffentlichungen. Wie fällt nun das neue Material des Bluesers aus?

Es handelt sich dabei wirklich um neue Songs, denn zum ersten Mal verzichtete JOE BONAMASSA fast völlig auf Neubearbeitungen von Fremdkompositionen. Nur Lieder aus seiner Feder sollten darauf enthalten sein, wenn auch bei vielen die Hilfe von Songwritern hinzu gezogen wurde. Lediglich das kurze Intro "Hey Baby" stammt von JIMI HENDRIX und macht sofort die Neuerungen bei dem Sänger und Gitarristen deutlich. Vom Sound her geht er auf seinem neuesten Studiowerk eindeutig direkter und kantiger zu Werke als zuletzt.
Der warme Klang von Produzenten-Guru Kevin Shirley würde hörbar aufgeraut. Die Riffs drücken nun viel knackiger aus den Boxen, dafür fehlt "Different Shades Of Blue" ein wenig die rotweinselige Note von Kaminabenden. Damit geht Bonamassa zurück zu seinen früheren Alben wie "Blues Deluxe", wenngleich mit dieser starken Produktion. Denn trotz der Kurskorrektur tönt alles sehr differenziert aus den Boxen. Jedes Detail ist klar zu vernehmen, wenn auch das Gesamtbild nicht mehr so vollmundig ausfällt.

Man muss es dem Duo aber lassen, sich zu entwickeln, denn nach mehreren Scheiben mit ebenjenem Klang wollte es sich nicht wiederholen. Nur schade, dass man sich diesen Weg nicht für ein weiteres Werk mit fremden Songs aufgehoben hat, bei denen JOE BONAMASSA entsprechend härtere Stücke wählen sollte. Auch im Hinblick auf die Details ist dieser Schritt etwas unglücklich gewählt. Zum ersten Mal benutzt der Bluesereneuerer in größerem Ausmaß Bläsersätze, welche bei dem Sound der letzten Scheiben besser zur Geltung gekommen wären. So wirken diese sehr akzentuiert, kommen aber unglaublich genau auf den Punkt. Ein wenig flirtet das Gitarrengenie mit dem Hardrock und so klingt manches ein bisschen nach seinem zeitweiligen Projekt.

Nicht von ungefähr würde die Stimme von GLENN HUGHES besser zum aufbrausend emotionalen "Oh Beautiful" passen als die des coolen Bonamassa. Wenn dann das LED ZEPPELIN-Gedächtnisriff herein bricht, wird die Verwandtschaft zur Nebenspielwiese noch deutlicher. Der eigentliche Opener wurde ebenso wie das folgende „Love Ain´t A Love Song" schon im Frühjahr live vorgestellt. Jene Nummer bringt zum ersten Mal die Bläser an den Start und wildert unverhohlen im Funk. Das swingt und groovt locker vor sich hin, wird aber die Puristen wieder auf den Plan rufen.
Die dürften zwar ob des erdigeren Sounds erst mal mit der Kritik sparsam sein, und auf mehr Schweiß vom Angesicht des geschundenen schwarzen Arbeiters hoffen, aus dem der Blues einst geboren wurde. Doch wo man sich klangtechnisch mit Opulenz zurück hält, legt man bei den Arrangements noch eine Schippe drauf. Die zünden aber nicht alle so wie man es aus der Vergangenheit gewohnt ist. Lediglich bei „Heartache Follows Wherever I Go" gelingt Großes, wenn die Orgel mit einstimmt und gemeinsam mit den Blasinstrumenten die knackigen Gitarrensalven des Meisters pariert.

Beeindruckend auch wie es gelingt, die komplette Bandbreite des Genres auszuloten, was sich durch das ganze Schaffen des Mannes zieht, jedoch nicht immer goutiert wurde. Auf Spurensuche, wo der Blues seine Fußabdrücke bei AC/DC hinterlassen hat, stolpert man über „Never Give All Your Heart". Hier lässt JOE BONAMASSA seine Sechssaitige richtig rauchen, die Essenz des Riffrock mit der Brillanz dieses Könners. Wer den eher sanften Bonamassa bevorzugt wird den Titeltrack mit seiner wunderschönen Westcoast-Melodik lieben. Und am Ende gibt es mit dem vom Piano getragen „So, What Would I Do" den obligatorischen Slow Blues. Das Piano hat beim Bar-mäßigen „I Gave Up Everything For You, ´Cept The Blues" ebenfalls seine Momente.

Hier sind ausnahmslos Spitzenmusiker am Werk, die immer den richtigen Ton beitragen können. Zugeben muss man allerdings, dass analog zum Klangbild auch bei den Aufnahmen nicht alles bis ins letzte Detail ausgefeilt wurde. Die aktuelle Gallionsfigur des Blues steht natürlich wieder über allem, kann seine gesanglichen Fortschritte erneut unter Beweis stellen, über sein beseeltes Spiel ist ohnehin schon alles gesagt worden.
Klar ist „Different Shades Of Blue" sicherlich nicht sein bestes Album. Aber was heißt das schon bei einem Künstler, der sich mit „Driving Towards The Daylight" und vor allem dem epochalen „Ballad Of John Henry" auf ein Level hievte, dass er nur schwerlich permanent erreichen kann und so viele andere nie erreichen werden. Wir haben es trotz allem mit einem sehr starken und abwechslungsreichen Stück Rockmusik zu tun, mit dem JOE BONAMASSA seine Vormachtstellung weiter untermauern wird. (Pfälzer)
 

Bewertung: 8 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 48:24 min
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 19.09.2014

Wertung der Redaktion
Kevin Anne Jochen Maik Klaus Pascal Andreas
9 7 7 8 7 7,5 8
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Pfaelzers Avatar
Pfaelzer antwortete auf das Thema: #15221 9 Jahre 5 Monate her
Klar muss man schon ein gewisses Bluesverständnis mitbringen. Unter den herausragenden Gitarristen der Szene ist er darüber hinaus noch ein toller Songschreiber, was er ebi "Different Shades Of Blue" leider nicht immer unter Beweis stellen kann.
Jochens Avatar
Jochen antwortete auf das Thema: #15206 9 Jahre 5 Monate her
Ein großartiger Gitarrist, ohne Frage, aber ansonsten lässt mich die Musik eher kalt. Da ich auch nicht so den Zug zum Blues habe, werde ich wohl nie den Hype um diesen talentierten Musiker nachvollziehen können.
Pascals Avatar
Pascal antwortete auf das Thema: #15201 9 Jahre 5 Monate her
Zu meiner eigenen Schande, muss ich an dieser Stelle gestehen, dass ich bis zum Konzert in Luxemburg von Joe Bonamassa so gut wie nichts kannte.
Und Schande daher, da ich selbst eigentlich mit dem Blues auf der Gitarre angefangen habe. Die Sachen von BLACK COUNTRY COMMUNION sind mir natürlich ein Begriff, aber das er Solo so grandiose Werke veröffentlicht hat, ging bisher an mir vorbei.

"Different Shades Of Blue" und das Konzert haben mir jetzt aber die Augen geöffnet. Auf mich wirkte Bonamassa immer ein wenig arrogant, was er aber eigentlich gar nicht ist und sein Gitarrenspiel ist einfach der Wahnsinn!

"Different Shades Of Blue" war für mich schon mal ein guter Einstieg, an einigen Stellen find ich jedoch den Gesang ein klein wenig schwach und insgesamt gibt es für mich nur eine handvoll Stücke die richtig herausstechen. Insgesamt aber eine gute bis sehr gute Platte!

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