Sólstafir - Ótta

 

Solstafir-Ottanb mehrfachwertungDass diese Isländer inzwischen eine absolute Sonderstellung in Gitarrengefilden inne haben, wird sich sicherlich bereits herumgesprochen haben. Und dass der berüchmt-berüchtigte Grat zwischen musikalischer Genialität und Wahnsinn auch ein ganz Schmaler ist, bewiesen die Jungs aus Reykjavík nicht erst seit dem Doppel-Album "Svartir Sandr", welches u.a. diese Geschichte in mir hervorgerufen hat.
"Ótta" wurde dementsprechend nicht nur von mir mit absoluter Vorfreude erwartet; die vorab gespoilerten Songs "Lágnætti" sowie der Titeltrack ließen einmal mehr ein ganz, ganz großes Stück Musik voller Magie und eigentümlichen isländischem Spirit erwarten - letzten Endes muss aber auch bei SÓLSTAFIR irgendwann Abstriche gemacht werden. Warum? Einen Klick weiter und einer möglichst ausführlichen Betrachtung seid ihr schlauer!

Dabei erfüllt das Quartett eigentlich sämtliche Erwartungen an ihr fünftes Studioalbum: Musikalisch ist "Ótta" die logische Weiterentwicklung des eingeschlagenen Weges, der voll von psychedelisch-rockigen Momenten, zum Teil genialen Melodien und der ein oder anderen Überraschung lebt. Thematisch ist man sich treu geblieben und bringt dem geneigten Hörer das Leben auf dieser seltsamen Insel außerhalb Europas ein gutes Stück näher.

So ist "Ótta" ein Konzeptalbum geworden, welches nach der alten isländischen Aufgliederung des solaren Tages in acht Zeitabschnitte zu je drei Stunden ("Eykt") je einen Song parat hat - standesgemäß startet die Scheibe um Mitternacht mit "Lágnætti" und geht in "Ótta", dem zweiten Teil der Nacht über. Und Freunde, allein diese beiden Tracks haben mich, wie bereits oben erwähnt, übelst geplättet. Beim Opener regiert neben zarten Streichern ein herzerweichendes Piano, welche im krassen Kontrast zum einsetzenden Stakkato-Rocker steht - aber dennoch sich dann wunderbar ergänzen. Acht Minuten vierundvierzig Sekunden typisches SÓLSTAFIR-Kino, einfach nur großartig! "Ótta" steht dem in nichts nach: Hier wagt man sich an den Einsatz eines Banjos, welches eine Melodie zupft, die wohl auf ewig in meinem Hirn kleben bleiben wird. Der typische Klimax am Ende des Tracks setzt dem Ganzen noch das absolute Sahnehäubchen auf. Nochmal 9:38 min Lehrstunde für alle ambitionierten Bands, wie man einen epischen Track langsam aufbaut, ins Rollen bringt und dennoch "catchy" gestaltet. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich der Scheibe die glatte "10" gezückt!

Ihr ahnt es bereits, es geht nicht ganz so fabulös weiter. Bei "Rismál" müssen genauso Abstriche gemacht werden wie bei "Middegi" und "Nón", die mir für SÓLSTAFIR-Verhältnisse ein wenig ZU simpel geraten sind. Relativ straighte Rocker, denen aber ein wenig die Tiefe fehlt. Aber gut, man kann ja nicht nur epische Songs schreiben.
Dafür entschädigt und überrascht das fast schon wavige "Dagmál" dazwischen wieder und mit "Midaftan" wagt man sich sogar an einen reinen Piano-/Streicher-Track, der mir aber ein wenig zu langatmig geraten ist. Auch das abschließende "Náttmál" bewegt sich mit seinen gut sieben Minuten wieder in typischer Länge und Breite, kann aber auch nur bedingt überzeugen: hier sind mir zuviele bereits zuvor gehörte Parts bzw. Strukturen wiederzuerkennen.
Dennoch muss man dem Quartett eines natürlich zugute halten: SÓLSTAFIR haben ihren ganz eigenen Stil gefunden und vermischen geschickt SMASHING PUMPKINS- und SIGUR RÓS-Flair mit nach wie vor paganistischen Anflügen, die sonst einfach keine Band auf diese Art und Weise beherrscht. Adalbjörn Gudmonsson´s Organ sucht ebenso nach wie vor seinesgleichen und der Kerl hat inzwischen so richtig "Singen" gelernt.

So ist "Ótta" in der Gesamtheit sicherlich kein mittelprächtiges Album geworden, aber "Köld" und "Svartir Sandr" haben mich musikalisch über die volle Distanz noch mehr gekickt. Für die Vertonung dieses bemerkenswerten isländischen Tages gibts passenderweise dennoch eine glatte "Eykt". (Brix)

Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 57:24 min
Label: Seasons Of Mist
Veröffentlichungstermin: 29.08.2014

Wertung der Redaktion
Jochen  Anne  Maik Pascal   Jannick  Pfälzer  Katharina
7,5 8 8 8 8 8,5 8,5
Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden