Mehrfach-Wertung der Redaktion

edguy__ageofthejokerVon EDGUY erwarte ich eigentlich nicht mehr viel. Zwar war „Tinnitus Sanctus“ im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern wieder um einiges besser, kam aber dennoch nicht an die ersten Scheiben ran (als sie noch true waren und nicht so kommerziell (ahü ahü)). Umso überraschter war ich, als  vorab das Video zu „Robin Hood“ veröffentlicht wurde. Nicht nur, daß die Band unglaublich sexy in furchtbar kleidsamen grünen Strumpfhosen agiert (übertroffen nur vom geradezu atemberaubenden Sex-Appeal eines Bernhard Hoecker) – nein auch musikalisch ist der Song eine echte Gabe (bis auf den öden und doch etwas übertrieben pathostriefenden Spoken-Word-Part in der Mitte – aber den hat man eigentlich schnell wieder verdrängt). Genial auch die an die glorreichen 70er erinnernde Hammondorgel.

Mit „Nobody’s Hero“ geht es gleich stark weiter. Der Song ist ein typischer flotter EDGUY-Song mit starkem 80er-Metal-Einschlag uns sehr genialem Anfang. Eine coole Nummer mit fast schon untypischer Härte. Anspieltip! Und auch „Rock Of Cashel“ ist eine schöne Nummer, die bloß einen Ticken zu midtempolastig ist. Sehr schön sind auch die folkigen Element, die den Jungs aus Fulda überraschend gut zu Gesicht stehen. Garniert ist das ganze dann noch mit ein paar hübschen „Oh-ho“-Chören.

Countryklänge läuten „Pandora’s Box“ ein. Und der Song klingt gar nicht so düster, wie sein Titel verheißt. Über große Strecken ist der Song zu bluesig, zu balladesk, zu sperrig, aber dann sind da wieder diese herrlich sägenden Gitarren. Insgesamt nimmt der Song allerdings doch etwas den Schwung aus dem Album. Da ist man schon froh, wenn endlich „Breathe“ beginnt. Und das nicht nur, weil der Song ein typischer EDGUY-Song ist, der nahezu alle Trademarks der Band in sich vereint und eigentlich genau so klingt, wie man EDGUY hören will.

Dafür ist „Two Out Of Seven“ dann relativ unnötig. Der Song beginnt zwar ähnlich stark wie „Breathe“, langweilt aber recht schnell. Auf den hätte man eigentlich auch gut verzichten können (hoffentlich muß ich dem Tobi jetzt nicht den Schwanz lutschen…). Bei „Faces In The Darkness“ denkt man bei den ersten Sekunden noch: „Oh scheiße, die Quotenballade!“ doch dann setzen herrlich harte Gitarren ein und der Song entwickelt sich zu einem sehr feinen, typischen EDGUY-Midtempo-Song mit harten Einsprengseln. Auch „The Arcane Guilde“ beginnt sehr vielversprechend, verfügt über ein paar fiese Hammonorgelparts, bevor sich der Song in (zugegebenermaßen ganz cooles) Gefrickel auflöst und dann plötzlich endet und den Hörer etwas ratlos zurückläßt.

Jetzt! Jetzt aber! Die Quotenballade! Ach nee…doch nicht. Da entwickelt sich „Fire On The Downline“ doch tatsächlich noch zum Midtemposong mit sägenden Gitarren und genialen Gesangsparts. Sehr feiner Song! Und um den Hörer aus seinen möglicherweise aufgekommenen romantischen Träumen zu wecken fährt man mit „Behind The Gates To Midnight World“ nochmal richtig harte Geschütze auf. Der Song hat eine herrlich düstere Atmosphäre und erinnert phasenweise etwas an gute alte Savatage. Ein richtig guter Song mit der richtigen Balance aus Härte und ruhigen Parts, der aber auch gut auf einem Avantasia-Album hätte stehen können. Daß der Song fast 9 Minuten dauert fällt gar nicht auf, er wird eigentlich nie langweilig.

Aber jetzt! Jetzt! Endlich! Zum Abschluß der Scheibe gibt es mit „Every Night Without You“ die Quotenballade, auf die man schon die ganze Zeit wartet (oder auch hofft, daß dieser Kelch an einem vorüberzieht). Und trotz romantischen Schunkel- und Schmusemelodien hat man es geschafft, nicht in Kitsch abzudriften sondern sich sogar ein gewisses Maß an Heavyness zu bewahren.

Insgesamt ist „Age Of The Joker“ ja wirklich nicht schlecht, aber irgendwie kann ich mit dem Album nicht so recht warm werden. Man hat immer gute Ansätze, gute Parts aber oft kommt dann wieder ein Part, der langweilt oder gar nervt, z.B. das Geleiere von Tobias Sammet bei langgezogenen Tönen. Sowieso hat man den Eindruck, daß der Sänger manchmal sein Potential nicht ausschöpft. Zwar gibt es auf der Scheibe viele schöne, harte Gitarrenparts, aber auch einfach zu viele ruhige Parts. Auch vermisse ich die EDGUY-typischen Chöre, die nur noch selten auftreten.

Wie schon beim letzten Album „Tinnitus Sanctus“ muß man feststellen, daß es Songs gibt, die eigentlich besser auf ein AVANTASIA-Album gepaßt hätten, während es AVANTASIA-Songs gibt, die besser auf ein EDGUY-Album passen würden. Die Grenze zwischen Band und Projekt verschwimmt mit der Zeit immer mehr. Ob das jetzt gut oder schlecht oder schlichtweg vollkommen egal ist, muß letzten Endes jeder für sich selbst entscheiden. Interessant sind neue Elemente wie die folkigen Parts oder die Hammondorgel, die den Sound der Band aufwerten. „Age Of The Joker“ ist zwar ein gutes bis sehr gutes Album, aber im Direktvergleich schneidet „Tinnitus Sanctus“ doch besser ab. Wobei ich mir aber auch gut vorstellen kann, daß das Album mit der Zeit noch wächst. Und meine nicht vorhandenen Erwartungen werden mit „Age Of The Joker“ auf jeden Fall bei weitem übertroffen. (Anne)

 

Bewertung: 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 65:23 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 26.08.2011

Wertung der Redaktion
Maik Mika Coralie Rainer David Simon Kevin
8,5 8 7,5 7,5 6,5 7 6,5
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