Magnum - The Serpent Rings

magnum theserpentrings200nb mehrfachwertungZehn Jahre und sechs Alben lang ging die Sache wirklich gut für die Pomp Rocker. Mit bis auf der Schlagzeugerposition unveränderter Besetzung lieferten sie gleichbleibend hohe Qualität ab, hielten sich dabei immer streng in ihrem stilistischen Rahmen. Vor vier Jahren stellten sich dann mit "Sacred Blood "Divine" Lies" die zu befürchtenden Abnutzungserscheinungen ein. Als Folge verließ Mark Stanway nach über dreißig Jahren die Formation und wurde durch Rick Benton ersetzt, zudem nahm erstmals Lee Morris auf dem Drumschemel Platz. Und plötzlich versuchten MAGNUM wieder etwas Neues, bauten wie nie zuvor Siebzigereinflüsse mit ein. Während der Vorproduktion zu "The Serpent Rings" gab Bassist Al Barrow seinen Ausstieg bekannt, dessen Nachfolger Dennis Ward könnte weitere Veränderungen mitbringen. Der erfahrene Studiocrack, der nun endgültig bei PINK CREAM 69 draußen ist, wird sicherlich auch bei der Produktion involviert worden sein, wo kein Externer mehr nach "Goodnight L.A." mehr eingriff.

Natürlich ist Mastermind Tony Clarkin, der die letzten dreißig Jahre die Zügel in der Hand hielt immer noch für alles verantwortlich, doch der so stoisch wirkende Engländer scheint sich zu öffnen. Dabei sollte die Handschrift des neuen Viersaiters doch zu der Truppe passen, schließlich hat er mit deren Sänger Bob Catley und TEN schon stilistisch ähnliches an den Reglern betreut. Gerade Letztere profitieren auf den Scheiben, bei denen er im Studio allein das Sagen hatte von seinem druckvollen Klangbild. Denn für seinen voluminösen Sound, welcher die Instrumente schön krachen lässt, ist Ward bekannt. Das ist natürlich ein kleiner Schritt weg von den Seventieswurzeln, aber auch kein Rückschritt in die Jahre nach der Reunion.

Vom sehr dicken Soundgewand profitiert vor allem "You Can´t Run Faster Than Bullets", dessen Eröffnungsriff packend über die Hörer hinweg brettert. Nicht weniger überraschend dürften die elektronischen Einsprengsel sein, die sich aber passend einfügen, Rick Benton scheint der Truppe gut zu tun. Am Ende der Nummer lässt er sich mit Clarkin auf eine atmosphärische Jam ein, die den Klängen nahe kommt, welche sie live standardmäßig in "How Far Jerusalem" einbauen. Bereits in "Welcome To The Cosmic Cabaret" vom Vorgänger hat man im Studio damit experimentiert und gewonnen.
Ist das Stück noch mit dem klassischen Spannungsaufbau aus wuchtigem Auftakt und danach zurückgefahrener Strophe ausgestattet, so findet man auf dem Lonplayer endlich wieder Kompositionen, die von vorne bis hinten durchrocken. "Not Forgiven" hat im Riff fast etwas von coolem treibenden Hair Metal, die Lässigkeit verblüfft, der getragene Refrain klingt da schon vertrauter. Wenn dann noch das Piano zu dem Vokalarrangements einsteigt, glaubt der Fan tatsächlich, man hätte es mit einer SAVATAGE-Aufnahme zu tun.

Vielleicht wagt man sich auf "The Serpent Rings" sogar noch weiter aus der Komfortzone heraus, da sind Dinge möglich, welche in jahrelanger Routine nicht möglich schienen. Was für ein großartiges E-Piano bedient Benton zu Beginn von "Madman Or Messiah"? Plötzlich tönt es ohne Reibungsverlust nach SUPERTRAMP, bevor es rockig anzieht, vom Hymnenfaktor des Refrains rede ich erst gar nicht. Kernige Riffs, welche sich mit Keyboardschwaden duellieren sind von "All England Eyes" bekannt, das jazzige Piano von "House Of Kings" so gar nicht, die Überraschung trifft voll ins Schwarze. Um diesen Anstrich dicker aufzutragen setzt es am Ende noch ein Bläserensemble, das sich wohltuend von den schwülstigen Saxophon-Klängen auf "Vigilante" abhebt.

Bereits der Opener "Where Are You Eden?" hält die Dynamik durchweg hoch, zu den herrlich nach Achtzigern duftenden Synthiefanfaren unternimmt das Stück noch orchestrale Ausflüge. Nach einem ruhigen Abstecher zitiert der gute Tony kurz das Riff von "Kingdom Of Madness", bevor der ebenfalls große Refrain noch einmal ran darf. Gerade diese Affinität zu der Unbekümmertheit ihrer erfolgreichsten Dekade spendiert uns ein paar traumhafte Melodiebogen, die MAGNUM bei aller Qualität lange vermissen ließen. Diese gewisse Leichtigkeit macht sich auch in der beschwingten Ballade "The Last One On Earth" bemerkbar, dessen Chorus einen auch endlich mal wieder die Faust gen Himmel recken lässt.

Da trifft es sich gut, dass der Fünfer im Studio mit einem echten Orchester zusammen gearbeitet hat, denn dessen Wucht lässt einen dann endgültig abheben. Im finalen "Crimson On The White Sand" schwebt man auf dessen Schwingen und erneut einem überragenden Chorus davon. Hier packt die Band das große Kino im Breitwandformat auf, die typische Schwermut darf ebenso nicht fehlen, fast schon so etwas wie die Essenz. Es mag sein, dass ich derartige Lobgesänge schon öfter angestimmt habe, ein paar jüngere Alben gaben dazu durchaus Anlass. Doch mit "The Serpent Rings" kann wirklich an die Klasse eines "Wings Of Heaven" angeknüpft werden, vielleicht das ultimative Alterswerk der Unermüdlichen. (Pfälzer)

 

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 60:10 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 17.01.2020

Bewertung:

Pfaelzer8,5 8,5 / 10


Andreas8,5 8,5 / 10

David8 8 / 10

Maik8,0 8 / 10

Pascal7,0 7 / 10

Alex27,0 7 / 10


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