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joebonamassa britishbluesexplosionEs stellt sich schon die Frage, ob das Kommerz ist oder Dienst am Fan, aber der derzeitige Bluesdominator last kaum ein Lied unaufgenommen, das er live zum Einsatz bringt. Ab und an spielt ja spezielle Konzerte mit ausschließlich Songs von Muddy Waters und Howlin´ Wolf oder auch von den drei Kings. Diese Shows wurden stets aufgezeichnet und später sowohl als Audio - als auch Videomitschnitt veröffentlicht. Vor zwei Jahren spielte er eine Reihe Konzerte, bei denen JOE BONAMASSA das Werk von jenen drei Gitarrengöttern wieder aufleben ließ, die sich einst bei den YARDBIRDS die Klinke in die Hand gaben. Sowohl Jeff Beck, Jimmy Page als auch Eric Clapton waren Eckpfeiler der British Blues Explosion und hoben diese Spielart auf eine neue Stufe. Da sein Manager Roy Weisman die Maxime ausgegeben hat mit vielen Releases den Namen seines Schützlings im Gespräch zu halten, erscheint nun auch jener Gig als „British Blues Explosion Live“ für den Rest der Welt aufbereitet. Schwer zu sagen, ob der geneigte Fan nicht irgendwann übersättigt ist oder gar nicht genug bekommen kann.

Eines muss man aber ganz klar konstatieren, nämlich dass jener Name immer für hohe Qualität bürgt. Dazu gleicht kein Konzert dem anderen auf jeder Tour gibt es andere Arrangements, kein Wunder dass die Anhänger nach jeder Facette ihres Helden lechzen. Um dem Motto noch gerechter zu werden, zeichnete das Team um den Branchenführer auch das Konzert im „Swinging London“ auf. Beim Gig am 07. Juni 2016 im Rahmen der Greenwich Music Days an einem alten Uni-Campus wurde die hier vorliegende DVD aufgenommen.

Die Bläser hat Bonamassa an dem Abend zuhause gelassen, ansonsten setzt er auch die Musiker, mit denen er nun schon seit ein paar Jahren um die Welt zieht. Zu ihnen gesellt sich Russ Irwing, sein Nachbar in Los Angeles, der mit Rhythmusgitarre und Keyboards den Sound noch ein bisschen dicker gestaltet. Und dem Ensemble ist die Spielfreude vom ersten Moment an anzusehen, so inspiriert hat man die Truppe um den 41-jährigen selten erlebt.
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Kamerapositionen die Musiker gut in Szene setzen, oder man auf Konserve noch mehr die Gestik und Mimik studieren kann? Doch mit welcher Leidenschaft hier zu Werke gegangen wird, ist schon beeindruckend, selbst wenn man JOE BONAMASSA schon mehrmals live erlebt hat. Dabei übertreiben sie es nie mit ihren Jams oder allzu langen Soli, sondern bauen lieber viele kleine Wendungen in die Lieder ein.

Daraus machen sich die Herren einen Riesenspaß, was sehr gut an der Art, wie sie einander ansehen und kommunizieren ablesen kann. Was der Meister und sein Viersaiter Michael Rhodes an Posen raushauen ist an Lässigkeit nicht mehr zu überbieten, gerade der schlaksige Glatzkopf am Bass lässt sein Langholz cool durch die Hände gleiten. Und am linken Bühnenrand macht Reese Wynans fast schon Rockstarposen, während er hinter seinen Tasten sitzt. Hier leben ein paar Ausnahmekönner ein paar Songs, die zur Beletage des Bluesrock gehören und sie maßgeblich beeinflusst haben.

Eröffnet wird der Reigen von einem Beitrag aus dem Katalog des kommerziell am wenig erfolgreichsten Saitenhelden, wobei „Beck´s Bolero“ von Jimmy Page komponiert wurde. Das anschließende „Rice Pudding“ ist eine typische Demonstration der kantigen Riffs aus der Feder von Jeff Beck, die auch „Plynth (Water Down The Drain)“ trägt. „Spanish Boots“ sollte der Fan kennen, welches oft im Set ist und sogar für „Black Rock“ im Studio eingespielt wurde, während „Let Me Love You Baby“ mit seiner atmosphärischen Gitarrenarbeit eine andere Seite von Beck offenbart.

Wer seit jener Tour auf einem Konzert von JOE BOAMASSA war, wird festgestellt haben, dass sich zwei LED ZEPPELIN-Nummern immer gerne im Programm verstecken. Bei „Boogie With Stu“ weiß Wynans am Piano zu brillieren wie einst ROLLING STONES-Kumpel Ian Stewart, der seinerzeit mitkomponiert hat. Und als obligatorischen Abschluss streckt man „How Many More Times“ auf knapp eine viertel Stunden, in welchem Anton Fig die Mutter aller Drumbreaks mit einer Wucht einhämmert.
Überhaupt lässt er im Laufe des Abends die Stöcke wie ein Wilder kreisen, darf in besagtem Titel ein spätes Solo trommeln und fügt sich so in die beseelte Vorstellung seiner Mitmusiker ein. Zuvor darf auch der Chef höchst selbst mit einer Solodarbietung ran, wobei er sein eigenes Instrumental „Django“ mit „Black Mountain Side“ vermischt. Eine ebensolch gelungene Verquickung gelingt mit „Tea For One“ und einem sehr ruhig vorgetragenen „I Can´t Quit You“.

Sehr ruhig lassen sie es auch in „Double Crossing Time“ angehen, zu dem Wynans herrlich perlende Piano beisteuert. Von der Kollaboration mit John Mayall gibt es zudem noch das swingende, orgellastige „Little Girl“ zu hören. Daneben bedient man sich verschiedener Spielwiesen von Eric Clapton, auch CREAM dürfen da nicht fehlen. Tolle Gesangsharmonien mit starken Sixties-Einschlag prägen „SWALBR“ von deren Debüt „Disraeli Gears“, bei dem diese auf Proto-Prog-Riffs treffen.
Da kommt „Pretending“ schon überraschender, stand „Journeyman“ 1989 für die Rückkehr zur Kernkompetenz nach einer Pop-Phase. Dass diese damals nicht ganz überstanden war zeigt dieser Track, der aber in der Bonamassa-Bearbeitung sich dessen Songwriting am ehesten nähert. Und mit „Mainline Florida“ sowie „Motherless Children“ hat er zwei coole Soulrocker aus dem Fundus des wichtigen Comebacks „461 Ocean Boulevard“ am Start.

„British Blues Explosion“ ist ein Zeugnis einer spannenden Ära, die von überragenden Musikern perfekt in Szene gesetzt wird. Die raue, den Livesound betonende Abmischung trägt weiter zum urwüchsigen Charme des Materials bei, einziger Nachteil ist hierbei der etwas zu leise Gesang. Die Bühne ist spartanisch gehalten, nur die Wand aus Vari-Lights hinter der Bühne sorgt für Effekte, wenn gegen Ende die Sonne untergegangen ist, so zeichnen sie auch mal der Union Jack als Backdrop.
Ergänzt wird der Mitschnitt von einer Zusatz-DVD, auf der es unter anderem einen Mitschnitt des BEATLES-Stücks „Taxman“ aus dem Cavern Club gibt, der ungewöhnlich undergroundig gehalten ist. Vor dem Liverpooler Kultclub bekam JOE BONAMASSA einen Stein in der Mauer mit seinem Namen, die kurze Zeremonie wurde auch festgehalten. Und am Ende gibt es ein paar Worte vom bekannten Musikjournalisten Mick Wall und eine Photogalerie, für die Shirley und Bonamassa extra Musik komponiert haben. (Pfälzer)

 


Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 17 (DVD1) / 4 (DVD2)
Spielzeit: ca. 104 min (DVD1) / ca. 22 min (DVD2)
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 18.05.2018

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