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spidergawd iv“Ein MOTORPSYCHO Nebenprojekt” titelte ein Konzertpromoter vor einigen Tagen beim SPIDERGAWD Konzert in seinem Club. OK, man muss ihm zugestehen, dass die Behauptung vor knapp einem Jahr noch etwas mehr Substanz hatte, auch wenn SPIDERGAWD seit Anfang an hervorheben, eben dieses nicht zu sein. Mittlerweile haben sich aber beide Bands komplett voneinander emanzipiert. Schlagzeug-Krake Kenneth Kapstad hat MOTORPSYCHO zugunsten von SPIDERGAWD verlassen, Bassist (und MOTORPSYCHO-Gründungsmitglied) Bent Sæther wurde durch Nesthäkchen Hallvard “The Kid” Gaardløs ersetzt. Alles klar? Gut.

Ansonsten bleiben sich SPIDERGAWD treu. Das beginnt schon beim Namen der neuen Platte, die nach bester LED ZEPPELIN Manier mit einer römischen Vier betitelt ist. Rückblickend hatten die Norweger ja in atemberaubend kurzer Zeit die drei Vorgänger (“I”, “II” und “III”) rausgehauen. Ziemlich genau jedes Jahr ein Album und jedes Album wurde noch frenetischer von den Kritikern gefeiert als der Vorgänger. Dabei wurden die psychedelischen Elemente immer weiter zurückgeschraubt, um Platz zu machen für noch mehr hemmungslosen Rock ‘n’ Roll. Vielleicht liegt es daran, dass der Weggang von Bent Sæther, Schlagzeuger Kenneth Kapstad mehr in den kreativen Mittelpunkt gerückt hat. Denn die neuen Songs tragen eindeutig die Handschrift des Trondheimer Percussion-Maniacs.

Musikalisch bietet “IV” genau das, was auch die Vorgänger ausgemacht hat. Nur noch schneller, noch wilder und vor allem gitarrenlastiger. Man hat beim ersten Hören sogar den Eindruck, das Saxophon sei zugunsten der Gitarre weiter in den Hintergrund gerückt. Dieser erste Eindruck täuscht. Das Saxophon ist (wieder) sehr geschickt in die Songs integriert, so, dass es zu keiner Zeit zu dominant oder gar störend wirkt. Jedenfalls ist “IV” die bisher geradlinigste Platte, was bedeutet, dass Fans der schnelleren, weniger experimentellen Songs wie “Into Tomorrow”, “Get Physical”, oder “The Funeral” voll auf ihre Kosten kommen.

Man muss auch sagen, dass “IV” die Live-Atmosphäre der Band sehr gut einfängt. Die neuen Songs fügen sich nicht nur perfekt ins Set ein, nein, “LouCille”, “What You Have Become” und “Is This Love..?” sind schon jetzt absolute Live-Kracher. Aber auch abseits der gerade genannten Highlights gibt es auf diesem Album keine Schwächen. “Ballad Of A Millionaire” ist eine gediegen groovende Nummer, “What Must Come to Pass” hat dieses grandiose Solo, bei dem man nicht so genau weiß, ob das nun Saxophon oder Gitarre oder beides ist. “Stranglehold” channelt für einen winzigen Moment JIMI HENDRIX’s “Foxy Lady”, um danach in ein nahezu perfektes Rock-Riff zu starten, wie es Angus und Malcolm Young nicht besser hätten erschaffen können.

Das einzige, was SPIDERGAWD nach diesem Album noch davon abhält, zu den ganz großen aufzusteigen ist wohl, dass auch hier wieder der große, radiotaugliche Hit fehlt. Dem Fan ist das aber nur recht, denn selten hat der große Erfolg eine Band besser gemacht. “IV” ist jedenfalls ein rundum perfektes Album und ich kann mir nicht vorstellen, dass am Ende des Jahres etwas anderes ganz oben auf meiner Best-of-Liste stehen könnte. Schlimmer noch, wenn die Jungs sich weiter so steigern, sollte “V” auf jeden Fall verschreibungspflichtig sein. (Uwe)


Bewertung: 

Uwe9,5 9,5 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 40:57 min
Label: Crispin Glover Records/Stickman Records
Veröffentlichungstermin: 24.02.2017

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