jenniferrostock genauindiesemtonDas beste Beispiel dafür, dass mein eigener Musikgeschmack in den letzten Jahren arg gelitten hat, ist die Tatsache, dass ich inzwischen nicht nur fast die komplette Diskografie von JENNIFER ROSTOCK mein eigen nennen darf, sondern mir die Platten sogar ganz gut gefallen. Dabei war diese Tussi, die mit allen möglichen und unmöglichen Taten und Verhaltensweisen Aufmerksamkeit provozieren möchte, egal wie peinlich sie auch sein mögen, eigentlich immer das personifizierte No-Go. Also Asche über mein Haupt...

... und rein in die neue Studioplatte dieser eigenwilligen Band aus Berlin, die durchaus das Potential hat für Kontroversen zu sorgen und vermutlich nicht jedem Fan direkt zusagen wird. Dabei beginnt „Genau In Diesem Ton“ so, wie man es von einem JENNIFER ROSTOCK Album erwartet. „Uns Gehört Die Nacht“ ist eine hochmelodische, mega eingängige Nummer, die nicht umsonst vorab vorgestellt wurde. „Irgendwas Ist Immer“ zieht danach kräftig das Tempo an, Sängerin Jennifer schlägt gesanglich Purzelbäume über kluge Weisheiten, die das Leben schreibt und nach nicht einmal zwei Minuten ist der Spuk auch bereits wieder vorbei. Das wiederum folgende „Baukräne“ haut in eine ähnliche Kerbe, hat man nach dem 2014er „Schlaflos“ Album erwartet, die in Berlin ansässige Band würde sich zunehmend dem Mainstream zuwenden, so ist „Genau In Diesem Ton“ genau das Gegenteil geworden.

Zwar schlagen Jennifer, Joo, Alex, Christoph und Baku auf diesem Album mit insgesamt drei Stücken häufiger als in der Vergangenheit ruhigere Töne an, ich beziehe mich auf „Ebbe Und Flut“, „Deiche“ und „Jenga“, auf der anderen Seite klingen JENNIFER ROSTOCK bisweilen so dreckig wie selten zuvor. Im Laufe der insgesamt dreizehn Songs steckt die Band ihre eigenen Grenzen relativ weitläufig ab, das funktioniert mal besser wie im positiv-poppigen „Wie Waren Hier“, das so oder so ähnlich auch von LUXUSLÄRM oder wenn noch mehr Elektronik dabei wäre auch von GLASPERLENSPIEL stammen könnte oder in der angenehmen Ballade „Deiche“. Umgekehrt findet man auf dem fünften JENNIFER ROSTOCK Album aber auch Songs, die so gar nicht gehen, bestes Beispiel ist „Hengstin“, klingt wie CASPER in noch schlechter, ganz gruselig. Auch der Albumabschluss in Form von „I Love You But I’ve Chosen Dispo“ ist nicht nur von Titel her eine Nummer, die ein Fragezeichen fördert.

Hat man sich erst einmal an diese Experimente gewöhnt, dann entwickelt sich „Genau In Diesem Ton“ zu einem ordentlichen Album, welches mit „Neider Machen Leute“ auch einen zukünftigen Livekracher enthält, der diese typischen selbst-ironischen Lyrics mit Mittelfingerattitüde besitzt, in den beiden Stücken „Silikon Gegen Sexismus“ und „Nicht Von Hier“ auch stärker als in der Vergangenheit gesellschaftliche und politische Kritik übt, übrigens deutlich geschickter und ansprechender in Worte gepackt als aktuell von der Band in einem stumpf und billig provozierenden Clip, bei dem man nicht weiß, ob das jetzt ein ernst zu nehmender Beitrag ist oder einfach nur eine punktgenau platzierte Marketingidee.
Fazit: Wer die Band hasst, wird erneut genug Futter finden, dieses weiter zu tun umgekehrt gilt das Gleiche. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20167,5 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 43:30 min
Label: Four Music
Veröffentlichungstermin: 09.09.2016

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