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quireboys twistedloveWarum es diese Combo in den Neunzigern nicht schaffte, kann man heute eher schwer nachvollziehen. Das Debüt ist heute ein Klassiker, von der seinerzeit so unerlässlichen Coolness hatten sie fassweise und mit ihren Referenzen an die Sechziger und Siebziger passten sie zum Zeitgeist. Womöglich waren die QUIREBOYS aber zu viel mit Hair Metalbands unterwegs, weswegen sie fälschlicherweise in die damals verpönte Richtung gesteckt wurden. So kam Mitte des dunklen Jahrzehnts das Aus, ein paar Reunionsversuche waren nicht von Dauer, und in der Besetzung gab es einen steten Wechsel. Seit ein paar Jahren hat der Sechser bis auf die Rhythmsection ein stabiles Line-Up und ist damit sehr präsent. Anscheinend hat es sich auch auf der Insel rumgesprochen, dass man mit permanenten Touren im Musikbusiness Fuß fassen kann, und auf dem Sweden Rock vor zwei Jahren konnte ich mich von der Klasse ihrer Auftritte überzeugen. Ebenso regelmäßig erscheint jeden Sommer ein neues Werk der Pubrocker, so auch in dem Jahr. Nach dem Akustikboxset "St. Cecilia And The Gypsy Soul" gibt es mit "Twisted Love" wieder ein elektrifiziertes Studioalbum.

Da geht es wie gehabt erstmal nach vorne, „Torn & Frayed“ rockt und rollt sehr gepflegt und macht nur wenig Gefangene. Ein Opener wie aus dem Lehrbuch, der direkt ins Bein geht und mit viel Mundharmonikaeinsatz ein paar Klangtupfer bietet. Die gibt es ebenso bei folgenden, bluesigen „Ghost Train“, etwa mit dem souligen Refrain und Gitarrenslides, auch wenn man von der Gangart ein wenig zurück fährt. Vor allem Keith Weir sorgt mit seinen Tasten für viele kleine Details, neben der passend dunklen Orgel gibt es ein paar Honky-Tonk-Ausflüge. Diese veredeln auch den knalligen Boogie „Shotgun Way“ oder „Life´s A Bitch“, die ROLLING STONES-Verbeugung, ohne die eine Platte der Briten nicht auskommt.

Der Mann scheint sich mit den Jahren immer mehr einzubringen und hat fast in jedem Song seinen Auftritt. So auch bei „Midnight Collective“, neben Orgelflächen in den Strophen glänzt er mit feinen Pianotönen im Chorus. Der Slow Blues inklusive tollem Solo stellt zum Abschluss das ruhigste Stück des Albums dar, ist aber von einer Ballade noch weit entfernt. Insgesamt gehen die QUIREBOYS hier eine Spur härter und düsterer als von ihnen gewohnt zu Werke, ohne die Lebensfreude in ihrer Musik vermissen zu lassen.
Auch im fiebrigen Titeltrack wabert die Orgel, während im lässigen „Stroll On“ das E-Piano seine Momente hat. Richtig großartig agiert Weir allerdings in „Gracie B. (Part II)“ der elektrischen Weiterführung einer Komposition vom letztjährigen Dreher. Wenn da die Hammond zu dem schleppenden Groove, den Paul Guerin und Guy Griffin erzeugen dröhnt, beschwört sie eine unheilvolle Atmosphäre herauf. Der vielleicht düsterste Song in ihrer Karriere, das klingt fast so als wäre Ray Manzarek nach dem endgültigen Aus der DOORS bei den damals frischen AEROSMITH eingestiegen.
Die etwas deftigere Gangart setzt sich in den gitarrenlastigeren Liedern fort, bei „Killing Time“ flirtet man unbekümmert mit dem Riffrock. Und das ebenso schwere wie ruppig zupackende „Breaking Rocks“ lässt angenehm das Luftschiff vor dem geistigen Auge wieder steigen. Damit vergrößert die Truppe ihre stilistische Bandbreite, bietet auf „Twisted Love“ die ganze Klaviatur, welche in dem Genre möglich ist auf. Jede einzelne Nummer wurde sehr differenziert heraus gearbeitet, was eine hohe Abwechslung bringt.

Von den leicht geänderten Vorzeichen sollten sich Fans aber nicht beirren lassen, die QUIREBOYS stehen immer noch für süffige, abgehangene Mucke. Alleine Spikes raues Whiskey-getränktes Organ bietet soundso genügend Wiedererkennungswert, wie kann man nur so singen, ohne sofort heiser zu werden. In den letzten paar Jahren hat sich die Formation sehr gefestigt, was sich auf dem neuesten Output im sehr tighten Spiel bemerkbar macht, eine Sicherheit, die so manchen Schlenker erlaubt. Die trockene, erdige und lebendige Produktion sorgt für den passenden Rahmen und gibt allen Instrumenten genügend Luft. Eine ganz klassische Rockplatte in bester Tradition, neben „Beautiful Curse“ die stärkste hinter dem unerreichten Erstling. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 40:15 min
Label: Off Yer Rocka Recordings/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 02.09.2016

 

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