Jorn - Heavy Rock Radio

jorn heavyrockradioNicht nur, dass er in seiner eigenen Band immer kompetente Co-Writer hat, auch sonst lässt sich das norwegische Sangeswunder immer wieder mal gerne Songs auf den Leib schneidern. Ob er da unbedingt nötig hat, muss bei der Qualität seines letzten Werkes „Dracula (Swing Of Death)“ bezweifelt werden. Immerhin weiß er bei erlesenen Coverversionen zu glänzen und auch beim ALLEN/LANDE-Projekt kamen immer sehr starke Ergebnisse heraus. 2007 veröffentlichte er unter dem Titel „Unlocking The Past“ gleich ein ganzes Album mit Fremdmaterial, welches er sehr gekonnt inszenierte. Nun gibt es mit dem „Heavy Rock Radio“ einen Nachschlag, bei dem sich JORN auch weniger offensichtliche Nummern zu Eigen macht.

Den ungewöhnlichsten Brocken haut er gleich zu Beginn heraus, die wuchtigen Drums von „I Know There´s Something Going On“ wurden vom Original übernommen, kommen hier aber organischer als bei dessen klinischer Achtzigerproduktion. Die Riffs spendierte aber Trond Holter, denn bis auf das Fadeoutsolo waren bei Anni-Frid Lyngstad keine Gitarren zu vernehmen. Aus der ersten und einzig relevanten Solosingle der ABBA-Chanteuse formt Meister Lande einen tollen Rockkracher, bei dem er seine stimmlichen Fähigkeiten voll ausspielen kann.
Ähnlich überraschend ist die Adaption von „Running Up The Hill“ der großen Kate Bush, die ebenfalls deutlich rockiger wirkt. Hier ist das Hauptriff allerdings zu dominant und nimmt viel von der mystischen Atmosphäre. Das hat man von diversen Symphonicrockern schon besser gehört, wobei auch JORN bewiesen hat, dass er das symphonische Fach beherrscht. Besser gelingt der Spagat allerdings in John Farnhams „You´re The Voice“, dessen mächtiger Chorus von ein paar Keyboardorchestrationen unterlegt wird.

Bei den weiten, langen Tönen kann der Mann natürlich seine unglaubliche Röhre voll reinhauen, ebenso bei „Rev On The Red Line“. Nach „Break It Up“ bereits das zweite Cover von FOREIGNER, wobei er wieder ein eher unbekannteren Titel gewählt wurde, beide allerdings mit vom stärksten, was die AOR-Legende zu bieten hat. Auch wenn es etwas knackiger zugeht bleibt der typische Swing des Songs erhalten. Ebenso aus der zweiten Reihe stammt die Auswahl eines IRON MAIDEN-Stücks, beim Titelsong des neben „Brave New World“ einzig wirklich guten Albums seit der Reunion kann sich Jorn Lande sogar mit Bruce Dickinson messen. Die Hinwendung der Eisernen Jungfrauen zum Hardrock auf den letzten Scheiben wird bei „The Final Frontier“ noch deutlicher heraus gearbeitet.

Ist der Norweger bei getragenen, kraftvollen Gesangslinien ein absoluter Meister, so hat er Probleme, wenn die Tonfolgen schneller wechseln oder das Original von einer hohen Stimme intoniert wurde. Dabei macht er selbst bei Aufnahmen von ursprünglichen weiblich gesungenen Stücken eine gute Figur, aber an Freddie Mercury sollte er sich einfach nicht herantrauen. In „Killer Queen“ will er einfach nicht auf Touren kommen und auch beim EAGLES-Evergreen „Hotel California“ weiß er nicht zu überzeugen.
Bei „Don´t Stop Believin´“, der unsterblichen JOURNEY-Hymne wackelt er ebenso ein wenig, wobei hier das Pianointro von den sechs Saiten übernommen wird. Überhaupt arrangiert die Truppe so manches um, vergisst aber nie den Respekt vor dem Original, wie der Mainman betont. So bekommt die Paul Stanley-Komposition „Live To Win“ einen schönen kommerziellen Touch. Auch Holter nimmt sich bei seinen Soli immer mal wieder ein paar Freiheiten, auch wenn er damit nicht jedes Mal punkten kann.

Natürlich gibt es neben mehr oder weniger szenefremden Material auch ganz klassischen Hardrockstoff, wobei DEEP PURPLEs „Stormbringer“ nicht überzeugen kann. Das wirkt einfach zu bieder, auf der einen Seite fehlt das funkige des Originals, auf der anderen Seite gefällt mir der aggressive Biss, den WHITESNAKE heute rein bringen besser. Bekanntlich kommt JORN ja näher an DIO heran, als kaum jemand anders, leider ist auch die Version von „Rainbow In The Dark“ nicht perfekt. Hier verbinden sich die Riffs und das typische Keyboardthema einfach nicht so zu einer Harmonie, wie man es gewohnt ist. Wenigstens haut das sträflich unterbewertete „Die Young“ von BLACK SABBATH am Ende nochmal so richtig rein, die Nummer killt immer.

So macht diese Hitsammlung doch noch richtig Spaß, die nicht immer ganz offensichtlichen Tracks laufen richtig schön rein. Dennoch gefiel mir „Unlocking The Past“ besser, irgendwie agierte man dort inspirierter und die Produktion fiel noch druckvoller aus. Auf der anderen Seite übte man sich da ausschließlich an Songmaterial, welches dem Meister entgegen kommt. Bei „Heavy Rock Radio“ wagte man mehr, wobei man vor allem damit nicht unbedingt gewinnen konnte. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 57:19 min
Label: Frontiers Music
Veröffentlichungstermin: 03.06.2016

 

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