Zum Glück haben die damaligen Auflösungserscheinungen nicht lange angehalten, denn CULT OF LUNA haben noch jede Menge musikalisches Pulver zu verschießen. Auch wenn die Band wirklich schon an sich sehr komplex erscheint, so betreten sie wirklich das gesamte Terrain, das sich ihnen anbietet. Flexibilität und Abwechslungsreichtum ist neben der musikalischen Kunst ein Markenzeichen der Schweden. Nun war es Zeit für ein neues Experiment. Zusammen mit der extravaganten Sängerin JULIE CHRISTMAS entstand nun für dieses Jahr das Album „Mariner“, die sich sehr gut in das Gefüge von CULT OF LUNA einpasst.
Frauenstimmen bei dieser Art von Musik ist zwar keine Seltenheit, aber dennoch kommt es in dieser Form nicht allzu oft vor. Wer die Künstlerin nicht kennt – sie war neben einer kurzen Solokarriere die Frontdame bei Bands wie MADE OUT OF BABIES oder auch BATTLE OF MICE, die beide zumindest mit einigen Alben in den USA für Aufsehen sorgten. Dass es sich hier nicht um eine durchschnittliche Standardsängerin handelt, dürfte wohl jedem auch ohne Hörprobe klar sein.
CHRISTMAS kann eigentlich recht gut singen und hat auch eine angenehme und ansprechende Stimme, dennoch schreit sie auch gerne mal sehr energisch, was aber wiederum zu der Musik ganz stimmig scheint. Ihre punkige oder auch wave-mäßige Attitude passt wunderbar in das postrockige Gefüge von CULT OF LUNA und bildet dennoch einen schönen Kontrast zur Härte der Band.
So weit wie der Weltraum als Gegenstand von „Mariner“, so weit reicht auch der musikalische Input auf der Platte. Mit sphärischen Klängen und atmosphärischen Effekten kennt sich das Sextett ja schon länger aus, wenn auch in der Frühphase diese Elemente nur vereinzelt zum Einsatz kamen. Aber nun beim siebten Album konnte man nach dem sperrigen „Vertikal“ und „Vertikal II“ wieder einiges runterkochen und auf die Essenz zurückkommen.
Es ist eigentlich kein Wunder, dass diese Kooperation mehr als gelungen ist. Wenn es auch bei manchen – langen – Songs wieder etwas überladen erscheint, so sind die einzelnen Komponenten der fünf Titel doch weise eingesetzt und bergen eine nahezu konkurrenzlose Genialität.
Letzten Endes entscheidet natürlich der Geschmack über Gefallen und Nichtgefallen, aber man muss neidlos zugestehen, dass es CULT OF LUNA mal wieder gelungen ist, etwas sehr Extravagantes nachhaltig zu kreieren und als denkwürdiges Meisterwerk den Musikbegeisterten zu offerieren. (Jochen)
Bewertung:
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 56:17
Label: Indie Recordings
Veröffentlichungstermin: 08.04.2016
