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pristine rebootDass PRISTINE momentan als Support der BLUES PILLS unterwegs sind, das dürfte Kenner der Szene nur wenig überraschen, denn diese Band, die 2011 ihr Debütalbum veröffentlicht hat, und damit vielleicht etwas zu früh dran war, wird aktuell als nächstes großes Ding gehandelt, wenngleich es sich hier mehr oder weniger um eine Eigenproduktion handelt. Schon erstaunlich, dass sich kein Label bislang die Rechte an dieser Band gesichert hat.

Newcomer sind PRISTINE demnach nicht, das Debüt „Detoxing" erschien wie gesagt 2011, der Nachfolger „No Regret" 2013, „Reboot" ist logischerweise dann das Drittwerk der nordnorwegischen Band um die sowohl gesanglich als auch optisch extrovertierte Sängerin Heidi Solheim. Erwähnt werden muss, dass diese nicht nur einfach Sängerin ist, sondern quasi PRISTINE ist, sie schreibt alle Musik, alle Texte und schwingt demnach das Zepter und man kann davon ausgehen, dass die Herrschaften der Band nach ihrer Pfeife tanzen. Und das sind gar nicht wenige Herren, PRISTINE haben unter anderem drei Mitglieder dabei, die Hammond Organ bzw. Piano spielen, vor allem erstere kommt gerne zum Einsatz, was wirklich cool ist.

Ich muss zugeben, dass ich nach erstmaligem Hören von „Reboot" nur bedingt angetan war, zu groß sind die Stiefel der Newcomer BLUES BILLS oder WUCAN, in welche PRISTINE von außen angetrieben hineintreten sollen. Aber spätestens nach dem dritten Durchgang von „Reboot" hat es klick gemacht und man gewinnt als Hörer eine kurzweilige, abwechslungsreiche Platte, die enorm Freude bereitet, der aber vielleicht etwas die Emotionen fehlen.
Betrachtet man PRISTINE theoretisch als Band der Vergangenheit, dann haben hier hauptsächlich LED ZEPPELIN Pate gestanden, man höre den Opener „Derek" sowie das direkt darauf folgende lärmige „All Of My Love". Auf „Reboot" wird allerdings gottlob nicht nur Krach gemacht, sondern PRISTINE lassen auch die ruhigen Töne sprechen, hier denkt man dann unweigerlich auch an PINK FLOYD („The Middlemen") oder JANIS JOPLIN („All I Want Is You").

Der Spagat zwischen Blues auf der einen Seite und psychedelischem Hardrock auf der anderen Seite gelingt der Band insgesamt wirklich gut, hat man sich eingehört, findet man kaum mehr eine Schwachstelle, im Gegensatz zu BLUES PILLS, BLOOD CEREMONY oder anderen artverwandten Bands haben PRISTINE auch Songs dabei wie eben „All Of My Love" oder „Bootie Call", die eine gewisse Erotik ausstrahlen, wenn ich das so sagen darf; etwas, was in den Anfangstagen von LED ZEPPELIN auch der Fall gewesen ist. Dafür verantwortlich ist natürlich in erster Linie Heide Solheim, die als Sängerin zu den Entdeckungen des Jahres gehören wird, weil sie mit ihrer Stimme viele Stile verkörpern kann, und mit dafür verantwortlich ist, dass „Reboot" nicht nur in eine einzige Schublade passt, sondern sowohl in den 60ties als auch in den 70ties beheimatet ist, allerdings ausgestattet mit einem Sound, der ordentlich Druck erzeugt.

Mit „California" und „Louis Lane" finden sich in der zweiten Albumhälfte dann noch zwei Stücke, die vom Niveau her etwas abfallen, weil ihnen das gewisse etwas fehlt, dafür reißen die Halbballade „Don't Save My Soul" sowie das psychedelisch-entspannte „The Lemon Waltz" ganz am Ende wieder einiges raus.

Ich denke, damit dürfte jetzt klar sein, was zu tun ist, andere würden jetzt hier in einem Anflug von Anfangseuphorie mindestens 9,5 Punkte drunter setzen, aber man muss auch einfach mal die Kirche im Dorf lassen können und es muss auch nicht jede neue Band auf Teufel komm raus abgefeiert werden, als hätte sie gerade den Rock n Roll erfunden. „Reboot" ist eine verdammt starke Platte, nicht mehr und nicht weniger. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20168,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 45:00 min
Label: Pristine Music
Veröffentlichungstermin: 22.01.2016

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