Blind Guardian - A Twist In The Myth

Blind Guardian - A Twist In The MythVier Jahre haben sich die Krefelder zwischen dem Release von „Nightfall In Middlearth“ und dem letzten Output „A Night At The Opera“ Zeit gelassen. Und auch jetzt sind vier weitere Jahre vergangen, bevor der neue Silberling in die Läden gekommen ist.
Dieses Mal haben Hansi & Co. die Wartezeit zwar mit einer (ausgezeichneten) Live-Scheibe verkürzt, aber der Label-Wechsel und vor allem der erste Besetzungswechsel nach 20 Jahren haben sicher auch ihren Teil zu den vier Jahren beigetragen.
Gespannt darf man schon sein, was BLIND GUARDIAN auf „A Twist In The Myth“ nun vorzeigen werden – schließlich wurde „ A Night At The Opera“ von den Fans doch (vorsichtig formuliert) sehr unterschiedlich bewertet – und so wird sich zeigen, in welche Richtung sich die Bombastmetaller nun entwickelt haben. Mit einem erfreulich knackigen Riff starten die vier Herren in den Opener „This Will Never End“ – und erinnern vom Refrain her ein wenig an „…And The Story Ends“. Die typischen BLIND GUARDIAN-Trademarks sind wieder vorhanden – mitreißende Soli von Gitarrist André, der unverwechselbare Gesang von Hansi, der auch die kraftvollen „Schrei“-Passagen nicht vermeidet sowie das prägnante Drumming. Neuzugang Frederik Ehmke erweist sich als äußerst würdiger Ersatz für den in Freundschaft geschiedenen Thomen.

Die Single „Fly“ gab ja bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das Album – wobei hier festzuhalten ist, dass die Nummer für die CD eher untypisch ist und nicht so recht in das ansonsten doch sehr eingängige Konzept passt – „Fly“ gibt sich doch sperrig und nimmt ungewohnte Anleihen in diversen anderen Stilrichtungen.

Musikalisch bleibt das Material ansonsten weitgehend auf dem Gas – auch ein marginal gemäßigter Song wie „Otherland“ weiß durch die eben angesprochenen Trademarks zu punkten und sind in sich gelungene, abwechslungsreiche Kompositionen mit denen BLIND GUARDIAN an Meisterwerke wie „Imaginations From The Other Side“ anknüpfen können. Abgesehen vom flotten Solo im Mittelteil ist das weitgehend balladeske „Carry The Blessed Home“ hier neben dem komplett „unplugged“ wirkenden „Skalds & Shadows“ (bei dem sich Hansi als wahrer klassischer Barde versucht) die ruhigste Nummer.

Textlich dreht sich bei dem Quartett ja zumeist alles um Fantasy, insbesondere um Themen aus der „Herr der Ringe“-Trilogie – auf „A Twist In The Myth“ bleibt man Mythen, Mysterien und Fantasy selbstverständlich treu, schaut aber z. B. mit dem zeitweilig etwas sehr mainstreamig geratenen „Turn The Page“ bei Wicca-Hexen oder dem monumentalen „The Edge“ sogar in der Bibel und Paulus vorbei.

Bis Hansi´s Gesang einsetzt, könnte „Another Stranger Me“ ohne weiteres von einem aktuellen RUNNING WILD-Album stammen – aber mit „Straight Through The Mirror“ liefert die Band dann den kleinen aber feinen Höhepunkt des Albums ab – soviel Abwechslung in den Song zu packen und dennoch durchweg den Drive nicht zu verlieren – dabei eine hervorragende Gesangsleistung – so wünscht man sich einen BLIND GUARDIAN-Song.

„Lionheart“ überrascht ein weiteres Mal – so ein düsteres Intro hat man von den Herren bislang nicht zu hören bekommen – danach entpuppt sich die Nummer als sehr zügige Uptempo-Granate mit Ohrwurmcharakter – vom progressiv-synthetischen Mittelteil einmal abgesehen.
Der kompositorische Midtempo-Leckerbissen namens „The New Order“ markiert dann den sehr würdigen Abschluss.


Das Warten hat sich gelohnt – BLIND GUARDIAN haben offenbar die Kurve bekommen und sind mit „A Twist In The Myth“ auf dem besten Weg, zu Hochform aufzulaufen. Der richtige Überhammer fehlt hier zwar leider, aber dafür ist das Gros der Titel mehr als anständig und überzeugend. Abgesehen davon, muss man sich die CD schon fast wegen des genialen Cover-Artworks zulegen…

Note: 7,5 / 10

Anspieltipps: „This Will Never End”, „Straight Through The Mirror”, „The New Order”

VÖ: 01.09.2006

Spielzeit: 51:50 min.
Titel: 11
Label: Nuclear Blast

(Naglagor)
Kategorie: CD-Reviews