Steve`n`Seagulls - Farm Machine

stevenseagulls farmmachineDie spinnen die Finnen! Auch wenn die Gallier bislang noch nicht in dem Teil Skandinaviens waren, würde der dick angezogene Herr in den gestreiften Hosen dieses Volk mit dem Spruch belegen. Dabei meine ich nicht nur ihr Faible für Wurfwettbewerbe aller Art, bei denen von Gummistiefeln bis Handys alles durch die Luft bugsiert wird. Auch musikalisch haben sie ein paar abgefahrene Acts am Start, obwohl die dicht gedrängte Klasse in dem Land unbestreitbar ist. Bestes Beispiel sind ELÄKELÄISET, die seit vielen Jahren mit Humpaaversionen bekannter Songs die Bühnen der Welt unsicher machen. Nun schicken sich STEVEN`N`SEAGULLS an, das Selbe im Bluegrassstil zu probieren. Heraus kam eine Sammlung von Hard´n´Heavy-Klasssikern in dem Gewand, das die Truppe auch optisch präsentiert, unter dem Titel "Farm Machine".

Rockmusiker, die sich in dieses Genre bewegen sind selten, der Versuch von EXODUS, ihr "Bonded By Blood" als Bonustrack so einzuspielen war eher witzig gemeint. Ernster ging dagegen Robert Plant zu Werke, als er mit Allison Kraus das hochgelobte "Raising Sand"-Opus aufnahm. So ist es nicht verwunderlich, dass gleich der erste Track nach dem "Grand Opening" der LED ZEPELLIN-Hit "Black Dog" ist. Ob hier die Umsetzung wegen der späteren Kollaboration so gut funktioniert, lässt sich schlecht sagen, aber hier erwischt der verrückte Haufen das richtige Feeling für den Song.

Ausgerechnet bei "Thunderstruck" gelingt das doch deutlich weniger, obwohl es eben jenes Lied war, mit dem die Sache auf YouTube ins Rollen kam. Hier wurde die Nummer lediglich mit Bluegrasstypischem Instrumentarium wie Banjo, Fidel und Akkordeon eingespielt, aber nicht wirklich in diese Spielart transferiert. Dazu ist auch das Tempo noch ein wenig höher angeschlagen, was das ohnehin nur wenig vorhandene Feeling zunichte macht.
Das selbe gilt im Anschluss für "The Trooper", das irgendwie auch nur emotionslos runtergezockt klingt. Es reicht einfach nicht, diese Stücke umzuarrangieren, man sollte ein bisschen das Feeling für diese Musik mitbringen. Das nehme ich den Jungs nicht ab, so sehr sie sich auch bemühen. Vielleicht braucht man da wirklich amerikanisches Blut, um dieses Gespür mitzubringen. Ein George Clooney bringt das in "O Brother, Where Art Thou?" viel überzeugender rüber, würde sich aber an finnischer Polka ebenso schwer tun.

Besser machen STEVE`N`SEAGULLS ihre Sache, wenn sie Titel im Midtempobereich adaptieren, auch wenn sie "Nothing Else Matters" keine neuen Facetten abgewinnen können. Auch beim ohnehin folklastigen "Over The Hills And Far Away" halten sie sich ebenso zu eng ans Original, das konnten ihre Landsleute von NIGHTWISH besser. Den coolen Swing bekommen sie ausgerechnet mit dem RAMMSTEIN-Cover am besten hin. Vom Akzent her gelingt ihnen "Ich will" echt gut, hier nutzen sie endlich mal den Reiz des Ungewöhnlichen. Als Problem entpuppt sich auch die allzu offensichtliche Songauswahl, allesamt Titel, welche der geneigte Fan im Schlaf mitsingen kann, ihm fast schon zu den Ohren raushängen. So fällt es schwer die Konzentration auf etwas Neues aufrecht zu erhalten.

Erst gegen Ende schafft es die Truppe wirklich etwas Eigenes aus dem Material heraus zu holen. Die flirrenden Akustikgitarren in "You Shook Me All Night Long" und die akzentuierteren Arrangements passen gut ins Bild. Tiefe vermittelt mit dem Rausschmeißer "Cemetary Gates" ausgerechnet die härteste Vorlage. Hier gelingt endlich ein Titel, der wirklich im Hillbilly-Kontext ankommt, der etwas Atmosphäre versprüht und nicht so runtergeleiert wird, Geige und Akkordeon kommen schön im Gleichklang.
Dennoch muss man sagen, dass "Farm Machine" alles andere als eine zwingende Angelegenheit ist, auch wenn es durchaus originell ist. Doch mit VAN CANTO oder eben ELÄKELÄISET gibt es schon zu viele Kapellen, die Metalklassiker in ein anderes Licht tauchen. Wer davon nicht genug bekommen kann, ist hier bestens bedient, ich lausche aber lieber dem angesprochenen Filmsoundtrack mit Hollywoods bekanntestem Dackelblick. (Pfälzer)

Bewertung: 4,5 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 48:48 min
Label: Spinefarm Records
Veröffentlichungstermin: 08.05.2015

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