bonfire glöriousGötterdämmerung im Hause BONFIRE: Die Musikerehe zwischen Bandgründer Hans Ziller und Frontmann Claus Lessmann wurde ein zweites Mal geschieden, der Sänger hatte anscheinend die Lust verloren. Kein Wunder, führte einer der größten deutschen Hoffnungen in den letzten Jahren eher ein Schattendasein. An die Erfolge mit den beiden ersten Alben konnte die Truppe um die Jahrtausendwende nicht mehr anschließen, immerhin war man mit Alben wie "Strike X" in einer für traditionellen Hard´n´Heavy guten Zeit wieder gefragt. Doch schwächere Werke wie das unnötig alternative "Free" oder die nicht völlig überzeugende Rockoper "The Räuber" kosteten viel Kredit. In der Not erinnerte sich Ziller an seinen alten EZ LIVIN´-Fronter David Reece, der auch schon ACCEPT vorgestanden hatte. Auch sonst ist alles neu bei der Band, auch die langjährigen Mitglieder Uwe Köhler und Chris Limburg nahmen ihren Hut und wurden durch eher unbekannte Mucker ersetzt. Was bringt uns nun also "Glörious", der erste Longplayer in dem Line-Up?

Zuerst einmal Keyboardschwaden und ein paar wuchtige Gitarrentöne, die sich bei "21 Guns Salute (Goes Boom)" langsam erheben. Habe ich da etwa so etwas wie einen Spannungsbogen vernommen, etwas das ich zuletzt komplett vermisst habe. Dann kracht ein Riff mächtig rein, unterstützt von donnernden Drums. Gerade diese drücken den Song so kraftvoll nach vorne, der Bass pumpt wie in den texanischen Ölfeldern und der Chorus ist raumgreifend genug, um Stadien zu füllen.
Dies ist in erster Linie ein Verdienst der Produktion, die richtig dick auffährt. Die Snare ist tief gestimmt, kommt so richtig satt, alles wurde dick mit Hall gefüttert, auch die Gitarren nehmen viel Raum ein. Das ist sicherlich der Sound, den der von mir ansonsten hoch geschätzte Journalist Ernst Hofacker nicht mag. Doch seien wir ehrlich, nur weil irgendwann zwischendrin Jammern als das neue Coolsein proklamiert wurde, ist nicht alles schlecht gewesen in der Hochphase des Hairmetal.

Vom Härtegrad her setzt der Fünfer mit "Nothin´At All"  noch einen auf den Opener drauf, hier tritt Harry Reischmann, der einzige Überlebende des Umbruchs, die Double Bass mächtig durch. So richtig nimmt man aber BONFIRE den Song nicht ab, schon die stilistisch ähnlichen PRETTY MAIDS hatten früh ihre Probleme mit den schnellen Songs. Was sie besser können, hört man im folgenden "Can´t Break Away", das Spiel mit der Dynamik. Aus dem Holz wurden in den Achtzigern von DOKKEN oder den SCORPIONS etliche Hits geschmiedet. Die clean gepickte Strophe steigert sich über die Bridge mit mehrstimmigen Arrangements bis hin zum kraftvollen Refrain, der jede Arena füllt.

In der Folge lassen es BONFIRE mit der Powerballade "Remember" und dem an zerbrechlichere RAINBOW/DEEP PURPLE erinnernden "Fallin´Outta Love" ruhiger angehen. Bevor man sich auf einem DORO-Album wähnt, legen sie mit dem Titelsong und dem pumpenden "Supernatural Disguise" wieder los. Auch hier wird deutlich, wie gut die Achtziger-Affinität den Titeln steht, dagegen wirkte das trockene Klangbild zuletzt etwas abgehangen. Hier kam die Vorliebe von Zilller und Lessmann für LYNYRD SKYNYRD zum Tragen, aber von denen sind die Ingolstädter kompositorisch zu weit entfernt.

Auch wenn es wie ein Anachronismus klingt, der Saccharin-Pathos, den der Keyboardkleister über bombastische Balladen wie "Lies" und "Shooting Star" zieht, passt einfach ideal zu der Art von Musik. Doch nicht nur daher schöpft die Band ihre neue Kraft, mit Reece kam frischer Wind in die Band. Während sein Vorgänger nur sein Programm abspulte, legt der US-Amerikaner mehr Leidenschaft in die Phrasierungen. Stimmlich schadet sein raueres Organ keinesfalls, sondern fügt eine neue Note dazu.
Auch in den Soli und dem gesamten Spiel von Ziller und Frank Pane lodert wieder mehr Feuer. Dass sie bei den Klassikern eine ebenso gute Figur machen, zeigen BONFIRE bei den Neuversionen von "Sweet Obsession" und "American Nights". Ein wenig flotter im Tempo und mit mehr Dynamik in den fordernden Keys rocken die Nummern auch heute noch alles weg. Von den erwähnten Kritikpunkten abgesehen liefern die Herren damit eine sehr ordentliche Leistung ab, die ich ihnen so nicht mehr zugetraut hätte, mal sehen, was die Zukunft bringt. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 68:17 min
Label: Borila Rekords
Veröffentlichungstermin: 24.04.2015

 

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