mybrotherwind oncetherewastimewhentimeandspacewhereoneMusik machen kann eigentlich so einfach sein! Da treffen sich mehrere schwedische Musiker in Amal, um im dortigen Drop Out Analogue Studio locker zu jammen, und das dabei aufzunehmen. Dabei sind die vier Herren alle in unterschiedlichen progressiven oder psychedelischen Bands wie MAKAJODAMA, MAGNOLIA aktiv. Am bekanntesten davon dürfte Nicklas Barker von ANEKDOTEN sein. Bereits zweimal war diese Arbeitsweise von MY BROTHER THE WIND erfolgreich und auch dieses Mal waren die Ergebnisse sehr produktiv. Was da an ungewöhnlichen Klängen aufgenommen wurde, kann sich der geneigte Fan nun auf deren drittem Album "Once There Was A Time When Time And Space Were One" anhören.

In diesen Tagen klingt diese Herangehensweise gar nicht mehr so ungewöhnlich, haben doch PINK FLOYD, kürzlich mit "The Endless River" ein ebensolches Album auf den Markt gebracht, wenn es auch in mehreren Sessions entstand. Ähnlich wie dieses ist auch das Werk von MY BROTHER THE WIND komplett instrumental gehalten. Dabei können die Skandinavier auch sonst nicht den Einfluss der Meister aller Klassen leugnen. Jedoch agieren sie so abwechslungsreich, dass man ihre Musik in verschiedenen Phasen der britischen Vorbilder verorten kann.

Zu Beginn kulminieren sich noch keine konsistenten Songstrukturen, wobei man das vom Intro "Prologue" auch nicht erwarten darf. Soundcollagen prägen das sehr psychedelische Ambiente, die Töne ziehen sich bis zur Unendlichkeit und werden auch im ersten Teil von "Song Of Innocence" nicht geradliniger. Die vier Musiker verlieren sich völlig in losen Gitarrenmotiven, die aber ähnlich wie die nur sporadisch gesetzten Drumschläge sehr gekonnt in Szene gesetzt werden.
Auch hier hat man es wieder mit der hohen Kunst zu tun, bei sich im Zeitlupentempo vorwärts bewegender Musik immer den Punkt zu treffen. Das Ganze erinnert an die Epen der ganz frühen DOORS, dazu zieht der Bass ein stoisches Thema durch, welches an die Anfangstage von FLEETWOD MAC denken lässt. Erst im zweiten Teil wird der Song kraftvoller, treibender, typischer Spacerock schält sich heraus, die Becken fordern den Song, bringen so mehr Dynamik herein.

Der Trend wird auch beim folgenden "Into The Cosmic Halo" weiter verfolgt, welches angenehm rockt. Hier stehen nicht nur die PINK FLOYD der Syd Barrett-Tage Pate, sondern auch Bands wie MONSTER MAGNET. Doch MY BROTHER THE WIND sind nicht so aufdringlich, üben sich immer noch in diesem fast schon britischen Understatement. Einzig der Bass von Ronny Eriksson ist sehr präsent, wie auf dem kompletten Album, mit Ausnahme von "Misty Mountainside", in dem er die Congas bedient.
Verantwortlich für diesen sehr unprätentiösen Sound sind vor allem die warmen Klangfarben, die einen sehr starken Anstrich der Zeit ihrer offensichtlichen Helden tragen. Um dahin zu gelangen, hat man sich genau dieses Studio ausgewählt, wo Engineer Love Tholin alles sehr feinfühlig aufgenommen hat. Passend dazu wurde auch das Coverphoto in den selben warmen Farben gehalten, welche auch die Musik transportiert.

Mit dem angesprochenen "Misty Mountainside" kommt dann wieder ein Bruch im Tempo der Scheibe, akustische, folkloristisch angehauchte Gitarren entführen den Hörer in fernöstliche Gefilde. Diese Atmosphäre wird vom Longtrack "Garden Of Delight" übernommen. Minutenlang ziehen indische Themen an einem vorüber, die mit ASH RA TEMPEL einen weiteren Einfluss ins Spiel bringen. Wie in allen Songs improvisieren die Schweden über ein Grundriff, gehen dabei über fast zehn Minuten noch konzentrierter und spannender zu Werke. Erst gegen Ende löst sich das Ganze in Keyboardflächen übergeht, welche auch hier wieder schön zu den nächsten Stücken überleiten.

"Thomas Mera Gartz" und der Titeltrack gehen wieder zurück zu den offenen Strukturen des Auftakts. Vor allem das einem befreundeten, viel zu früh verstorbenen Musikerkollegen gewidmete Lied überzeugt mit viel Tiefe, kommt aber trotz der Schwermut in den Schwebezustand. Lang gezogene Leadtöne, akustische Gitarren und collagenhafte Keyboardschwaden sorgen für weitere rauschhafte Bilder und transzendierenden Stimmungen.
MY BROTHER THE WIND gelingt es trotz der frei improvisierten Musik völlig zu fesseln und den Hörer auf eine Reise ins Unterbewusstsein mitzunehmen. Am Ende führt eine der "Epilogue" heraus, in dem dann die Tasten völlig das Kommando übernehmen, alles flirrt um einen herum, Schichten an Mellotronflächen werden aufeinander getürmt. Dazu kommt immer wieder dieser fiebrige Bass, der irgendwie das gesamte Album zusammen hält. Wer sich noch nicht endgültig in dem hypnotischen Sog verloren hat, der tut es jetzt.

Sicherlich ist "Once There Was A Time When Time And Space Were One" schwierig, doch in der heutigen Musikszene im Spannungsfeld irgendwo zwischen Psychedelic, Stoner und Retro Rock kann die Truppe in eine Nische stoßen. Gerade weil Festivals wie das Roadburn sehr populär sind, dürfte es auch für die Schweden einen Markt geben. Und inmitten auch viel durchschnittlichen Acts, haben MY BROTHER THE WIND eine Perle geschaffen. Für jeden, der mit solchen Klängen etwas anzufangen weiß, absolut eine Entdeckung wert. (Pfälzer)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 44:44 min
Label: Free Electric Sound / Alive
Veröffentlichungstermin: 17.10.2014

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