Seien wir ehrlich, was Brian May und Roger Taylor seit 1991 unter und mit dem Namen QUEEN veranstaltet haben, war zum Teil nur schwer erträglich und das betrifft sowohl die selten gewordenen Liveauftritte (mit seltsamen Gastsängern) als auch die Veröffentlichungspolitik. Man kann sich nun als Fan darüber ärgern, dass es bei QUEEN genauso läuft wie bei vielen anderen Bands, die nicht mehr oder nur noch auf dem Papier existieren oder man kann sich darüber freuen, wenn wirklich einmal etwas veröffentlicht wird, was essentiell ist. Und es steht außerhalb jeder Diskussion, dass „Live At The Rainbow '74" eine Live-Sternstunde ist.

„Live At The Rainbow '74" erscheint, wie das heute so üblich ist, in vielen verschiedenen Varianten (DVD, Blu-Ray, 2CD, 4LP etc.), dieser Text hier befasst sich ausschließlich mit den Audioaufnahmen der beiden Shows, das heißt über die Bildqualität kann ich keine Aussage treffen, die Soundqualität ist allerdings von Anfang bis Ende erstklassig und nicht schlechter als beim QUEEN Livereferenzwerk „Live Killers" (1979).

Fasste „Live Killers" bei seiner Erstveröffentlichung 1979 die ersten sieben QUEEN Alben zusammen, die allesamt fantastisch sind, bevor die Band in den 80er Jahren dann deutlich experimentierfreudiger wurde und im Gegensatz zu beispielsweise RUSH dabei an Qualität einbüßte („The Game", „Hot Space", „The Works"), so beschränkt sich „Live At The Rainbow '74" auf die Frühphase der Band, kurz bevor man 1975 mit „A Night At The Opera" den weltweiten Durchbruch schaffte.

Und genau das ist das sensationelle an diesem Live-Doppelalbum, das zwei Konzerte aus dem Londoner Rainbow Theatre enthält, einmal vom 31.03.1974, aufgenommen während der „Queen II" Tour und einmal vom 19.11.1974, aufgenommen während der „Sheer Heart Attack" Tour. War man auf der Suche nach Aufnahmen aus dieser Zeit, musste man zu Bootlegs greifen oder sich mit dem lediglich acht Songs umfassenden „Live At The Beep/Live At The BBC" (aufgenommen 1973, veröffentlicht 1989) zufrieden geben.

Mit „Live At The Rainbow '74" erhält man nun die Vollbedienung bezüglich der ersten drei QUEEN Alben, die einen vollkommen verzückt zurücklässt, wenn man „Queen", „Queen II" und „Sheer Heart Attack" bereits in und auswendig kennt, die einen aber auch dann begeistern kann, wenn man sich bislang mit dem frühen Schaffen der Band noch nicht so detailliert beschäftigt hat.

Die Reife des Songmaterials war bereits zu dieser frühen Zeit beeindruckend und so finden sich hier mit „Keep Yourself Alive" (von „Queen") „Seven Seas Of Rhye" (von „Queen II") und „Killer Queen"/"Now I'm Here" (von „Sheer Heart Attack") einige Songs, die auch viele Jahre später noch zum Liverepertoire gehören sollten. Songs wie „Ogre Battle", „White Queen", „Son And Daughter" oder „Great King Rat" mussten später den bekannteren Hits weichen, sind aber qualitativ kein bisschen schlechter. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass QUEEN bereits damals mit „Procession" so etwas wie das perfekte Intro erschaffen hatten und dass man bereits 1974 die Tradition pflegte „God Save The Queen" zum Abschluss als Outro zu spielen ist ein Zeichen dafür, dass Freddie Mercury, Brian May, Roger Taylor und John Deacon bereits damals größenwahnsinnig und von sich total überzeugt waren.

Dass es auf vorliegendem Doppelalbum einige Songüberschneidungen gibt, liegt auf der Hand, einzig und allein das Fehlen von „My Fairy King" vom Debütalbum ist tragisch, denn dieser Song steht wie kein anderer für dieses exzentrische bombastische Element, auf das QUEEN gerade in der Heavy Metal Szene gerne reduziert werden. Dass die Briten gerade zu Anfang auch immer eine Band waren, die bei aller Liebe zum Detail recht heavy agierte, auch das kann man auf „Live At The Rainbow '74" nachhören, so ist „Modern Times Rock 'n' Roll" so etwas wie ein Vorläufer der Punkbewegung und Songs wie „Ogre Battle" oder „Stone Cold Crazy" sind inhaltlich und musikalisch nicht weit davon entfernt das zu sein, was man später als Heavy Metal bezeichnete.

Es gibt sicherlich noch viel mehr an Geschichten über „Live At The Rainbow' 74" zu berichten, eines der Livealben, die man haben muss. Ich freue mich jedenfalls wie eingangs erwähnt. (Maik)

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 17 + 24
Spielzeit: 150:00 min
Label: Virgin/Universal
Veröffentlichungstermin: 05.09.2014