jethrotull apassionplay„A Passion Play“, das 1973 erschien, gehört zu den eher umstrittenen Alben von JETHRO TULL. Seinerzeit erreicht das Album, trotz schlechter Kritiken, Platz 1 der US-Charts.  Schon bei den Aufnahmen ging so ziemlich alles schief, was nur schief gehen kann. Seien es technische Probleme, hygienische Probleme bei der Unterbringung oder die ein oder andere Lebensmittelvergiftung, die sich so mancher Musiker bei den Aufnahmen im Château D’Herouville bei Paris zuzog. Irgendwann strich man die Segel, verließ das Studio und begann noch einmal ganz von vorne.

Die Aufnahmen wurden verworfen und „A Passion Play“ ganz neu komponiert und eingespielt, wenn auch die neuen Songs teilweise auf den ursprünglichen basieren. Im letzten Jahr war das 40 Jahre her. Grund genug, sich dem Album noch einmal ausführlich zu widmen. Zwar erschienen die „verlorenen“ Aufnahmen bereits 1988 zum 20jährigen Bandjubiläum und noch einmal 1993 zum 20jährigen Albumjubiläum, doch noch nie wurden sie so grundlegend überarbeitet wie bei dieser Ausgabe. Mainman Ian Anderson gibt zu Protokoll, dass ein unfertiges Album zu veröffentlichen bei ihm das gleiche Gefühl hervorruft, wie im Hotelzimmer in der Dusche gefangen zu sein, weil das Zimmermädchen gerade sauber macht oder auf der Toilette sitzend festzustellen, das man vergessen hat abzuschließen – ich denke, mit dem jetzigen Ergebnis sollte aber auch ein Ian Anderson mit interessanten Phobien leben können.

Die Box, die nun erscheint, ist schon auf den ersten Blick sehr wertig aufgemacht. Sie enthält das Album „A Passion Play“ sowie die ursprünglichen Aufnahmen unter dem Namen „The Château D'Hérouville Sessions“, sowie beide Alben noch einmal als DVD im Dolby Surround-Sound für das volle Klangerlebnis. Außerdem enthält eine der DVDs auch das Video zu „The Hare Who Lost His Spectacles“, das seinerzeit auch auf den Konzerten der „A Passion Play“-Tour gezeigt wurde. Absolut sehenswert für alle, die es noch nicht kennen sollten und mit herrlichem 70er-Flair.

Die Aufnahmen beider Alben wurden von Steven Wilson neu gemixt. Die stärksten Änderungen haben dabei die „The Château D'Hérouville Sessions“ erfahren. Da die Aufnahmen nie fertiggestellt wurden, fehlten an vielen Stellen noch Flöten- und Gesangsparts, die auf den bisher veröffentlichten Versionen zum Teil ergänzt wurden. Diese wurden nun wieder entfernt, denn es sollte der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden. Auch wurde ein Songfragment entdeckt, das zuvor immer herausgeschnitten wurde und das man nun wieder eingefügt hat. Beide Alben haben einen sehr schönen, ausgewogenen Sound, allerdings ist für meinen Geschmack der typische Sound der 70er etwas verloren gegangen. Es klingt einfach zu sauber. Aber das ist nur ein kleines Manko.

Ergänzt wird die Box durch einen fetten Buchteil, in dem fast alle an den damaligen Aufnahmen beteiligten Bandmitglieder zu Wort kommen, aber es gibt auch Interviews mit dem Tourtontechniker Chris Amson, Steven Wilson oder Tänzerin Jane Colthorpe (heute Ece), die im Video zu „The Hare Who Lost His Spectacles“ mitgespielt hat und auf dem Cover von „A Passion Play“ zu sehen ist. Sehr unterhaltsam sind die Bemerkungen von Reverend Godfrey Pilchard, die einen Einblick in die Ansichten geben, die in den 70er-Jahren noch über Rockmusik herrschten (es geht nur um Tod und Teufel, alle beten Satan an, der ganze Käse eben, den man vor einigen Jahren noch gerne den Metallern in die Schuhe schieben wollte).

Dazu gibt es sehr viele hochwertige Fotos, in Schwarzweiß und teilweise auch in Farbe aus der damaligen Zeit und sämtliche Songtexte. Einziges Manko dieses ansonsten sehr schön und mit viel Liebe gestalteten Buchteils: Die Schrift ist sehr klein und teilweise schlecht zu lesen. Ich empfand das Lesen daher oft als sehr anstrengend (und so alt bin ich ja noch gar nicht). Insgesamt ist die Box sehr schön und wertig gestaltet und bietet auch dem langjährigen JETHRO TULL-Fan noch neues und interessantes, sei aber auch Leuten empfohlen, die sich mit der Band noch nicht so gut auskennen. Warum „A Passion Play“ von den damaligen Kritikern so zerrissen wurde, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, man sollte da also keine Ängste haben, falls man das Album nicht kennt.  (Anne)


Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 15 + 15
Spielzeit: 45:33 min + 59:53 min
Label: Chrysalis / Warner Music Entertainment
Veröffentlichungstermin: 11.07.2014

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Anne antwortete auf das Thema: #14325 9 Jahre 7 Monate her
Danke! :blush:
Denniss Avatar
Dennis antwortete auf das Thema: #14322 9 Jahre 7 Monate her
Sehr schönes Review, Anne! Gute Arbeit! Da guck ich mir noch was ab ;)

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