Saga - Sagacity

saga sagacitySo langsam schleicht sich wieder „Business As Usual" im Lager der Kanadier ein. Nachdem man mit „20/20" die Rückkehr von Frontmann Michael Sadler feierte, steht nun mit „Sagacity" neues Material ins Haus. Dabei ist der Titel auch wieder zweideutig ausgefallen, neben dem Bezug zum Bandnamen bedeutet das Wort übersetzt „Scharfsinn" oder „Klugheit". Das sind beides durchaus Attribute, die auf das Schaffen SAGAs zutreffen. Dabei scheinen sie sich in ihrer Arbeit mit ihrem Sänger auf eine größere Veröffentlichungsspanne geeinigt zu haben, denn vor seinem Ausstieg benötigte man gerade mal eineinhalb Jahre für ein neues Output. Neu dabei ist auch Schlagzeuger Mike Thorne, so langsam entwickelt sich der Drumhocker zum Schleuderstuhl. Ansonsten ist alles beim alten, vielleicht zu sehr.

 „Let It Slide" wartet direkt zu Beginn mit ein paar schweren Riffs von Ian Chrichton auf, die schön von ein paar Keyboards gekontert werden. Auch das folgende „Vital Signs" geht in die gleiche Richtung, jedoch fällt die Strophe sehr pathetisch und ruhig aus. Schon hier wird klar, dass alle Trademaks der Formation vorhanden sind. Chrichton schüttelt ein knackiges und vertracktes Riff nach dem anderen aus dem Ärmel und brilliert wie immer mit seinen Soli, bei denen er viel mit dem Tremolo arbeitet. Sein Bruder Jim liefert an den vier Saiten den typischen drückenden Groove dazu. Und Jim Gilmour zaubert wieder alle möglichen Klänge aus seinen Tritons heraus, während ihr Sänger unverwechselbar ist.

Auf der einen Seite ist es schön zu sehen, dass SAGA weiterhin ihrem Stil treu bleiben, die Zeiten der Experimente in den Neunzigern stießen bei vielen Fans auf Ablehnung. Vor allem das doch sehr an den damaligen Zeitgeist anbiedernde „Pleasure And Pain" fiel komplett durch, wie einige allzu poppige Scheiben. Doch das Festhalten erweist sich immer mehr als Sackgasse, denn so richtig können sie auch auf „Sagacity" nicht überzeugen. Die Songs klingen zwar zwingender als auf dem arg geschliffenen Vorgänger, doch muss man konstatieren, dass man mit der Übergangslösung Rob Moratti das bislang letzte wirklich starke Werk komponierte.

Schon in der Frühphase seiner Karriere begann der Fünfer bereits auf dem vierten Album sich zu verändern, was ihm gut tat. „Marathon", der dritte Longplayer nach dem Kurswechsel zum angestammten Stil war etwas schwächer, was eventuell ein paar neue Impulse für die kommenden Werke nötig gemacht hätte. Interessanterweise steigerten sich SAGA mit den nächsten Einspielungen wieder und auch „The Human Condition" war im klassischen Sound gehalten.
Natürlich entwickeln sich die Herren weiter, doch die Veränderungen fallen nur marginal aus, geben „Sagacity" keinen eigenen Charakter. Mit einem leichten Schwenk zum Artrock beim Intro und „The Further You Go" verfolgen sie diesen Pfad ebenso wenig konsequent wie dezente Folkproganleihen. „Go With The Flow" und „I´ll Be" bieten ein paar neue Ansätze, nicht mehr und auch mit den Orgelklängen von „Don´t Forget To Breathe" flirten sie mit dem Retroprog.
Bemerkenswert auch das swingende „Press 9", welches Sadlers operettenartiges Falsett gut zur Geltung bringt oder das fast tanzbare „Wake Up". Doch das ist zu wenig, um sich entscheidend abzuheben. Richtig ins Ohr gehen nur die kommerzielleren Stücke wie das von Jim Glimour gesungene „It Doesn´t Matter (Who You Are)". Auch wenn man eine Steigerung bescheinigen muss, kommt auch das einundzwanzigste Album nicht an die Qualität ihrer Klassiker heran.

Als Bonus liegt dem Digipack der Erstausgabe eine Liveaufzeichnung von der SWR1 Rockarena bei. Was es mit der Aufnahme auf sich hat, weiß ich nicht so recht, denn der Südwestfunk scheint da Lizenzträger zu sein, möglicherweise teilt man die Rechte an den Aufnahmen. Die können allerdings den für SAGA-Verhältnisse nicht druckvoll genug ausgefallenen Sound, den ich an diesem Abend vernahm kaschieren.

Wobei man sich bessere Orte für ein Livealbum als Pirmasens vorstellen kann, denn die Westpfalzgemeinde ist nicht gerade der Nabel der Rockwelt. Wer in Detroit den Prototyp einer sterbenden Stadt sieht, der hat die ehemalige Schuhmetropole noch nicht erlebt. Das Problem dort ist auch die geringe Einsicht der Bevölkerung, die nach wie vor von ihrer Umgebung überzeugt ist, was in eine bizarr erscheinende Überheblichkeit mündet. Die gipfelt darin, dass wenn sich mal ein größerer Act dorthin verirrt, kaum einheimisches Publikum anwesend ist, die meisten reisen sogar weiter an.

Für die bot der Exerzierplatz auch genau die richtige Kulisse. In den Arkaden rund um den ehemaligen Paradeplatz preußischer Landgrafen ist der ganze Größenwahn dieser Stadt zementiert. Ich muss es wissen, ich verschwendete Jahrzehnte meines Lebens in dem Landkreis. Doch einige Zuschauer bei dem Konzert verschlugen selbst mir die Sprache. Dass man sich heute im Publikum gerne mal selbst feiert, anstatt die Band, ist leider schon Normalität.
Doch was hier einige Helden abzogen, konnte einem schon den Konzertgenuss vermiesen. Auch die Band bekam das zu spüren, zum Glück wurde es schön eingefangen, als sie auf die Bühne kam und Sadler erst einmal die Zuschauer animieren musste, um überhaupt Reaktionen zu bekommen. Als Bonus ist die zweite CD zwar ganz okay, aber an Livedokumenten haben SAGA deutlich besseres schon zigfach abgeliefert. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 12 ( 21)
Spielzeit: 50:50 (102:14) min
Label: earMusic
Veröffentlichungstermin: 27.06.2014

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