Als ich KADAVAR letztes Jahr während des Metalfestes auf der Loreley gesehen habe, wusste ich noch nichts von einer grassierenden Retrorock-Seuche. Mir gefielen die drei Musiker und ihr enthusiastisch vorgetragener Rock alter Schule einfach. Je mehr ich mich mit der Band beschäftigte, desto mehr gefiel mir das Konzept dahinter. Handgemachte Musik ohne große Effekte, vornehmlich Live im eigenen Studio eingespielt.
Da kommen wir auch schon zu diesem Livemitschnitt. Die Band ist im letzten Jahr mehrmals durch die Welt getourt. USA, Australien, Europa waren die häufigsten Ziele. In dieser Zeit haben Lupus Lindemann und seine beiden Mitstreiter so einiges erlebt und auch an spielerischer Sicherheit hinzugewonnen. Ich konnte diese Entwicklung selbst miterleben, da ich mit meiner Frau nach dem Auftritt auf dem Metalfest 2013 die Band auch auf einem Konzert in Konstanz besuchte und etwas später im Den Atelier in Luxembourg. In allen Fällen gelang es dem Dreigestirn, den Saal innerhalb von wenigen Minuten zum kochen zu bringen. Alleine Drummer "Tiger" bei der Arbeit zuzuschauen ist schon die Reise wert. Bassist Simon steht einfach nur giraffanartig, durch seine schlanke und hochgewachsene Statur bedingt, meist am rechten Bühnenrand und bewegt sich in elegant zum Takt seines oder Tigers Spiel.
Das nun veröffentlichte Album wurde 2013 während einer Show in Antwerpen aufgezeichnet. Die Band sagt dazu folgendes:
„Mit über 250 hinter uns liegenden Shows sehen wir uns schon immer als absolute Liveband. Unser Sound auf der Bühne ist ein anderer als der auf den Studioalben und deshalb wurden wir immer wieder gefragt, warum wir denn nicht mal eine Live-Veröffentlichung machen wollen. Jetzt schien der Zeitpunkt irgendwie richtig und wir haben auf der letzten EU-Tour ein paar Shows mitgeschnitten. Antwerpen war die beste davon. Ich würde sogar sagen eine der besten in 2013. Alles hat gepasst, die Leute waren super drauf und ich bin auch mit dem Sound sehr zufrieden - gerade weil es nicht so wie jedes andere Live-Album klingt!"
Dazu will ich anmerken, dass die Aufzeichnung sehr roh und livehaftig klingt. Fast habe ich den Eindruck, man hätte einfach ein Stereomikrofon am Mischpult platziert. Der Gesang von Herrn Lindemann klingt sehr vordergründig und die Musik etwas hallig. In den Pausen zwischen den Songs hört man die Konzertbesucher miteinander reden und feine Ohren werden sogar Geplapper während der Soli feststellen. Das stört jedoch kaum, es ist höchstens befremdlich, da man selten solch einen unbearbeiteten Mitschnitt zu hören bekommt. Man könnte auch von einem Offiziellen Bootleg sprechen. Interessant wäre noch die Art der Aufnahme, denn die Band bekennt sich zur analogen Bandaufnahme ohne digitale Zwischenschritte. Wenn die Aufnahme digital stattfand, ist ein klanglicher Hochgenuß höchstens ab 24bit/96khz zu erwarten, was man dann auf der Vinyl-Ausgabe des Livealbums genießen könnte. Das kann ich aber mangels Vergleich leider nicht beurteilen. Da ich alle Alben der Band auf Vinyl mein eigen nenne, muss ich dieses Album natürlich auch als Schallplatte haben. Die mir vorliegende Datei klingt ganz ordentlich, aber scharf und glanzlos.
Für mich steht fest, dieser Mitschnitt macht großen Spaß und präsentiert die Band in der Form, die ich bisher auch Live erleben durfte, nur hier eben als Konserve.
Das Album sei jedem Fan der Band ans Herz gelegt und auch misstrauische Naturen können hier bedenkenlos zugreifen und so in der Welt von KADAVAR eintauchen. KADAVAR kredenzen hier einen repräsentativen Querschnitt ihres bisherigen Schaffens. Aber Vorsicht: Suchtgefahr! Ich kann den nächsten Auftritt der drei in unserer Nähe kaum abwarten! (Andreas)
Tracklist:
1. All Our Thoughts
2. Living In Your Head
3. Doomsday Machine
4. Black Sun
5. Eye Of The Storm
6. Broken Wings
7. Come Back Life
8. Purple Sage
9. Creature Of The Demon
10. Goddess Of Dawn
11. Forgotten Past
Bewertung: 8 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 72.32 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 06.06.2014
