Neal Schon - So U

nealschon souWie es mit JOURNEY weitergeht weiß derzeit niemand so genau. Ein neues Album ist angeblich geplant, über eine Rückkehr von Steve Perry wird gemutmaßt, und Jonathan Cain würde die Band am liebsten nur noch als Liveact weiterführen. Dass das rockige "Eclipse" eher ein Alleingang von Gitarrist NEAL SCHON war, zeigte sich an der Ausrichtung seines letzten Soloalbums "The Calling". Dieses bekommt eineinhalb Jahre später einen Nachfolger, der nicht rein instrumental ausfällt, sondern auf dem der Saitendehner mit zwei Kumpels als klassisches Trio agiert. Ein anderer, ganz früher Weggefährte von Schon könnte aber alle Pläne durchkreuzen. Carlos Santana hat angeblich das originale SANTANA-Line-Up wieder zusammen, zu dem auch der frühere JOURNEY-Keyboarder Gregg Rollie gehörte. Da dies alles in den Sternen steht, kümmern wir uns um irdische Dinge, dort steht nun "So U" in den Regalen.

Neben dem Meister selbst sind noch sein JOURNEY-Kumpan Dean Castronovo am Schlagzeug und Marco Mendoza an Bord. Der Bassist war früher bei BLUE MURDER, WHITESNAKE und THIN LIZZY, und ist nun bei deren Nachfolgeband BLACK STAR RIDERS aktiv. Da alle drei passable Sänger sind, teilten sie sich die Vocals bei den Aufnahmen.

Der experimentelle Charakter ist immer noch vorhanden, wird sogar gegenüber dem letzten Werk der AOR-Giganten ausgebaut. Schon "Take A Ride" kommt alles andere als gradlinig rüber, es groovt und rockt an allen Ecken und Enden, aber nicht unbedingt direkt nach vorne. Blues ist ein gern gesehener Gast, aber auch der Funk schaut immer wieder rein. Nicht überaus melodiebetont geht das alles in die Richtung frühe WHITESNAKE, EXTREME oder auch BLACK COUNTRY COMMUNION. In der Art tauchen einige Tracks auf dem Longplayer auf, wobei "What You Want" griffiger ausfällt und "Shelter" mit einem fulminanten John Sykes-Solo aufwartet.

Doch es gibt noch mehr zu entdecken auf diesem Soloausflug, so ist gleich das auf den Opener folgende Titelstück mit knapp zehn Minuten eine sphärisch ausufernde Nummer. Zu Beginn mit ruhigen BEATLES-Harmonien versehen, wirkt der lange Schluss mit scoreähnlichen Sounds und jazzigen Ambient wie ein riesiges Outro, welches an "Venus" von "Eclipse" erinnert. Das geht direkt in "Exotica" über, bei dem sich NEAL SCHON als Gitarrist ausleben darf und Jazz, Fusion und weltmusikalisches verknüpft.
"Big Ocean", das Outro von "So U" ist melodischer und schlägt eher die Brücke zu typischen JOURNEY-Klängen. So richtig in diese Richtung tendieren nur zwei Songs, zum einen die Halbballade "Love Finds A Way" und der Mainstreamrocker "Serenity". Hier kommt die hohe Stimme von Castronovo zum Tragen, der live auch schon so Klassiker wie "Still They Ride" zum Besten gab. So etwa könnte der Stoff klingen, welchen man von einem eventuellen weiteren Langeisen erwartet.

Die Scheibe ist zwar handwerklich gut gemacht, und lässt den Spaß erkennen, welchen die Drei dabei hatten. Hier steht eindeutig die Spielfreude im Vordergrund, die pure Lust am musizieren. Gedanken um irgendeine Erwartungshaltung müssen sich die Herren nicht mehr machen, dazu kann man mit dieser Mucke heute keine allzu großen Sprünge mehr machen. Was mir fehlt, ist die Ausgefeiltheit, mit der sie bei ihren Stammcombos zu Werke gehen, so manches Arrangement wirkt nicht ganz durchkomponiert. kommt nicht so auf den Punkt. Gute Ansätze gibt es zwar zuhauf, doch die sind nicht zwingend ausgearbeitet, ein wenig schade ist es da schon drum, zumal die Abwechslung stimmt. (Pfälzer)

Bewertung: 6,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 50:17 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 16.05.2014

 

Kategorie: CD-Reviews